Und natürlich hofft auch Pascal Thomee das nicht wirklich. Aber das Beispiel des Schweizers zeigt, wie groß die Verzweiflung und der Unmut der königsblauen Fangemeinde vor dem Spiel gegen den SC Paderborn ist.
Der 38-Jährige aus dem Kanton Solothurn ist Allesfahrer. Egal, wo die Knappen auflaufen, er ist da. 654 Kilometer hin und 654 Kilometer zurück legt er dafür an einem normalen Heimspielwochenende zurück, um seine Schalker spielen zu sehen. Woche für Woche, Jahr für Jahr. Auch am Samstag. Aber am Samstag will er das nicht wirklich. Zumindest wird er das Team in der ersten Halbzeit nicht unterstützen. Der Vorsitzende des Fanclubs „654 Kilometer Schalke“ schließt sich dem Boykottaufruf der Ultras Gelsenkirchen an. „Die Mannschaft ist in dieser Zusammensetzung ein seelenloser, zusammengekaufter Haufen“, fällt sein Urteil vernichtend aus. Die Suspendierungen von Kevin-Prince Boateng und Sidney Sam findet er richtig. „Aber man hätte sie erst gar nicht holen dürfen.“
Thomee wünscht sich, wie viele Schalker, nach dieser verkorksten Saison einen radikalen Neuaufbau. „Dann sollen sie doch lieber ein Jahr nicht international spielen und sich mit den jungen Leuten neu aufstellen“, meint er. Generelle Schweigeaufrufe findet er dagegen nicht so gut. „Bei uns im Fanclub kann jeder selbst entscheiden, ob er das Team am Samstag anfeuern will, oder nicht.“ Für ihn sei das aber die einzige Möglichkeit der Mannschaft auf direktem Weg zu zeigen, dass er mit dem bisherigen Auftreten nicht einverstanden sei. Der weit gereiste S04-Anhänger sucht die Verantwortung für die jetzige Misere auch eher bei Manager Horst Heldt, als bei Trainer Roberto Di Matteo. „Es kann doch nicht sein, dass jede Art von Trainern bei uns unpassend ist. Nein, ich glaube, bei der Zusammenstellung des Kaders wurden zu große Fehler gemacht.“
In den Schweizer Bergen zu bleiben, kam für ihn dennoch nicht in Frage, dazu ist sein Stolz zu groß. „Wie sagte schon Charly Neumann: In schlechten Zeiten, musst du zeigen, dass du ein Schalker bist, in guten Zeiten gibt es genügend davon. Aber Fan zu sein bedeutet ja auch nicht, zu allem nur „JA“ und „Amen“ zu sagen.“ Ist es Wut, die er verspürt? Es ist wohl eher dieses Gefühl, das man hat, wenn man sich von seiner großen Liebe enttäuscht fühlt. Am Freitagabend feierte er trotzdem in Gelsenkirchen zusammen mit 120 weiteren Fans auf dem Rhein-Herne-Kanal eine feuchtfröhliche Saisonabschlussparty. „Schalke ist eben weit mehr, als ein 1:0“, weiß er. Der Erlös der Veranstaltung ging an den Verein zur Förderung von Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Allgemeinchirurgie e.V. (FULAC) am Klinikum Hannover, der sich auf die Entwicklung von Therapien von Krebspatienten spezialisiert hat. Auch ein Fanclub-Mitglied ist davon betroffen.
„So hatte mein Wochenende wenigstens schon mal ein Erfolgserlebnis“, lacht er. Seinen Humor hat er trotz der Krise nicht verloren. Typisch Schalke. Am kommenden Donnerstag macht er sich auf den Weg nach Hamburg zum letzten Punktspiel der Knappen in dieser Saison beim Hamburger SV. Das sind dann schlappe 1000 Kilometer pro Weg. Unabhängig vom Ergebnis gegen Paderborn? „Ja, klar“, zuckt Thomee die Achseln: „Was denn sonst?“




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