Statt sich über Horst Heldts vermeintliche verfehlte Einkaufspolitik, Roberto Di Matteos grauenhaften Fußball oder vielleicht Klaas-Jan Huntelaars Torallergie zu ärgern, ist es doch viel schöner, sich von einem der Helden von früher Dönekes über Meisterfeiern erzählen zu lassen.
Zwei der noch wenigen lebenden Schalker Meisterspieler von 1958 – Willi Koslowski und Heinz Kördell – sind da, als die S04-Abteilung für Tradition und Fanbelange am Dienstag in den berühmten Zigarrenladen auf der Kurt-Schumacher-Straße 161 lädt.
In das erst vor kurzem zu einem liebevoll-nostalgischen Raum für königsblaue Denkmalpflege umgebaute frühere Geschäft, in dem einst Ernst Kuzorra und Reinhard „Stan“ Libuda Schalke-Tickets, Zeitschriften, Lottoscheine und Kippen verkauften, soll wieder Leben kommen. Da genau das auf der, trotz vieler löblicher Aktivititäten aus der S04-Fanszene, heruntergekommenen „Schalker Meile“ nicht so einfach ist, müssen Reizpunkte her.
Damit ist das großflächig gelb gestrichene Wohn- und Geschäftshaus hier schräg gegenüber an der Ecke zur Uechtingstraße eher nicht gemeint. „Schalke 04 hat ja vor einigen Jahren das ‚Kabinengespräch‘, bei dem sich jeweils ein S04-Vorstandsmitglied mit Fans in der Kabine in der Arena trifft, ins Leben gerufen. Daran wollten wir anknüpfen und haben, glaube ich, eine gute Auswahl getroffen.“
2:2 oder 1:1? Neee, 0:0!
Ein Dutzend Gäste, die sich für die Veranstaltung angemeldet haben, sind der gleichen Meinung. Neben „dem Schwatten“ Koslowski sitzt Rolf Nölle im Vorraum der wohl bekanntesten genau 42m² der Schalker Vereinsgeschichte.
Nölle, gerade 80 geworden, ist ein Unikum und reist den Schalker Mannschaften schon seit den 1950ern hinterher. Ihn einfach nur als Fan zu beschreiben, wäre in etwa so passend wie Jermaine Jones
Jermaine Jones» zum Profil als nächstes Mitglied für die Schalker Ehrenkabine vorzuschlagen.
Nölle weiß alles, und wenn Koslowski im Gedächtnis mal nach dem einen oder anderen Ereignis kramt, ist der Mann mit dem berühmten blau-weißen Anzug schon zur Stelle. „2:2“, sagt Nölle, als Koslowski von der WM 1962 in Chile und der heißen Partie gegen Italien erzählt.
„1:1 war das“, behauptet „der Schwatte“, schließlich sei er doch dabei gewesen. Kollege Google weiß es schließlich noch besser, „Micha“ Hacke schaut nämlich in seinem Smartphone nach und verkündet: „0:0 ist es ausgegangen“.
Heiner hört hin
Kördell, der von der Veranstaltung 50 Meter von seiner Wohnung entfernt gar nichts wusste und erst von einer Nachbarin in den Laden gelotst wird, hört sich das amüsiert an. „Heiner“ ist vielleicht auch ein ganz guter Geschichtenerzähler, aber so viele Leute um ihn herum braucht er dann doch nicht.
Das Ringen zwischen Nölle und Koslowski nach dem richtigen Ergebnis vor fast 53 Jahren hingegen ist nur einer von vielen launigen Momenten an einem kurzweiligen Abend, an dem nicht nur deshalb die Zeit wie im Flug vergeht, weil die beiden lebenden Zeitzeugen einer bewegten Schalker Geschichte rechtzeitig nach Hause wollen. Im Fernsehen läuft ab 20.30 Uhr ein Fußballspiel, echte Schalker allerdings wissen nicht, wer da gegen wen antritt...




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