Dennis Aogo, wie ist aktuell Ihre Verfassung nach der Verletzung?
"Ich bin sicherlich noch nicht wieder bei 100 Prozent, aber ich fühle mich gut. Ich glaube auch, dass mir diese Trainingswoche noch einmal richtig gut getan hat. Ob es schon reicht, um am Wochenende von Beginn an zu spielen, muss man abwarten."
Sie sagten kürzlich: "Manchmal muss ich mich bremsen" - war dieser Ehrgeiz auch die Ursache für Ihre Verletzung? Welche Gedanken hatten Sie im Trainingslager, als es passierte?
"Nein, mit Übereifer hatte diese Zerrung nichts zu tun, das ist eine Verletzung, die einem immer passieren kann. Natürlich war es für mich sehr ärgerlich, dass ich dann aus Katar abreisen musste. Ich bin sehr ehrgeizig und will nach einer Verletzung so schnell wie möglich wieder Fußball spielen. Andererseits hatte ich ja zuvor auch einen Kreuzbandriss, eine viel gravierendere Verletzung. Dagegen waren das fast 'Peanuts' - und ich war ja auch sehr schnell wieder zurück."
Wird es für Sie schwierig, jetzt wieder reinzukommen, zumal die Mannschaft sehr erfolgreich ist?
"Natürlich haben die Jungs das in den letzten Spielen sehr gut gemacht. Es hat sich aber auch gezeigt, dass der Trainer immer mal wieder Änderungen vorgenommen hat. Ich denke schon, dass ich gute Chancen besitze, demnächst auch mal wieder von Beginn an zu spielen."
Auch im neuen System mit Dreier- bzw. Fünferkette?
„Natürlich, denn ich habe in der Hinrunde nach der Systemumstellung ja auf der Sechser-Position regelmäßig gespielt. Das System passt mir persönlich also hervorragend.“
Wenn Sie bisherige Zeit auf Schalke Revue passieren lassen, sind Sie zufrieden mit Ihrer Bilanz?
„Definitiv. Ich habe zwar insgesamt acht Monate wegen meines Kreuzbandrisses gefehlt, aber ich habe mich hier von Anfang an sehr wohl gefühlt. Nach meiner Leihe waren sich ja auch beide Seiten, der Verein und ich selbst, sehr schnell darüber einig, dass wir die Zusammenarbeit fortsetzen wollen. Natürlich könnte man sich immer noch ein bisschen mehr erhoffen, noch besser spielen und noch erfolgreicher sein. Ich bin da auch sehr selbstkritisch und weiß, dass nicht alle Spiele, die ich für Schalke gemacht habe, perfekt waren. Ich bin zwar sehr ehrgeizig, dabei aber auch demütig. Ich finde, dass man ruhig einmal dankbar für das sein sollte, was man erreicht hat.“
Lässt sich das auch für den Verein Schalke 04 übertragen?
„Ich finde schon, denn ich habe etwas das Gefühl, dass das Vereinsumfeld nie mit dem Erreichten zufrieden ist. Wenn wir erfolgreich sind, dann spielen wir nicht schön genug. Dabei ist die Bilanz der letzten Jahre hervorragend, Schalke war immer in der Champions League dabei. Das wird meines Erachtens viel zu wenig gewürdigt.“
Ist Platz drei für diese Saison dann genau das richtige Ziel? Ehrgeizig zwar, aber auch nicht vermessen?
„Ich glaube, wenn wir am Ende Platz drei erreichen, dann hätten wir eine hervorragende Saison gespielt und ich bin auch fest davon überzeugt, dass wir das schaffen können. Aber auch das, was wir bisher erreicht haben, ist schon aller Ehren wert. Wir haben uns aus der zweiten Tabellenhälfte weit nach vorne gekämpft – und das bei riesigen Verletzungsproblemen. Das kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden und ist an sich schon eine beeindruckende Leistung.“
Inwiefern ist Schalke 04 ein besonderer Verein?
