Die Rolle als Mahner vom Dienst kostete Christian Streich sichtlich Energie. Nach einem flammenden Appell in Sachen grenzenlosem Teamgeist und totaler Disziplin flüchtete der Trainer des abstiegsgefährdeten SC Freiburg am späten Abend erst einmal Richtung Kaffeeautomat.
Koffein statt Sekt, Wachsamkeit statt Laissez Faire. Es ist das Motto, das die Breisgauer ungeachtet von zwei Siegen in Folge auch in den anstehenden Wochen der Wahrheit beherzigen wollen. "Uns steht das Wasser weiter bis zum Hals. Wir haben noch nichts, gar nichts erreicht", sagte Streich nach dem beeindruckenden 3:1 (1:0) gegen Werder Bremen mit ernstem Gesichtsausdruck.
Immerhin kletterte Freiburg (25 Punkte) zum Auftakt des 26. Spieltages von Relegationsplatz 16 auf Rang 14. Die Konkurrenz konnte am Wochenende zwar nachziehen, doch die beste Leistung seit langem und sieben Treffer in zwei Spielen dürften als Mutmacher genügen.
Also wenigstens ein bisschen Euphorie angesichts des Ausrufezeichens seiner Mannschaft im Kampf um den Klassenerhalt? "Das Gegenteil", erklärte Streich nach dem 100. Freiburger Heimsieg der Bundesliga-Geschichte und verwies auf die kommende Aufgabe in der englischen Woche: "Wenn wir am Mittwoch nur einen Millimeter nachlassen, bekommen wir in Hamburg fünf Stück."
Seine Sicht der Dinge hatte der 48 Jahre alte Kultcoach dem Team bereits kurz nach dem Schlusspfiff bei einer Ansprache in der Kabine geschildert. Mit Erfolg. Während die Fans im Stadion den erst dritten Heimsieg des Sport-Clubs in dieser Saison frenetisch feierten, präsentierten sich die Helden der Nacht ausgeschlafen statt siegestrunken. "Wir müssen jeden Tag alles für den Erfolg tun. Jedem muss bewusst sein, dass es für uns nur diesen Weg gibt", sagte Kapitän Julian Schuster, der wie bereits eine Woche zuvor beim 4:1 in Frankfurt das 1:0 (15.) besorgte.
Überhaupt ist der Mittelfeldspieler die Symbolfigur der Freiburger Philosophie. In der Vorrunde hatte Schuster wegen Verletzung und schwacher Leistungen zeitweise seinen Stammplatz verloren. Doch statt zu stänkern, kämpfte sich der 28-Jährige beharrlich zurück.
Ebenso wie der bosnische Nationalspieler Mensur Mujdza
Mensur Mujdza» zum Profil und Pavel Krmas
Pavel Krmas» zum Profil, die trotz vorübergehender Ausbootung Ruhe bewahrten. "Diese Spieler sagen: 'Trainer, wir machen alles'. Die tun 100 Prozent für die Mannschaft. An denen haben sich alle anderen ein Beispiel zu nehmen", forderte Streich in seiner Grundsatzrede über das Kollektiv - und schloss mit den Worten: "Das ist unser Weg und die einzige Chance, in der Bundesliga zu bleiben."



