MSV Duisburg

"Wir wissen, worauf es ankommt."

Sein Wort hat Gewicht, auf den 34-Jährigen wird gehört. Aber Branimir Bajic Branimir Bajic» zum Profilist auch ein Spaßvogel und Kumpeltyp. Kurzum: Der ehemalige bosnische Nationalspieler ist eine der tragenden Säulen des MSV.

Nicht nur sportlich, auch privat fühlt sich der Familienvater in Duisburg pudelwohl. Sein Frau Marina, die im vierten Monat schwanger ist, brachte im Revier Söhnchen Mateja (18 Monate) zur Welt. Auch ein Grund, warum Bajic nach dem Lizenzentzug keine Sekunde zögerte und seinen Kontrakt in Meiderich bis 2015 verlängerte. Für ihn ist Duisburg zu seiner zweiten Heimat geworden.

Im RS-Interview gibt der Routinier, der seit 2010 das Trikot der Zebras trägt, nicht nur einen Einblick in sein Privatleben, sondern erklärt auch, warum dem MSV die Konstanz fehlt. Zudem bittet er die Fans um Verständnis, dass nach dem Umbruch im Sommer noch nicht alles rund laufen kann.

Branimir Bajic, die erste Halbzeit beim BVB II erinnerte an längst vergessen geglaubte Zeiten. Warum bricht die Mannschaft immer wieder ein?
Wir ärgern uns am meisten, dass wir eine große Chance verspielt haben. Aber ich würde nicht von einem Einbruch sprechen, weil wir in der zweiten Halbzeit richtig gekämpft haben. Das zeigt, dass wir zusammenhalten und nicht aufgeben. Gegen Heidenheim, Leipzig oder Erfurt haben wir zuletzt noch getroffen, das ist uns in Dortmund leider nicht gelungen. Trotzdem stimmte die Reaktion.

Immer, wenn der MSV einen Sprung nach oben machen kann, gibt es einen Rückschlag. Woran liegt das?
Natürlich wollen wir alle so schnell wie möglich aufsteigen, aber ich denke, dass wir im Moment auf einem realistischen Platz stehen. Die 3. Liga ist sehr ausgeglichen und bis auf Heidenheim gibt es kein Team, das konstant spielt. Warum der FCH der einzige Verein ist, ist klar: Die Mannschaft spielt seit drei Jahren zusammen. Wir mussten uns aber erst einmal finden.

Ist der Aufstieg noch möglich?
Ich habe für die Erwartungen der Fans vollstes Verständnis und kann ihnen versprechen, dass wir Spieler alles geben. Aber ich spreche lieber über das nächste Spiel: Wehen Wiesbaden steht zwei Punkte vor uns, mit einem Sieg können wir vorbei ziehen. Das war zuletzt gegen Erfurt so und das ist auch unser Ziel am Samstag. Und ich möchte daran erinnern: Im Sommer, als lange keiner wusste, ob es überhaupt weiter geht, wären alle mit der aktuellen Situation zufrieden gewesen.

Das Team hat mit seiner Ankündigung, den sofortigen Wiederaufstieg als Ziel zu haben, diese Erwartungshaltung aber selbst geschürt.
Stimmt. Für uns alle ist die Situation aber auch sehr schwierig. 2011 waren wir noch zusammen in Berlin und haben im Pokalfinale Duisburg toll repräsentiert. Jetzt, keine zwei Jahre später, sind wir in der 3. Liga. Das müssen wir alle erst einmal verkraften. In einem Verein wie dem MSV muss die Erwartung hoch sein, denn dieser Klub gehört schlichtweg in die erste oder zweite Liga. Um dieses Niveau schnellstens wieder zu erreichen, geben die Verantwortlichen und wir Spieler alles.

Wie lautet die Zielsetzung für den Schlussspurt?
Wichtig ist, dass wir in jedem Spiel an unsere Leistungsgrenze gehen. Nur wenn wir alles gegeben haben, können wir Spieler wie auch die Fans zufrieden nach Hause gehen, selbst wenn es mal nicht mit einem Sieg geklappt hat. Außerdem haben hoffentlich noch zwei wichtige Pokalspiele vor der Brust, die wir gewinnen müssen. Das Derby gegen Rot-Weiss Essen ist allein schon für unsere Anhänger wichtig und wir sind uns dessen bewusst. Letztendlich geht es aber darum, das Finale zu gewinnen und im nächsten Jahr im DFB-Pokal zu spielen.

