Der kollektive Nürnberger Frust entlud sich im Mainzer Kabinengang. Mit voller Wucht trat der völlig geladene Hanno Balitsch gegen die nächstbeste Tür und fluchte wild in sich hinein - ein paar Meter daneben wetterte der resignierende Josip Drmic gegen den Trainerwechsel, der den 1. FC Nürnberg eigentlich noch vor dem Abstieg aus der Fußball-Bundesliga retten soll.
"Ich bin ehrlich gesagt enttäuscht, dass Verbeek weg ist", sagte Drmic zu der Entlassung des knorrigen Niederländers Gertjan Verbeek unter der Woche: "Für mich war er ein hervorragender Trainer, er hat mich sehr, sehr weit gebracht. Dass jetzt ein Neuer an der Seitenlinie steht, mit neuen Anweisungen - das ist Ansichtssache. Ich muss meinen Job machen."
Der "Neue" in Nürnberg ist Roger Prinzen, der zusammen mit Club-Idol Marek Mintal beim völlig verdienten 0:2 (0:2) beim FSV Mainz 05 statt Verbeek auf der Trainerbank saß. Allein: Der von den Nürnberger Bossen erhoffte positive Effekt des Trainerwechsels, er fand in Mainz zu keinem Zeitpunkt statt! Der neunmalige Meister taumelt mit 26 Punkten und Platz 17 weiter ungebremst dem achten Abstieg entgegen.
"Es ist völlig egal, welcher Trainer auf der Bank sitzt. Man sieht, dass uns zur Zeit durch die Verletzten die Qualität einfach fehlt, um in der Bundesliga erfolgreich Fußball zu spielen", sagte Kapitän Raphael Schäfer bei Sky. Drmic, der mit bislang 16 Saisontoren wohl einer der ersten Abgänge sein wird, legte nach: "Wir haben keinen Fußball gespielt. Wir sind nur hinterhergerannt."
Quittiert wurde der über weite Strecken erschreckend schwache Auftritt der Franken von den eigenen Fans während der zweiten Halbzeit mit kollektiver Verweigerung und im Anschluss mit einem gellenden Pfeifkonzert. Hoffnung für die beiden kommenden Partien gegen Hannover 96 und bei Schalke 04 machte eigentlich keiner der Profis.
Auch Prinzen, der von der ersten Sekunde an versuchte, sein Team wild gestikulierend nach vorne zu peitschen, dann aber resignieren musste, tat sich schwer mit Durchhalteparolen. "Ich glaube schon, dass die Mannschaft probiert hat, noch etwas rauszuholen", sagte er. Die teilweise guten Ansätze der ersten halben Stunde wurden durch Shinji Okazaki (30.) mit seinem 14. Saisontor und Christoph Moritz (44.) zunichte gemacht.
Dass beide Gegentore noch vor der Pause aus Standardsituationen resultierten - wohlwollend zitiert verfluchte Balitsch diese als "verdammt" - tat laut Prinzen "richtig weh. In der Kabine mussten wir die Spieler aufrichten", sagte der Coach. Aber es gebe "keine Schuldzuweisungen, sondern nur Anweisungen, was sie beim nächsten Mal anders machen sollen".
Im völligen Gegensatz dazu war FSV-Trainer Thomas Tuchel heilfroh, dass seine Mannschaft vieles wieder genauso richtig gemacht hat, wie in den vergangenen Wochen. "Ich bin wahnsinnig glücklich mit der Energie und der Präsenz meiner Mannschaft und damit, wie wir erneut Fußball gespielt haben", sagte Tuchel, der mit den Rheinhessen auf die Europa League zusteuert: "Das ist alles andere als normal, das ist sehr außergewöhnlich. Die Mannschaft verdient sich das derzeit extrem."



