Die "wunderbar schönen Stunden" bei Dynamo Dresden hat Ralf Minge nie vergessen - doch Gefühlsduselei kann sich das Vereinsidol vier Wochen vor seiner Rückkehr als Sport-Geschäftsführer nicht im Ansatz leisten. "Wir sind nicht weit entfernt davon, zu sagen, dass der Klassenerhalt überlebenswichtig für Dynamo ist", sagte der 53-Jährige am Dienstag im SID-Interview. Die finanziellen Probleme des achtmaligen DDR-Meisters sind schließlich ähnlich alarmierend wie der Tabellenstand in der 2. Fußball-Bundesliga.
Zeit, seine "Herzensentscheidung" zu genießen, wird der langjährige Dynamo-Profi wohl frühestens im Mai haben. Bis dahin muss der Tabellen-17. es schaffen, wie 2013 (in der Relegation) dem Absturz in die 3. Liga zu entrinnen. Minge kann dabei zunächst wenig helfen, höchstens mental-emotionale Aufbauarbeit leisten. "Der Verein und der Kader haben das Potenzial, diese Aufgabe zu meistern", sagt er mehrmals. Was soll er auch tun? Das Transferfenster ist geschlossen, Weichen stellen kann Minge erst für die kommende Spielzeit.
Mit dem Rücken zur Wand - aber Hauptsache zu Hause
Dennoch lässt sich nicht der Hauch eines Zweifels an seiner Entscheidung heraushören - obwohl er den Verein 2009 im Zorn verlassen hatte. Schon damals war er Geschäftsführer, allerdings mit großer kaufmännischer Verantwortung. Diesmal ist die Grenze zwischen Sport und Finanzen klar gezogen. "Das kann man nicht miteinander vergleichen", sagt Minge. "Ich war damals quasi gar nicht mehr im sportlichen Bereich tätig, da mussten Entscheidungen getroffen werden von langfristiger strategischer Bedeutung." Er habe Studien anfertigen lassen, dass man gewisse Verträge nicht unterschreiben könne - aber: "Ich habe damals keine Mitstreiter gefunden."
Am 1. März wird er die Arbeit bei Dynamo wieder aufnehmen. Es wird ein emotionaler Tag. "Diese Liebe ist über Jahrzehnte gewachsen, mit sehr vielen Höhen und Tiefen. Ich habe dort unheimlich viel erlebt, tolle Momente, wunderbar schöne Stunden, auch Momente, die man sich hätte sparen können, die aber prägen", sagte Minge, der mit den Sachsen als Spieler zweimal Meister geworden war (1989/1990): "Das ist schwer in Worte zu fassen."
Aufsichtsrat sieht in Minge eine "Traumverpflichtung"
Bei der überraschenden Entscheidung des Vereins, den kaufmännischen Geschäftsführer Christian Müller zu beurlauben, hat Minge keinen Einfluss genommen. Er habe dies nicht zur Bedingung erhoben, betonte er, "die Sachen haben nichts miteinander zu tun. Das eine ist kaufmännisch, bei mir ist das Tätigkeitsfeld rein sportlich." Er könne nicht beurteilen, "was dazu geführt hat, wie es dazu gekommen ist", sagte er: "Denn Minge kommt ja nicht für Müller." Der 36-malige DDR-Auswahlspieler ersetzt vielmehr den nun freigestellten Sportdirektor Steffen Menze.
Auch der Aufsichtsrats-Vorsitzende Thomas Blümel ließ die Gründe für die Trennung von Müller auf SID-Anfrage am Dienstag im Dunkeln. "Wir haben die klare Vereinbarung, über die Dinge, die dazu geführt haben, nichts zu kommunizieren", sagte Blümel. Er pflichtete Minge bei, dass der Klassenerhalt Gold wert wäre: "Der war schon letztes Jahr überlebenswichtig. Wir haben so viele Altlasten und finanzielle Probleme - aber wir waren schon in noch kritischeren Situationen." Dynamo ist sich sicher, eine "Traumverpflichtung" (Blümel) getätigt zu haben. Lob gab es dafür sogar von Bayer Leverkusens Sportchef Rudi Völler - bei der U23 des Werksklubs wird Minge zumindest am Wochenende noch als Trainer auf der Bank sitzen. "Dynamo gewinnt einen absoluten Fachmann, dazu kann man nur gratulieren", sagte Völler.
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