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Sie haben als Sportdirektor bislang nur Extremsituationen erlebt, telefonieren ständig und hetzen von einem Termin zum nächsten, denn neben den Verhandlungen müssen Sie auch repräsentative Aufgaben wahrnehmen, oder immer bei der Mannschaft sein. Hätten Sie vor drei Jahren gewusst, dass der Job derart stressig wird, hätten Sie ihn dann auch angenommen?
Ja. Natürlich ist es ein Job, der wenig Urlaub, Freizeit und Zeit für die Familie lässt. Aber das haben 56 andere Manager auch. Wichtig ist, dass der Beruf Spaß macht. Das ist der Fall, wenn man sieht, das sich etwas entwickelt – und das ist beim MSV der Fall.
Sind Ihre Frau Renata sowie Ihre beiden Kinder Ihr Rückhalt?
Absolut, ohne eine intakte Familie geht in diesem Geschäft nichts. Schließlich muss sie auch damit klarkommen, dass mein Handy nie ausgeschaltet ist – ich muss es sogar drei Mal am Tag aufladen. Ab und an mache ich es mal lautlos, aber generell bin ich immer erreichbar und habe keinen freien Tag.
 
Sie haben also eine Sieben-Tage-Woche?
Ja, seit drei Jahren. Ich möchte schließlich auf andere positiv einwirken. Natürlich denke ich auch mal an Urlaub, aber dafür müssen die fünf, sechs Tage zwischen Weihnachten und vielleicht noch mal acht Tage im Sommer ausreichen. In diesem Jahr hatte ich dreieinhalb Tage Urlaub. Es ist stressig, aber wenn ich dann sehe, dass sich etwas entwickelt, hat sich alles gelohnt.
Entschädigt der Applaus der Fans wie bei der Saisoneröffnung oder der Jahreshauptversammlung für die ganzen Entbehrungen?
Menschen spüren, wenn jemand alles für den Verein gibt. Natürlich finde ich den Applaus schön, aber ich muss nicht im Mittelpunkt stehen. Es zählt nur, dass wir als Verein Fortschritte machen.
 
Von wem holen Sie sich eigentlich mal einen Rat?
Fredi Bobic ist mein Freund, mit dem ich auch sehr viel rede. Ich habe auch mit Bremens Ex-Manager Willi Lemke ein gutes Verhältnis. Ich scheue mich nicht davor, solch erfahrenen Leute auch mal um Rat zu fragen. Natürlich ist auch meine Frau ein guter Ratgeber – und das im übrigen seit 19 Jahren.
Kommen wir zu einer der wichtigsten Fragen: Ist der Aufstieg in dieser Saison Pflicht?
Nein, aber natürlich wollen wir alle so schnell wie möglich aufsteigen und ich weiß auch, dass immer nur über den Aufstieg gesprochen wird. Doch den kann niemand versprechen. 
Gibt es den Fall „Aufstieg 2016“ angesichts der finanziellen Situation überhaupt?
Unbedingt. Es wäre pures Hassardeurtum, einen Aufstieg auf Biegen und Brechen dieses Jahr als Pflicht zu verstehen. Wir haben, auch finanziell, die Zeit, unser Haus – um bei dieser Terminologie zu bleiben – auf ein solides Fundament zu stellen und je eher es bezugsfertig ist, umso mehr werden wir uns natürlich freuen. Aber wir dürfen keinen Gegner unterschätzen. Die Stuttgarter Kickers, Wehen Wiesbaden, Osnabrück oder Münster spielen seit Jahren zusammen und haben deshalb vielleicht einen kleinen Vorteil. Trotzdem glaube ich, dass wir auf einem guten Weg sind, von dem wir uns aber auch nicht blenden lassen dürfen. Samstag kommt der Tabellenführer und die Jungs wollen zeigen, dass wir auch gegen den Spitzenreiter gewinnen können.
 
Gehen Sie eigentlich vor dem Spiel mit in die Kabine?
Manchmal ja, aber der Trainer hält die Ansprache und das macht Gino auch richtig gut. Weil Gino und ich das gleiche Ziel haben, ist es auch kein Problem, dass ich dem Spieler die Situation so erkläre, wie ich sie sehen. Alles erfolgt bei uns in Absprache.
 
Kann gegen die Kickers Branimir Bajic
Branimir Bajic» zum Profil sein Comeback feiern, weil Christopher Schorch
Christopher Schorch» zum Profil gesperrt und der Einsatz Steffen Bohls
Steffen Bohl» zum Profil noch fraglich ist?
„Baja“ hat fünf Wochen gefehlt und das nachzuholen, benötigt Zeit. Thomas Meißner
Thomas Meißner» zum Profil und „Schorchi“ machen es bislang sehr gut, auch Enis Hajri
Enis Hajri» zum Profil hat sich ordentlich präsentiert. Aber da möchte ich mich auch nicht einmischen, denn das ist Ginos Sache. Ich habe mit den Verpflichtungen dafür gesorgt, dass innerhalb des Teams ein gesunder Konkurrenzkampf herrscht, den wir in der Vergangenheit leider nicht hatten.
 
Vor allem auf der linken Abwehrseite. Dort spielen mit Kevin Wolze
Kevin Wolze» zum Profil und Sascha Dum
Sascha Dum» zum Profil allerdings zwei Mann, die die Position gar nicht gelernt haben.
Das müssen sie auch nicht, denn sie machen es hervorragend. Ich erinnere gerne an Daniel Brosinski
Daniel Brosinski» zum Profil. Hätte er weiter rechts vorne gespielt, würde er jetzt nicht in der Bundesliga sein. Wir haben ihn nach hinten beordert und es hat geklappt. Für Kevin und Sascha gilt das gleiche. Vor allem für Sascha freut es mich, dass er nach seinem harten Kampf wieder da ist. Ihm hat das Bad in der Menge nach seinem tollen Spiel gegen Osnabrück sichtlich gut getan.
 
Apropos Anhänger: Wie gehen Sie mit dem fantastischen, aber auch kritischen Publikum um?
Unsere Fans haben mittlerweile mehr Geduld und sehen das Gesamtbild. Natürlich sind sie kritisch, was auch nicht schlimm ist, doch früher kamen die Pfiffe viel eher als heute. Ohne jetzt in Lobgesänge verfallen zu wollen, glaube ich, dass ohne unsere Fans der Verein in seiner Form nicht mehr existieren würde.

    
    
            
            
        


                                
                                
                                
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