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Antisemitismus im Fußball
"Zwischen Abgrund und Aufbruch"

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Foto: Redemann

Nach etwa zwei Stunden endete am Montagabend die Veranstaltung "Zwischen Abgrund und Aufbruch" in der Neuen Synagoge in Gelsenkirchen.

Judith Neuwald-Tasbach war stolz. „Das bedeutet der jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen sehr viel“, erklärte sie mit Blick auf das Schalker Engagement gegen Antisemitismus zu Beginn der Veranstaltung am Montagabend im Gemeindezentrum mitten in der Altstadt.

Unter dem Motto „Zwischen Abgrund und Aufbruch“ wurde diskutiert, wie antisemitische Vorurteile im Fußball ein Ventil finden – und wie man ihnen begegnen sollte. „Hat das Thema überhaupt noch einen hohen Stellenwert? Kommt Antisemitismus heute überhaupt noch vor?“, fragte Gastgeberin Neuwald-Tasbach. Und ob! Sie erinnerte an den Anschlag auf das Gemeindezentrum in der Georgsstraße, der gerade mal ein paar Monate her ist.

Auch Referent Ronny Blaschke gab schnell eine eindeutige Antwort. „Diskriminierung ist tief im Fußball verankert und kann dort auch erlernt werden“, erläuterte der Autor und gab den etwa 100 Besuchern – darunter auch offizielle Vereinsvertreter von Schalke 04 – etliche Beispiele an die Hand. Es war ein regelrechtes Kabinett der Geschmacklosigkeiten, das zeigte dass der Fußball durchaus ein Problem hat. Sei es der Begriff „Jude“ als Schimpfwort, ein Hertha-Fanklub namens „Zyklon B“ oder das berüchtigte „U-Bahn-Lied.“ Spätestens, wenn Hooligans bei Spielen des TuS Sachsenhausen in der Brandenburgliga ein Banner mit der Aufschrift „Gas geben, Sachsenhausen!“ zeigen, dürfte klar sein, dass es nichts zu bagatellisieren gibt. „Ein Teil des Problems“ sei auch die Gleichgültigkeit der anderen Fans, befand Blaschke und forderte dazu auf, Zivilcourage zu zeigen, wenn man Zeuge von Straftaten mit antisemitischem oder anderem menschenfeindlichem Hintergrund wird.

Schalke ist keine „Insel der Glückseligen“

Aber ist Schalke 04 in dieser Hinsicht nicht ein Vorzeigeklub? Das schon – aber auch keine „Insel der Glückseligen“, wie Sozialarbeiter Markus Mau vom Schalker Fanprojekt erläuterte: „Zwar dürften homophobe Äußerungen eine größere Rolle spielen, aber wir sehen unsere Aufgabe auch darin, Aufklärung zu betreiben.“ Ganz nach dem bekannten Motto „Wehret den Anfängen!“ So organisiert das Fanprojekt Fahrten mit Ultras zur Gedenkstätte in Auschwitz; Jugendliche besichtigten im Rahmen eines Auswärtsspieles das einstige Konzentrationslager in Dachau. „Wir finden mit unseren Aktionen sehr viel Widerhall“, konnte Mau zufrieden bilanzieren.

Vielleicht liegt es auch daran, dass Ben Abelski, Fußballer jüdischen Glaubens, nur wenige Anfeindungen erlebt hat: „Es gab schon vereinzelte Beschimpfungen, aber es war in meiner Karriere kein ständiges Thema. Auf der anderen Seite bin ich auch immer sehr offen damit umgegangen und habe gegenüber meinen Mannschaftskameraden und Vereinen nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich Jude bin. Damit habe ich positive Erfahrungen gemacht.“

Habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich Jude bin

Ben Abelski

Auch die Schalker Fan-Ini bekennt seit dem ersten Tag Farbe. „Wir sind zu Beginn auch als Nestbeschmutzer gesehen worden. Der Vorwurf war der, dass wir die Politik doch erst ins Stadion bringen würden“, berichtete Susanne Franke. „Aber die Politik ist doch da“, lautete ihr klares Statement in Richtung derjenigen, die sich allzu gerne darauf zurückziehen, dass „Politik im Stadion nichts zu suchen“ habe – eine gerade unter Ultras weit verbreitete Position.

Es gibt also weiterhin viel zu tun. Die Gedenktafel an der „Tausend-Freunde-Mauer“, die an die verfolgten und ermordeten jüdischen S04-Vereinsmitglieder erinnert, hängt dort erst seit 2013 – 68 Jahre nach dem Ende der NS-Zeit.

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