Zur eigenen Unzufriedenheit mit der sportlichen Situation des Fußball-Zweitligisten kommt dann nämlich auch noch die Herausforderung hinzu, mit den eigenen Schützlingen deren Enttäuschung zu verarbeiten. Umso zufriedener sind die Mitarbeiter der Einrichtung, dass ihre Tätigkeit nun eine offizielle Würdigung gefunden hat: Für zunächst drei Jahre haben der 1. Vorsitzende Wolfgang Bernsen und sein Team das Qualitätssiegel für Fanprojekte erhalten. „Das ist eine Nachricht, auf die wir lange gewartet haben“, sagt der städtische Jugenddezernent Thomas Krützberg, früher selbst Vorstandsmitglied und immer noch eng mit dem Projekt verbunden. Wichtig sei, dass dadurch nun die pädagogische Arbeit der Duisburger Einrichtung zertifiziert ist: „Der Begriff Fanprojekt ist ja nicht geschützt. Es gab viele Vereine, die ein Fanprojekt hatten, das aber nicht pädagogisch gearbeitet hat. Daraufhin wurde dieses Siegel erdacht.“
Seit 1998 gibt es das Fanprojekt – mit dem vorrangigen Zweck, Radikalität und Gewaltbereitschaft präventiv zu bearbeiten. „Wir begleiten alle Auswärtsspiele, bieten bei den Heimspielen eine Anlaufstelle an der Arena an, haben außerdem zweimal in der Woche ein kostenloses Fußball-Angebot“, zählt Projektleiterin Rebecca Ellmann die Aktivitäten auf. Sie ist neben Andreas Vogt eine von zwei hauptamtlichen Mitarbeiterinnen. Diese Personalbesetzung hätte nicht ausgereicht, um das Qualitätssiegel zu erreichen. Seit diesem Jahr sind nun auch noch zwei hauptamtliche Fachkräfte mit halber Stelle dabei: Andreas Scholz und Tim Blumenthal. „Für mich ist das eine Herzensangelegenheit“, sagt Scholz, der selbst langjähriger MSV-Fan ist.
Uwe Bauer, 2. Vorsitzender des Projekts, betont die Eigenständigkeit: „Wir fangen die jungen Leute anders auf, als es der MSV tut. Unsere Arbeit ist wie Streetworking zu verstehen, es geht um die Fanbelange.“ Dass diese bisweilen in Kontrast zu den Interessen des Profivereins stehen, liegt in der Natur der Sache. „Natürlich gab es da immer mal wieder Reibungsprobleme, weil der MSV natürlich vor allem kommerzielle Interessen hat und wir dazu da sind, die Fans zu unterstützen. Inzwischen haben wir aber einen guten Kontakt zum Verein. Man muss nicht immer sofort die Boxhandschuhe auspacken“, sagt Rebecca Ellmann augenzwinkernd.
Naturgemäß gibt es auch Situationen, in denen das Fanprojekt überfordert ist. Als am Freitag nach dem 0:2 gegen Heidenheim die Stimmung in der Kurve in den unangenehmen Bereich wechselte, hätten die Mitarbeiter bei einer Eskalation wenig ausrichten können. „Wir sind eine Handvoll Sozialarbeiter. Da ist es klar, dass wir uns nicht mit dem Superheldenschild davorstellen“, so Rebecca Ellmann. Gleichwohl seien die Konflikte der Fans untereinander zuletzt weniger geworden, stellt Andreas Scholz heraus: „Die verschiedenen Gruppen nähern sich einander wieder an, das ist ein gutes Zeichen.“ Hilfreich sei auch das zu Beginn des Jahres zusammen mit der Ultra-Gruppierung PGDU und dem MSV erarbeitete Bewährungsmodell für Fans, die von einem Stadionverbot betroffen sind.




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