Richtig viel Zeit, die Umgebung zu erkundschaften, bleibt hier zwischen den Einheiten und den etwa 17 Mahlzeiten Fuffzich täglich kaum. Ein Besuch beim nächsten Geldautomaten im "City Center" ließ jedoch gleich aufmerken. Die örtlichen Einzelhändler bieten hier klafterweise Markenware zu ganz erstaunlich günstigen Preisen feil. Dass mich einer der im Januar offenbar tödlich gelangweilten Boutique-Besitzer mit Trick 17 aus dem Touristenfallen-Verkaufseminar (Kapitel 1, Punkt 1) - "Gucken kostet nichts" - zum Stöbern zu überreden versuchte, konnte mich jedoch nicht überzeugen. Ich war bereits gewarnt: Die lokale Preispolitik zu verstehen, setzt nämlich mindestens den Besuch der höheren Handelsschule voraus. Warum mir der Telefonmann den vorsorglichen Erwerb eines neuen Handy-Ladegerätes damit vergolten hat, mir von den passend bezahlten zehn Euro des vereinbarten Verkaufspreis von - man ahnt es - zehn Euro zwinkernd vier wieder rauszugeben, erschließt sich mir auch eine traumlose Nacht später nicht.
Zu den flexiblen Preisen wollen auch die Horrorgeschichten einiger Zaungäste beim rot-weissen Testkick gegen Borussia Dortmunds Zweitvertretung passen. Von 20 Euro für ein Sixpack Efes war dort die Rede. Das können auch die unbestrittenen positiven Nebeneffekte von Dosenbier (macht schlau) nicht aufwiegen. Und das bei teilweise herrlichem Biergartenwetter, bzw. Büchsbierwetter. Wobei das mindestens genauso flatterhaft ist. Während hier mittags regelmäßig der Frühling ausbricht, wird es am späten Nachmittag wie ausgeknipst gefühlte zehn Grad kälter, was jetzt bitte nicht als Meckern missverstanden werden soll.
Trotz der regelmäßigen Doppelschichten (Laufeinheit vor dem Frühstück nicht mit eingerechnet) boten die Essener gegen den Drittligisten einen wirklich kurzweiligen und munteren Kick. Dabei hat die Szenerie einmal mehr offenbart, was Belek im Winter für ein hochgradig kurioser Flecken Erde ist. Hier reihen sich malerische Golfanlagen an scheinbar zahllose gepflegte Fußballplätze und kleine Arenen mit allem Zipp und Zapp - und das alles mitten im Nirgendwo. Ein regelrechter Satellitenstaat, der wochenweise zum politisch vollwertigen Mitglied Fußballdeutschlands wird.
So hat sich inzwischen sogar ein Typ Fan von weit über zwei an der Zahl herausgemendelt, der konzentriertes Groundhopping betreibt: Gladbach, Hertha, zwischendurch ein bisschen RWE. Mit geschickter Planung kann man sich hier eine komplette Hinrunde in sieben Tagen reinstylen.
Prominenz ließ sich am grünen Teppich diesmal auch sehen: Valerien Ismael und Pablo Thiam, die Sportliche Leitung des VfL Wolfsburg II, beobachtete die Begegnung zwischen BVB II und RWE relaxt bei tief stehender Sonne. Dabei imponierte den Verantwortlichen des Regionalligisten vor allem die handfeste Gangart beider Teams. "So spielt man Fußball im Westen", urteilte Thiam beeindruckt. Die Essener Fans haben es ja schon immer gewusst. Zumindest so ähnlich. Schauen wir mal, was der morgige Tag so bringt...



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