Pep Guardiola sah niedergeschlagen aus, und er war es auch. Nein, signalisierten sein Blick und seine Bemerkungen, so wird das auf keinen Fall etwas werden am Dienstag (20.45 Uhr/Sky und ZDF) im Rückspiel der Champions League gegen Real Madrid. Er sei, betonte der Trainer des FC Bayern, "das erste Mal ein bisschen enttäuscht und traurig". Guardiola malte sich aus, was passieren wird, sollte seine Mannschaft im bislang wichtigsten Spiel der Saison so irrlichtern wie phasenweise am Samstag beim 5:2 (1:2) gegen Werder Bremen - und es deprimierte ihn.
Dieser Samstag war ohnehin kein leichter für Guardiola. Vor dem Spiel gab es eine Schweigeminute für seinen ehemaligen Assistenten und Freund Tito Vilanova, zu Ehren des Verstorbenen spielten die Bayern mit Trauerflor. "Die Traurigkeit" über den Tod von Vilanova, sagte Guardiola, werde ihn "immer begleiten", und sein Herz sei bei dessen Familie. Mit dem Kopf aber, das wurde auch deutlich, war Guardiola schon bei Real, vor allem aber auch noch bei dieser ersten Halbzeit, die ihn offensichtlich völlig entsetzt hatte.
Wie bereits beim 0:1 am Mittwoch in Madrid hatte Guardiola mit ansehen müssen, wie sich seine Mannschaft in wirkungslosem Ballbesitz verlor und die Abwehr inklusive Nationaltorhüter Manuel Neuer Fehler an Fehler reihte. Überdies waren die Bayern, auch das ein Spiegelbild der Vorstellung im Estadio Bernabéu, anfällig für Konter. Theodor Gebre Selassie (10.) und Aaron Hunt (36.) bestraften dies mit Toren nach Gegenstößen. "Ja", sagte Guardiola lapidar auf die Frage, ob ihn das mit Blick auf Real beunruhige. Und zu dieser Beunruhigung besteht aller Grund.
Es gab am Samstag ja auch noch eine zweite Halbzeit, und in der "waren wir besser", stellte Guardiola richtig fest. Das, da war er sich mit allen anderen Beteiligten einig, "das ist gut für Madrid, für die Stimmung". Mehr aber auch nicht, denn Werder Bremen war alles, nur kein Maßstab für Dienstag, wie Mannschaftskapitän Philipp Lahm korrekt feststellte: "Ja, das gibt uns ein gutes Gefühl, aber das ist am Dienstag definitiv eine andere Partie in einem anderen Wettbewerb." Und nach einer ersten Halbzeit wie am Samstag könnte diese Partie längst entschieden sein.
Dass die Bayern zumindest mit dem guten Gefühl der zweiten Halbzeit um den Einzug ins Endspiel der Champions League am 24. Mai in Lissabon kämpfen werden, daran hat auch Guardiola großen Anteil. Er brachte nach der Pause Lahm, der eine Art zweiten Rechtsaußen gab, er zog den plötzlich formverbesserten Franck Ribéry mehr in die Mitte und schob Bastian Schweinsteiger etwas weiter nach vorne. Das Resultat war erfrischender, aggressiver Pep-Fußball, wie ihn die Bayern schon seit fast einem Monat nicht mehr geboten hatten - und Real ihn fürchtet.
Nach Ribérys zwischenzeitlichem Ausgleich (20.) drehten die Bayern mit dem 33. Bundesliga-Doppelpack des langjährigen Bremers Claudio Pizarro (53., 57.) und dank eines Kopfball-Geschosses von Schweinsteiger (61.) das Spiel binnen acht Minuten. Der eingewechselte Arjen Robben legte bei seinem ersten Ballkontakt mit einem tollen Solo nach (74.). Sein Bauchgefühl für Madrid sei jetzt "sehr positiv", versicherte Robben, der "viel Bewegung, viel Leidenschaft" gesehen hatte - in der zweiten Halbzeit.
"Ich mache mir um Franck überhaupt keine Sorgen"
Einen guten, wenngleich nicht überragenden Ribéry gab es über volle 90 Minuten zu bestaunen. Ribéry nahm wieder mehr teil am Bayern-Spiel, kein Münchner hatte so viele Ballkontakte wie er (106). Selbst äußern über seinen Auftritt wollte sich Europas Fußballer des Jahres nicht - das übernahmen andere. "Franck hat besser gespielt", lobte Guardiola. Lahm sagte über seinen sensiblen Mitspieler: "Ich mache mir um Franck überhaupt keine Sorgen und bin davon überzeugt, dass er am Dienstag ein überragendes Spiel machen wird - und wir ins Finale einziehen."
Um dieses Ziel zu erreichen, versprach Lahm, werde der FC Bayern "Vollgas spielen, mit Leidenschaft und Herz" - und, natürlich, weiter mit dem so lange erfolgreichen System. "Ich bin froh darüber, wie wir spielen. Es macht sehr, sehr viel Spaß, wenn du die Kontrolle hast", sagte Lahm. Auch Guardiola betonte erneut, dass er sich und seiner Ballkontrolle-Idee treu bleiben werde. Lediglich etwas mehr Aggressivität auf den letzten Metern wünsche er sich noch. Dann, da habe er vollstes Vertrauen in seine Stars, werde es schon klappen mit Lissabon.


