Er ernannte sich selbst zum „Kind der Bundesliga“, da er von der ersten Sekunde an dabei war. Die Bremer tauften ihn „König Otto“ und in Griechenland erarbeitete er sich den respektvollen Spitznamen „Rehakles“. Die Rede ist ohne Frage von Otto Rehhagel, einem der erfolgreichsten Trainer in der Bundesliga-Geschichte. Mit insgesamt 820 Spielen führt der 75-Jährige noch heute die ewige Rangliste der Trainereinsätze in Deutschlands Eliteklasse an. Am 8. Juni steht er in seiner Heimatstadt Essen seit längerer Zeit wieder als Trainer an der Seitenlinie.
Die Trainerlegende wird beim „ran-Jahrhundertspiel“ zwischen Deutschland und Portugal eine Traditionsauswahl der BRD betreuen. Vier Tage vor dem Start der Weltmeisterschaft in Brasilien werden ehemalige Fußballgrößen wie Lothar Matthäus, Mario Basler oder Frank Mill im Stadion Essen auflaufen. Rehhagel, der zu seiner aktiven Zeit drei Jahre an der Hafenstraße spielte, sprach vor dem Duell mit den portugiesischen Legenden mit RevierSport über die Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte, Rot-Weiss Essens neuen Manager Dr. Uwe Harttgen und die Rolle der deutschen Nationalmannschaft bei der WM in Brasilien.
Otto Rehhagel, das Traditionsduell gegen Portugal findet ausgerechnet vor Ihrer Wohnungstür statt. Haben Sie sich über die Rückkehr zur Hafenstraße besonders gefreut?
Es ist ja nicht so, als wäre ich lange nicht mehr hier gewesen. Ich lebe nach wie vor in Essen und besuche regelmäßig die Spiele meines Heimatvereins Rot-Weiss. Im Schnitt bin ich bei jedem dritten Heimspiel an der Hafenstraße. Sobald ich dieses Stadion betrete, bekomme ich nostalgische Gefühle. Vor allem, als die Tribünen des alten Georg-Melches-Stadions abgerissen wurden. Ich musste dabei immer an mein erstes Training bei RWE im Sommer 1960 und Willi Multhaup denken. Als Kind habe ich immer davon geträumt, für diesen Verein zu spielen. Ich denke dabei immer an Helmut Rahn und Penny Islacker. Das waren großartige Spieler und die Ikonen unserer Zeit.
Von den damaligen Glanzzeiten ist RWE derzeit weit entfernt. Wie bewerten Sie die Zukunftsaussichten des Vereins?
Es ist in der heutigen Zeit leider so, dass das Geld eine immer größere Rolle einnimmt. Tradition ist dabei kein Kriterium mehr. Das sieht man auch in Uerdingen, Aachen oder Wattenscheid. Wenn RWE aufsteigen will, muss auch das entsprechende Spielermaterial vorhanden sein. Und das ist ohne das nötige Geld sehr schwer. Die Rahmenbedingungen sind in dieser Stadt eigentlich vorhanden, auch das neue Stadion ist sehr ansehnlich. Allerdings müsste sich ein größeres Unternehmen auch dazu bereit erklären, sich in einem größeren Maße zu engagieren.
Essens neuer Sportvorstand Dr. Uwe Harttgen ist für Sie kein Unbekannter. Bei Werder Bremen hat er fünf Jahre unter Ihnen gespielt. Glauben Sie, dass RWE mit ihm eine gute Wahl getroffen hat?
Davon bin ich überzeugt. Ich kenne Uwe sehr gut und wir stehen nach wie vor im Kontakt. Wir haben zusammen in Bremen die Deutsche Meisterschaft geholt. Er versteht sehr viel vom Fußball und wird dem Verein mit Sicherheit helfen können. Doch ohne das nötige Geld wird auch er nicht viel ausrichten können.
Am 08. Juni treffen sie in Essen auf zahlreiche frühere Weggefährten. Wird es vorab ein Treffen zur Einstimmung geben?
Das ist definitiv so geplant. Wir werden uns einen Abend vor dem Spiel zusammensetzen. Hoffentlich geht es nicht zu lange, denn wir wollen schließlich auch ein erfolgreiches Spiel abliefern. Ich freue mich sehr auf das Wiedersehen mit den Jungs. Das sind allesamt großartige Spieler, die viel für den deutschen Fußball geleistet haben. Als Trainer möchte ich natürlich auch meinen Beitrag leisten. Wenn Mario Basler nicht läuft, gibt es von mir einen Rüffel. Außerdem kann ich versprechen, dass ich in der Kabine das Sagen haben werde und nicht Lothar.
Gegen Portugal haben Sie vor allem bei der EM 2004 gute Erfahrungen gesammelt. Einer gelungenen Generalprobe vor dem Aufeinandertreffen in Brasilien dürfte somit nichts mehr im Wege stehen, oder?
Das ist richtig. Als Nationaltrainer Griechenlands habe ich dreimal gegen die Portugiesen gespielt und alle Spiele gewonnen. Die Freundschaft und der Spaß sollen bei dem Aufeinandertreffen am nächsten Samstag im Mittelpunkt stehen. Aber es geht uns auch darum, ein gutes Omen in Richtung Brasilien zu schicken. Wir werden Spieler auf dem Platz haben, die sehr motiviert sind und ihrem Namen gerecht werden wollen. Ich hoffe, dass uns sehr viele Zuschauer in Essen unterstützen werden.
Kommen wir zur deutschen Nationalmannschaft. Gleich zum Auftakt wartet mit Portugal ein dicker Brocken. Wie bewerten Sie insgesamt die Erfolgschancen bei der WM in Brasilien?
Ein guter Start ist bei einem Turnier immer ganz entscheidend. Mit Portugal habe ich mich zuletzt vor zehn Jahren intensiv beschäftigt. Doch auch damals war schon Cristiano Ronaldo dabei. Es ist uns damals gelungen, ihn aus dem Spiel zu nehmen. Das wird vermutlich auch dieses Mal der Schlüssel sein. Grundsätzlich denke ich, dass wir eine sehr gute Mannschaft haben. Wir können in Brasilien Weltmeister werden. Es wird nicht einfach, denn wir spielen im Land der Fußball-Künstler.
Derzeit gibt es Diskussionen über den Fitnesszustand einiger Schlüsselspieler wie Sami Khedira, Philipp Lahm, Manuel Neuer oder Bastian Schweinsteiger. Stellt das aus Ihrer Sicht ein großes Problem dar?
Meiner Meinung nach sind diese Diskussionen absoluter Blödsinn. Wenn es tatsächlich losgeht, werden alle fit auf dem Platz stehen. Es bleibt noch genug Zeit, um die Spieler aufzubauen. Wegen einer Zerrung in der Kniefalte muss sich niemand Sorgen machen.
In diesem Jahr werden Sie 76 Jahre alt. Könnten Sie sich noch mal vorstellen, einen letzten Trainerjob zu übernehmen?
Wenn Real Madrid oder der FC Barcelona anklopfen sollten, werde ich es nochmal machen.



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