Willi Landgraf verdrehte die Augen. "Das müssen wir uns jetzt ein halbes Jahr lang anhören", stöhnte der Kultkicker. Gerade war Christof Osigus beim NRW-Traditionsmasters nach dem Sieg der königsblauen "Oldies" über die Alten Herren des VfL Bochum zum besten Torhüter des Turniers gewählt worden.
Während "Ose", von seinem vollen Rauschebart nur mäßig verdeckt, breiter grinste als alle Teilnehmer zusammen in der Silvesternacht wohl gewesen sein können, schwante Landgraf nichts Gutes. Schließlich war der Keeper nach zwei gehaltenen Neunmetern beim 5:4 gegen Bochum nicht nur Schalkes Held, sondern ist auch Torwarttrainer in der "Knappenschmiede". Landgraf, Trainer der Schalker U15, muss nun leiden, denn Osigus wird seinen Triumph beim prestigeträchtigen Budenzauber in Mülheim/Ruhr schon noch das eine oder andere Mal zur Sprache bringen.
"Ja, das habe ich mir verdient, oder", grinste Osigus von einem Ohr zum anderen. Schon letztens in Dessau, wo Schalke den dritten Platz holte, kürten ihn die Veranstalter zum besten Schnapper des Turniers. In Mülheim nun war der 42-Jährige vom Punkt zur Stelle. Schon im Halbfinale gegen den 1. FC Köln holte Osigus den entscheidenden Neunmeter von Matthias Scherz aus dem Eck.
Im Finale gegen Bochum scheiterten dann Alex Thamm und Peter Peschel am Schalker Keeper. "Das war insgesamt eine überzeugende Vorstellung von uns. Wir hatten uns hier auch viel vorgenommen, nachdem wir in den letzten Jahren immer früh ausgeschieden sind", erklärte Osigus, der in der Jugend auf Schalke gespielt hatte, ehe er ausgerechnet bei Borussia Dortmund den Sprung in die Bundesliga wagte – und nicht schaffte.
Schalke gewann die zehnte Auflage zwar überraschend, denn eigentlich galten neben dem Endspielgegner Bochum der MSV Duisburg und der vor allem in der Gruppenphase sehr starke 1. FC Köln als Favoriten auf den Pott. Die S04-Traditionself um die "Oldies" Klaus Fischer und Rüdiger "Abi" Abramczik hatte allerdings auf das schwache Abschneiden in den Vorjahren personell reagiert.
In Christian Mikolajczak (SV Hönnepel-Niedermörmter), Markus Kaya (VfB Hüls/beide Oberliga) und Olivier Caillas (bis Sommer 2014 bei Schalke II) erhöhten drei "Jungspunde" die sportliche Qualität der Knappen enorm. "Die drei haben uns richtig nach vorne gebracht", gab Schalkes Teamchef Matthias Herget zu. "Es macht ja auch nicht richtig viel Spaß, wenn du hier zwar mit bekannten Spielern antrittst, aber schnell draußen bist." So sah es auch Thomas Kruse: "Ich denke, dass wir Schalke 04 hier sehr gut vertreten haben."
Caillas, aktuell Trainer beim TuS Bösinghoven in der Oberliga Niederrhein, schaffte hingegen das Kunststück, sich den Zorn aller Zuschauer abzüglich der wenigen S04-Fans auf den Tribünen zuzuziehen. Mit seinen ständigen Beschwerden beim Schiedsrichter oder den Gegenspielern wurde der Ex-Düsseldorfer zum Buhmann und musste sich insbesondere im Endspiel gegen Bochum Pfiffe gefallen lassen. "Ein bisschen Spaß muss sein", winkte Caillas grinsend ab.
Ein nicht ganz so verbissenes, wenngleich brisantes Finalduell lieferten sich Markus Kaya und Engin Yavuzaslan. Letzteres ist schließlich Sportlicher Leiter beim VfB Hüls und musste sich auf dem Naturrasen in Mülheim seinem spielenden Co-Trainer Kaya geschlagen geben. "Markus kann sich seine Sachen holen, das war's für ihn in Hüls", feixte Yavuszaslan.
In der mit 2.500 Zuschauern erneut restlos ausverkauftem Halle waren die Schalker schon mit einem Paukenschlag gestartet. Beim 4:2-Sieg gegen den Vorjahresfinalisten MSV Duisburg sorgte vor allem "Micky" mit zwei Schüssen, die sich vielleicht auch S04-Chefciach Roberto Di Matteo mal genauer angucken sollte, für Raunen auf den Rängen. Schon nach dem 2:1 im zweiten Gruppenspiel gegen RWO waren die Königsblauen durch und gönnten im abschließenden Match gegen die "Mülheim AllStars" den Gastgebern ebenfalls den Sprung in die Vorschlussrunde.
In Gruppe A dominierten Bochum und Köln gegenüber Rot-Weiss Essen und Wattenscheid 09, wobei es unter den acht Teilnehmern kein wirklich hoffnungslos unterlegenes Team gab. "Wir sind ja mit unserer Traditionself bei vielen Turnieren, aber so ein hohes sportliches Niveau bei solch einer Stimmung wie hier beim NRW-Masters habe ich noch nie erlebt", staunte der Kölner Carsten Cullmann.
Und zurück am Dom, ist er auch weit genug weg, um sich in nächster Zeit keine Geschichten vom neuen Schalker Torhüter-Titanen anhören zu müssen...








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