Fortuna Köln, als Champion des Westens, trifft auf die zweite Mannschaft des FC Bayern München, die ihrerseits die Regionalliga Bayern klar dominiert hat. Die Relegation in der Regionalliga hat die Eigenart, dass nicht Abstiegsplatz gegen Aufstiegsplatz antritt, sondern ein Quervergleich zwischen parallelen Staffeln stattfindet. Es treffen also zwei Gegner aufeinander, die zwar der gleichen Spielklasse angehören, aber vorher nie gegeneinander angetreten sind. Im Vorfeld des Hinspiels ergibt sich dadurch die Frage:
Wie ist die Stärke des Gegner einzuschätzen?
RHEINFUSSBALL hat beide Mannschaften genau unter die Lupe genommen, um die Ungewissheit vor dem Aufeinandertreffen der Teams etwas aufzulösen. Sowohl der Fortuna-Trainer Uwe Koschinat, als auch Bayern-Coach Erik ten Hag geben Auskunft darüber, wie sie den Gegner einschätzen und mit welcher Taktik sie in der Relegation siegreich sein wollen. Außerdem gibt es einen Blick auf die Kader der Teams, vor allem den der Nachwuchsmannschaft des Rekordmeisters aus München. Ein abschließendes Urteil gipfelt in der Frage: Wer ist eigentlich Favorit bei diesem Relegations-Hammer?
Ein Starensemble in der Regionalliga? – Die Kaderanalyse:
Im Vorfeld der Partie haben die Spekulationen um den Kader des FC Bayern München II weit um sich gegriffen. Welche Spieler dürfen eingesetzt werden? Droht gar eine Auswahl prominenter Bankdrücker aus der Profi-Mannschaft aufzulaufen? Namen wie Claudio Pizarro, Holger Badstuber oder Xherdan Shaqiri geisterten durch die Medien und galten plötzlich als mögliche Verstärkungen für die U 23 des FC Bayern. Den Spekulationen über einen Einsatz von Kalibern wie Pizarro oder Shaqiri kann eine klare Absage erteilt werden – Pizarro wird mit Perus Nationalmannschaft Testspiele bestreiten, Shaqiri sich mit der Schweizer Auswahl auf die Weltmeisterschaft vorbereiten. Auch ein kolportiertes Comeback von Holger Badstuber für die Regionalliga-Relegation ist ausgesprochen unwahrscheinlich.
Der U23-Kader des FC Bayern ist dennoch gespickt mit Spielern, die auch im Profi-Bereich durchaus auf sich aufmerksam machen konnten. Pierre-Emile Hojbjerg und Julien Green sind zwei Paradebeispiele. Der eine, Hojbjerg, stand in der abgelaufenen Bundesliga Saison neun Mal für die Profis auf dem Platz, spielte im DFB-Pokalfinale gegen Borussia Dortmund (2:0 n.V.) sogar von Beginn an. Der andere, Green, machte mit 15 Treffern und acht Assists in der Regionalliga Bayern auf sich aufmerksam und debütierte bereits für die Nationalmannschaft der USA.
Die gute Nachricht für Fortuna Köln: Beide Spieler werden Bayern München in der Relegation nicht zur Verfügung stehen: „Wir müssen auf Julian Green verzichten, der sich mit der US-Nationalmannschaft auf die WM vorbereiten wird. Auch Pierre-Emile Hojbjerg wird nicht spielen können, er hat zum ersten Mal eine Einladung zur dänischen A-Nationalmannschaft erhalten“, erklärt Bayern-Trainer Erik ten Hag, „Ansonsten kann ich auf den Kader bauen, mit dem wir in den letzten Wochen die Meisterschaft unter Dach und Fach gebracht haben.“ Trotz des Verzichts auf zwei absolute Leistungsträger hat der Kader des Bayern-Meisters noch gewaltiges Potential.
Stürmer Patrick Weihrauch beispielsweise gehört zum Stammpersonal von Bayern II, ist jedoch schon seit langem im Blickfeld der ersten Mannschaft und war Teilnehmer bei Trainingslagern der Profis. Gleiches gilt für Innenverteidiger Daniel Wein oder Mittelfeldspieler Alessandro Schöpf. Die hohe Qualität im Nachwuchs des FC Bayern zieht sich durch alle Mannschaftsteile – technisch und taktisch gut ausgebildete Spieler, denen durchweg enormes Potential zugeschrieben wird. Hinzu kommt die punktuelle Aufwertung durch erfahrene Routiniers wie Tobias Schweinsteiger, dessen Führungsqualitäten der jungen Mannschaft Stabilität gibt.