Karsten Baumann bemängelte, dass sich die Führungsspieler zu wenig zeigen. Wie gehen Sie mit der Kritik um?
Kritik tut natürlich weh, aber wenn sie berechtigt ist, kann ich damit gut umgehen. Zu Saisonbeginn habe ich nicht so stark gespielt, weil mir erst die Sperre und dann natürlich die fehlende Vorbereitung zu schaffen gemacht hat. Jetzt bin ich aber fit. Natürlich kann ich auch noch besser spielen, allerdings bin ich kein Messi, der ein Spiel alleine entscheidet. Ich bin ein Teamplayer und kann feststellen, dass wir auch insgesamt viel besser geworden sind.

Aber Ihr Freistoßtreffer gegen Leipzig brachte doch die Entscheidung.
In Duisburg habe ich so oft wie noch nie in meiner Karriere getroffen, bislang aber hauptsächlich per Kopf oder Elfer. Dass ich gegen die Bullen so ein Ding reinhaue, hat mich auch überrascht.

Ist Ihnen das zuvor noch nicht gelungen?
Nein. In der Jugend bin ich zwar als Zehner ausgebildet worden, doch irgendwann sagte mir mein Trainer dann, dass ich dafür zu schlecht sei. Er hat mich nach hinten gestellt. Eine richtige Entscheidung, denn schließlich bin ich so bis in die bosnische Nationalmannschaft gekommen, habe in der Champions League gespielt, bin Meister und Pokalsieger geworden und durfte mit dem MSV nach Berlin.

Das war ein Gänsehauterlebnis. War das auch ein Grund dafür, dass Sie dem MSV treu geblieben sind?
Ja. Hier passt einfach alles. Die Mannschaft, Trainer, Physios, Zeugwarte, der Verein oder die Fans, die mit ihren Aktionen im Sommer uns Spieler berührt haben. Meine Familie und ich fühlen uns hier einfach pudelwohl und ich möchte gerne in Duisburg bleiben. Es ist wie eine zweite Heimat.

Das ganze Revier spricht von Schalke gegen Real Madrid. Gegen die Madrilenen haben Sie auch schon gespielt, oder?
Ja, 2004/2005 in der Champions League mit Partizan Belgrad. Das waren damals die „Galaktischen“ mit Zidane, Ronaldo, Figo, Raul und Roberto Carlos. Zu Hause haben wir 0:0 gespielt, das Rückspiel dann mit 0:1 verloren.

Sie sammeln Trikots. Von wem haben Sie sich das Leibchen geholt?
Weil von mir nach dem Spiel niemand das Trikot wollte, bin ich nachher in die Kabine von Real Madrid gegangen und habe mir das von Roberto Carlos geholt.

Ist das das Highlight in Ihrer knapp 170 Trikots umfassenden Sammlung?
Nein, mein Prunkstück ist das Trikot von Thierry Henry aus meinem ersten Spiel für die Nationalmannschaft. Witzig ist, dass am 7. Juli 2004 auch Ivica Grlic sein Debüt in der bosnischen Auswahl gefeiert hat. Außerdem habe ich noch ein spanisches Nationaltrikot von Raul, oder von Bayern München eins von Michael Tarnat und Sammy Kuffour. 90 Prozent habe ich getauscht, den Rest von Kollegen geschenkt bekommen.

In der Kabine gibt es unterdessen immer etwas auf die Ohren. Lief zu Saisonbeginn deutscher Schlager, ist jetzt Bushido angesagt. Kommen Sie damit klar?
Ich höre zwar lieber Pop und Rock, aber mir ist es egal. Ich bin zwar Kapitän und könnte mich wehren, aber ich bin kein DJ, also können sie hören was sie wollen. Als Einstimmung für ein Spiel ist Musik ja auch motivierend, doch den Song aus Dortmund werden wir bestimmt nicht mehr hören.

Was wird denn vor dem Spiel gegen Wehen laufen?
Das entscheiden die Jungs. Klar ist aber, dass uns nichts anderes als ein Sieg interessiert. Wir müssen so wie gegen Leipzig oder Erfurt auftreten, dann holen wir auch den Dreier. Vieles entscheidet sich im Kopf – und wir wissen, worum es geht.