Rummenigge jedoch passte sich in der "Big Hall" des recht schmucklosen Parkhotels in Pilsen nur der Gesamtsituation an, denn: Auch der FC Bayern hat schon schwungvoller gespielt als am Dienstagabend bei seinem mühseligen, unspektakulären 1:0 (0:0) beim tschechischen Meister Viktoria Pilsen. "Früher hätte man zu so einem Spiel wahrscheinlich Arbeitssieg gesagt", sagte Rummenigge.
Es herrscht ein bisschen verkehrte Welt beim FC Bayern. Vierter Sieg im vierten Spiel in der Champions League, der Titelverteidiger steht vorzeitig im Achtelfinale, kämpft gegen das ebenfalls bereits qualifizierte Manchester City nur noch um den Gruppensieg. Es gab durch den Treffer des eingewechselten Mario Mandzukic
Mario Mandzukic» zum Profil (65.) außerdem einen weiteren Rekord für die Münchner: neun Siege nacheinander in der europäischen Königsklasse, das ist bislang nur dem FC Barcelona gelungen - vor der Trainerzeit von Pep Guardiola. Zu all dem "möchte ich Mannschaft und Trainer herzlich gratulieren", sagte Rummenigge.
Richtig freuen mochte sich über die ganzen Rekorde, zu denen am Samstag womöglich die neue Bestmarke von 37 Bundesliga-Spielen ohne Niederlage kommt, aber niemand beim FC Bayern. Eher wirkten sie alle ein wenig besorgt. Denn das Spiel in Pilsen, das war weit, weit weg vom Glanz der berauschenden Spiele gegen Manchester City oder Bayer Leverkusen. "Das war", sagte Rummenigge, "normalerweise kein Spiel für die Geschichtsbücher der Champions League", auch wenn er nachschob, dass es das wegen jener Bestmarke, die am Dienstagabend erreicht wurde, "dann trotzdem war".
"In meinem ersten Jahr in Barcelona war es auch immer ein Auf und Ab"
Auch wenn Präsident Uli Hoeneß "total zufrieden" war - glücklich sahen die Münchner eben nicht aus. Vielmehr sind sie ein bisschen verstört, weil sie sich schwer tun, Leistungen wie jene gegen Manchester City konstant abzurufen. Das aber, versichert Guardiola, sei doch normal. "In meinem ersten Jahr in Barcelona war es auch immer ein Auf und Ab", berichtete er, Konstanz aber brauche Zeit, und er sei ja erst seit vier Monaten in München. Sportvorstand Sammer sieht dies ähnlich. "Wir befinden uns", betonte er, "noch in einem Entwicklungsprozess." Und ja, "so ein Prozess ist nicht immer von totaler Stabilität begleitet".
"Uns hat die Leichtigkeit gefehlt"
sagte nach dem Spiel in Pilsen treffend: "Uns hat die Leichtigkeit gefehlt." Das mag dann vielleicht auch am Ambiente gelegen haben: Das Hotel in einer hässlichen Wohngegend wirkte sehr bieder, das Wetter war trostlos, das kleine Stadion sah so gar nicht nach Champions League aus - und selbst das Büffet nach dem Spiel bot im Vergleich zu anderen Dienstreisen Hausmannskost. Und dann war da auch noch das 5:0 im Hinspiel, in dem Pilsen keinen einzigen Torschuss abgab. "Wenn man das erste Spiel 5:0 gewinnt", sagte Kapitän Philipp Lahm
Philipp Lahm» zum Profil, "glaubt man ein bisschen, dass es von alleine geht."
Guardiola wird das alles sehr wohl registriert haben. Doch zum jetzigen Zeitpunkt der Saison, betonte er, sei er zufrieden. Von der fehlenden Konstanz abgesehen: Das Achtelfinale der Champions League sei erreicht, der FC Bayern werde "zur Winterpause in der Bundesliga Erster oder Zweiter sein" - und das trotz der "vielen Probleme" mit verletzten Spielern.
Auch Sportvorstand Sammer, der ewige Mahner, sieht keinen Grund zu großer Schelte. "Die Ergebnisse sind top, über die Art und Weise kann man reden." Aber zu viel Kritik sei nun auch nicht angebracht: "Man muss auch mal die Kirche im Dorf lassen."