Insofern zeigt sich ten Hag trotz der Ausfälle voller Vertrauen in das Personal, das ihm zur Verfügung steht: „Grundsätzlich rede ich sowieso nicht über Spieler, die nicht dabei sind, sondern vertraue denen, die auflaufen. Dass Green Chancen auf die WM hat und Hojbjerg das Pokalfinale gegen Dortmund gespielt hat, ist eine Bestätigung für die gute Arbeit aller im junior team des FC Bayern. Ich glaube, wir haben noch mehr Spieler, die es nach oben schaffen können.“
Seitens der Rheinländer sollte man also gewarnt sein, zumal Trainer Uwe Koschinat in den Entscheidungsspielen voraussichtlich auf mehrere Stammkräfte verzichten muss. Mit Kapitän Daniel Flottmann, der beim Derby in Höhenberg einen Kreuzbandriss davontrug, fehlt eine echte Führungspersönlichkeit. Eng wird es auch für Tobias Fink und Michael Kessel. Beide Spieler plagen muskuläre Probleme, die verhindern, dass der Trainingsrhythmus wieder voll aufgenommen werden kann: „Die Verletzungen machen immer wieder Probleme. Es sieht so aus, als käme für beide Spieler ein Einsatz über die volle Distanz nicht in Frage“, äußert Uwe Koschinat seine Sorgen. „Das sind wichtige Jungs, die wir in den zwei schweren Partien gut gebrauchen können.“ Trotz drohender Ausfälle, für den Kader der Fortuna gilt: Man verfügt nach wie vor über viel Qualität. In allen Mannschaftsteilen ist man breit aufgestellt und vor allem die Routine ist ein Faktor, der gegen U 23-Mannschaften besonders zum Tragen kommt.
Der Kampf der Systeme – Ein Hauch von Guardiola im Südstadion
Dass sich der Übergang zwischen erster und zweiter Mannschaft des FC Bayern München so problemlos vollzieht, liegt nicht nur an der Qualität der einzelnen Spieler. Erik ten Hag hat in seiner Zeit bei Bayern II ein Spielsystem etabliert, dass ähnlich ausgerichtet ist, wie jenes von Star-Trainer Pep Guardiola. Beide Übungsleiter stehen im regen Austausch über taktische Belange. In Länderspielphasen, wenn die Mannschaften durch die Abwesenheit der Nationalspieler ausgedünnt sind, leitet man gemeinsam das Training der ersten und zweiten Mannschaft. Dem Spiel der U 23 ist dieser Einfluss merklich anzusehen: Das System ist darauf ausgerichtet den Ballbesitz möglichst hoch zu halten, den Gegner mit schnellem Kurzpassspiel zu dominieren. Bei Ballverlust reagiert man mit aggressivem Gegenpressing und versucht, die Angriffsbemühungen des Gegners so früh wie möglich wieder zu unterbinden.
Fortuna Kölns Trainer Uwe Koschinat setzt bei seiner Philosophie auf gradlinigen Fußball mit einer betont physischen Komponente. Bei Ballbesitz wird versucht, das Feld schnell zu überbrücken und – meist über die Außen – den Ball in die Gefahrenzone des Gegners zu kombinieren. Bei den Münchnern hat dieser Spielstil Respekt hinterlassen. „Fortuna ist ein sehr starker Gegner. Sie haben ein gutes Kollektiv, aber auch Spieler in ihren Reihen, die mit ihrer individuellen Klasse ein Spiel entscheiden können. Fortuna ist sehr kampfstark, das Team spielt mit viel Leidenschaft“, lautet Erik ten Hags Einschätzung.
Koschinat sieht im Aufeinandertreffen der Teams gleichzeitig einen „Vergleich der Gegensätze“. Das Spielsystem von Bayern II sei keine blinde Kopie des Guardiola-Systems, „es passt ganz einfach auch gut auf die Spielertypen, die im Kader der Mannschaft stehen.“ Die vermeintlichen Vorteile des eigenen Systems relativiert Koschinat zunächst: „Die Physis der Gegner war für die Bayern im Verlaufe der Saison nie ein Problem. Bei 60 bis 80 Prozent Ballbesitz war es meist eine Frage der Zeit, bis sie zum Torerfolg kamen.“ Das klare Konzept gegen die Münchener lautet daher: „Wir müssen die individuelle Qualität unterbinden und die Zirkulation des Passspiels brechen. Dabei kommt es natürlich auch darauf an, die kämpferischen Komponenten für sich auszuspielen.“
Favoriten unter sich
Selten war es so schwierig, einen klaren Favoriten für eine Begegnung auszumachen. Es gibt keinen realistischen Vergleich zwischen beiden Mannschaften. Die Regionalliga West hat sicherlich eine größere Qualitätsdichte als ihr bayrisches Pendant. Daraus lässt sich allerdings nicht schließen, dass die Qualität der Meistermannschaft automatisch höher ist. Uwe Koschinats Meinung geht in eine ähnliche Richtung: „Ich traue mir da keine endgültige Einschätzung zu. Die unterschiedlichen Ligen und unterschiedliche Voraussetzungen in den Vereinen machen es schwer einen Favoriten zu bestimmen.“
Auch Erik ten Hag sieht bei keiner Mannschaft einen deutlichen Vorteil, vielleicht bringt es seine Einschätzung genau auf den Punkt: „Ich denke, in diesem Duell gibt es keinen Favoriten. Die Chancen stehen 50:50. Ich traue meiner Mannschaft den Aufstieg zu, die Qualitäten haben wir.“ – Fortuna Köln hat sie auch.





















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