Die Ausstrahlung der Dokumentation „Blut muss fließen“ zu verhindern, war für 15 noch immer unbekannte Angreifer also nur ein bedingter Erfolg. Sie haben immerhin eine Öffentlichkeit geschaffen, die natürlich sehr wohl auch ihr Anliegen wahrgenommen hat. Gleichwohl aber auch eine, die offen über rechte Probleme diskutiert. Außer- und innerhalb der rot-weissen Fankurve.
Besucher im Thor-Steinar-Dress
Ihre persönliche Aufwartung machten die Störer der Veranstaltung nicht, sodass die beiden Streifenwagen und etliche Ordner letztlich weitgehend beschäftigungslos blieben. Ein mobiler Popcornwagen dekorierte den Raum, in dem sonst die VIPs dinieren, auch geruchlich als improvisierten Kinosaal, während sich auf den Flatscreens, auf denen sonst Spielplakate flackern, ein filmisches Dokument den Raum erfüllte, das vor allem aufrütteln soll. Mit fahrigen Undercover-Aufnahmen diverser Rechtsrock-Konzerte, auf denen sich die völlig befremdliche Ideologie der neuen Rechten offenbart.
Und spätestens als Vehikel für eine angeregte Diskussion erfüllten die 90 Minuten Bewegtbild ihren Zweck. Auch wenn rund die Hälfte der Zuschauer nicht mit den Gepflogenheiten des Kinobesuchs brach und mit dem Abspann flüchtete, ging es erst beim Bonus-Material ums Wesentliche. Michael Gabriel von der Koordinationsstelle Fanprojekte warnte ausdrücklich vor Auswüchsen wie beim Ligakonkurrenten aus Aachen: „Da hat der Verein – das muss man so sagen – versagt.“ Gemeint waren dabei freilich Auswüchse, gegen die sich Essen verwehrt. Auch das klang an. Viele Fans fühlen sich augenscheinlich mit einer Diskussion konfrontiert, die wenig mit den erlebten Realitäten in der Kurve gemein hat.
Doch Max Ardelmann, Sprecher der Bündnisses „Essen stellt sich quer“, ließ sich davon nicht beirren und legte den Finger in die Wunde: Selbst bei der Filmvorführung gelang es mindestens einem Zuschauer, den Film in Thor-Steinar-Outfit mit anzusehen. Das Tragen der einschlägig bekannten Nazi-Marke ist unter anderem auch im Essener Stadion verboten. Da musste selbst Michael Welling kurz stutzen, wenngleich er den frommen Wunsch zu äußern wagte, dass ihm der Pulli „scheißegal“ sei, solange die betreffende Person etwas davon mitgenommen habe. Dafür freilich mochte sich niemand verbürgen. Spätestens dieses unfreiwillige Fallbeispiel regte jedoch eine emotionale Diskussion unter den Verbliebenen an, die vor allem eines offenbarte: Dieser Abend war nur der Anfang. Um rechten Tendenzen gar nicht erst den Spielraum zu eröffnen, ist Kommunikation und Aufklärung gefragt. Und somit untermauerte das alles am Ende fast schon perfekt die Einleitung des Abends. In der hatte Roland Sauskat die Arbeit des AWO-Fanprojekts vorgestellt. Doch viel lebendiger als in dieser Diskussion hätte man nicht machen können, wie wertvoll diese Arbeit für Rot-Weiss Essen sein kann.



Hinweis:
Um Kommentare schreiben zu können, musst du eingeloggt sein. Falls du noch nicht angemeldet bist, kannst du dich hier kostenlos anmelden.
Login via Facebook
Der Login via Facebook erleichtert Ihnen die Anmeldung