„Schalke hat eine riesengroße Tradition und unglaubliche Fans. Die Bedeutung des Vereins für die Region ist immens. Bei allem Respekt vor dem FC Schalke 04 kann ich aber auch nicht ganz verhehlen, dass mich auch die Zeit beim Hamburger SV sehr geprägt hat, ich war fünf Jahre lang dort und über den HSV lässt sich eigentlich das Gleiche sagen. Ich kann mir beispielsweise sehr gut vorstellen, nach meiner aktiven Karriere wieder nach Hamburg zu ziehen.“
Wann könnte das sein – beziehungsweise: Wie viele Jahre möchten Sie noch als Profi spielen?
„Darüber habe ich mir noch keine konkreten Gedanken gemacht. Im Fußball kann es ganz schnell gehen, das habe ich bei meinem Kreuzbandriss erfahren. Deshalb mache ich eigentlich gar keine so langfristigen Pläne.“
Wie beurteilen Sie Ihre Perspektive in der Nationalmannschaft?
"Auf diese Frage reagiere ich fast schon ein bisschen allergisch. Mein letztes Länderspiel ist eineinhalb Jahre lang her. Ich glaube nicht, dass Joachim Löw mit mir plant. Ich vermute, dass er vielmehr auf etwas jüngere Spieler setzt, auch wenn es auf der Linksverteidiger-Position in den Jahren zuvor immer Bedarf gab. Ich konzentriere mich also zu 100 Prozent auf meine Aufgabe im Verein.“
Am Mittwoch kommt Real Madrid nach Gelsenkirchen. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf diese Partie und wie stehen die Chancen für Schalke 04?
„Ich habe mich bei der Auslosung riesig über dieses Los gefreut, denn vor einem Jahr habe ich gegen Real Madrid ja verletzungsbedingt gefehlt. Jetzt würde ich natürlich unheimlich gerne dabei sein. Ich empfinde pure Vorfreude auf diese Partie. Angst empfinde ich gar nicht, auch wenn bei Real Madrid einige der besten Fußballer der Welt spielen. Denn Spiele gegen solche Gegner, das sind doch genau die, von denen man als kleiner Junge geträumt hat. Ich glaube auch nicht, dass wir chancenlos sind. Mit dem Gedanken gehe ich nie in eine Partie. Und es hat im Fußball schon viel größere Sensationen gegeben, als wenn sich Schalke sich gegen Real Madrid durchsetzen würde. Zunächst aber steht das Bundesliga-Spiel bei Eintracht Frankfurt an, solange spielt die Begegnung mit Real Madrid ohnehin gar keine Rolle.“
In letzter Zeit ist immer wieder von unüberlegten Aktivitäten von Fußball-Profis in den sozialen Netzwerken zu lesen. Auch Sie sind auf Ihrem offiziellen Facebook-Account recht aktiv, es erweckt aber den Eindruck, dass Sie zwar sehr persönliche Dinge posten, aber trotzdem sehr reflektiert und intelligent mit diesem Medium umgehen.
„Es geht mir dabei nicht darum, mich dort als Intellektuellen darzustellen. Ich nutze diesen Weg, um den Fans die Möglichkeit zu geben, ein bisschen mehr über meine Persönlichkeit zu erfahren. Obwohl wir sehr stark in der Öffentlichkeit stehen, entsteht oft ein verzerrtes Bild: Das Klischee des typischen Fußballprofis, der den ganzen Tag nur vor der Spielkonsole sitzt und sich vielleicht noch für Autos und Prestigegegenstände interessiert. Ich will zeigen, dass dieses Bild nicht stimmt, dass ich so nicht ticke. Da kommt auch der Begriff der Demut wieder ins Spiel. Auch wenn wir Fußballer wie alle anderen so unsere Sorgen haben, so führen wir doch ein sehr priviligiertes Leben. Es geht uns wesentlich besser als den meisten anderen Menschen auf der Welt. Daran sollte man immer wieder mal denken.“




















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