Allmählich wird es kalt am Pulverwald. „Wir hatten jetzt schon ein paar Mal um die null Grad beim Training. Da muss man schon die Mütze und die Handschuhe auspacken“, berichtet Laurenz Wassinger, Stürmer beim TuS Erndtebrück. Der berüchtigte Wittgensteiner Winter aber kommt erst noch.
„Ich bin mal gespannt, was da auf mich zukommt“, schmunzelt der Angreifer. Der Blick auf die Oberliga-Tabelle dürfte aber trotz frostiger Aussichten das Herz erwärmen. „Jetzt ist oben alles eng beisammen“, weiß Wassinger, „ich hoffe, dass es so bleibt, dann wird das Aufstiegsrennen in der Rückrunde richtig spannend.“
Dass der TuS oben mitmischt, ist sicherlich keine Überraschung – im Gegensatz zum Ergebnis vom Sonntag. Mit einem sagenhaften 7:1-Sieg fegte Erndtebrück den Spitzenreiter aus Ahlen vom Platz. Jenes Team, das noch immer die RevierSport-„Top 100“ anführt und mit zehn Siegen in Serie im Rücken an den Pulverwald gereist war. „Wir waren sehr motiviert und wollten unbedingt gewinnen, das war im Spiel dann auch zu sehen. Bei uns hat an diesem Tag viel oder fast alles geklappt und wir haben nicht viel zugelassen. Der Sieg ging auch in der Höhe in Ordnung.“
Der Vergleich mit dem WM-Halbfinale zwischen Brasilien und Deutschland verbiete sich trotz des Ergebnisses aber, findet Wassinger: „Das eine war WM, das andere ist immer noch Oberliga.“
Recht hat der Blondschopf, der mit seinem Dreierpack gegen Ahlen einen großen Anteil am Kantersieg hatte – und in der Liga mit zehn Toren in elf Einsätzen eine eindrucksvolle Zwischenbilanz vorzuweisen hat. Nach einem unglücklichen Jahr in Velbert tut Wassinger das richtig gut: „Die letzte Saison ist für mich persönlich nicht so gut gelaufen. Da war es für mich umso wichtiger, dass ich einen Verein finde, bei dem ich mich wohlfühle. Ich hatte hier von Anfang an das Gefühl, das man auf mich setzt, meine Qualitäten zu schätzen weiß und Vertrauen in mich hat.“
Bye, bye, Bulmke
Deshalb musste der gebürtige Essener auch gar nicht so lange überlegen, ob er sich den Wechsel zu einem Oberligsten, noch dazu in der tiefen Provinz, vorstellen kann. Wassinger konnte – und ist mittlerweile in Südwestfalen angekommen. „Ich wohne in Siegen. Von dort bilden wir dann eine Fahrgemeinschaft zum Training“, berichtet der 24-Jährige, der neben dem Fußball noch bei einem Sponsor des Vereins jobbt. So oft es geht versucht er aber, Oma und Mama in Gelsenkirchen-Bulmke zu besuchen. Manchmal lässt sich das sogar mit einem Auswärtsspiel im Pott verknüpfen. „Wenn die Leistung gestimmt hat, kann ich dann auch mal bei der Familie bleiben und fahre nicht mit der Mannschaft nach Erndtebrück zurück“, verrät Wassinger.
Wobei auch das kein Beinbruch wäre. Denn weder mit der Mannschaft, noch dem Umfeld hatte er als „Ruhri“ Anpassungsschwierigkeiten. „Erndtebrück ist ja nicht groß. Hier kennt jeder jeden. Diese familiäre Atmosphäre gefällt mir.“ Da viele Mitspieler aus dem Rheinland oder anderen Landstrichen stammen, stellt sich die Frage nach dem Mentalitäts-Unterschied für Wassinger dabei im Prinzip gar nicht.
Und feiern können sie im Rothaargebirge angeblich auch ganz gut. Gegen eine zünftige Aufstiegsparty hätte Wassinger natürlich nichts einzuwenden. „So etwas erlebt man in der Karriere ja nicht allzu oft.“ Dann würde es sogar mal richtig heiß am Pulverwald.
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