Hans-Joachim Watzke hat eine gewisse Routine: Zum fünften Mal steht der Geschäftsführer mit Borussia Dortmund am Saisonende in einem großen Finale - am Samstag steht das DFB-Pokalfinale gegen den FC Bayern München an (20 Uhr, ARD, Sky und in unserem Ticker). Und trotz aller Erfahrung: Auch beim BVB-Boss steigt das Kribbeln. Ein Gespräch über große Siege und die Kunst des Verlierens.
Herr Watzke, welche Gefühle löst das Datum 12. Mai in Ihnen aus?
Im ersten Moment gar nichts. Was war denn da?
Wirklich nicht? Der 12. Mai 2012?
Ach, war das Finale an dem Tag? Der Tag löst schon eine ganze Menge aus. Aber ich wusste nicht mehr, um welches Datum es sich handelt.
Wir hätten gewettet, dass Sie solche Daten immer griffbereit haben.
Nein, ich verarbeite Erfolge relativ schnell. Es nützt nichts, wenn man sich dann noch jahrelang auf die Schultern klopft. Drei Wochen später war das schon Geschichte, weil ich wusste, was darauf folgen würde. Denn dieses 5:2 war zu krass. Wir haben die Bayern damit ziemlich angestachelt. Sie haben ihre Mannschaft noch einmal dramatisch aufgerüstet.
Und Ihnen einige Niederlagen beigebracht. Sind Sie ein guter Verlierer?
Nein. Definitiv nicht. Ich tue nach außen so, aber nach innen ist das garantiert nicht so. Dennoch habe ich es immer geschafft, dem Gegner zu gratulieren, da kann ich mich dann zusammenreißen. Ich mache das dann anschließend ganz allein mit mir aus – und das dauert dann Tage. Nach ganz harten Niederlagen auch mal eine Woche.
Wie sieht das dann aus?
Ich isoliere mich. Nach solchen Misserfolgen oder Finalniederlagen suche ich nicht die Öffentlichkeit. Ich habe einmal eine Ausnahme gemacht: 2014 nach der Pokalniederlage wusste ich am nächsten Nachmittag nicht, was ich machen sollte, und mein Sohn spielte in der Nähe. Da habe ich gedacht: Da fährst du jetzt hin. Aber ich habe mich komplett verkleidet. Mit Kappe und Sonnenbrille. Dann habe ich mich irgendwo auf den obersten Tribünenrang gesetzt, ganz nach außen an die Eckfahne. Und das hat auch wunderbar funktioniert, es hat mich keiner erkannt.
Haben Niederlagen Sie immer schon so mitgenommen?
Wir haben als Kinder nicht oft verloren, weil wir eine außergewöhnlich gute Mannschaft hatten. Aber wenn wir verloren haben, habe ich so bis zum Alter von 14 zu Hause ab und an erst einmal eine halbe Stunde geflennt. Verlieren konnte ich definitiv noch nie gut.
Wenn wir verloren haben, habe ich so bis zum Alter von 14 zu Hause ab und an erst einmal eine halbe Stunde geflennt
Hans-Joachim Watzke
Die großen Niederlagen und Siege gab es meist gegen die Bayern. . .
Das ist ja auch der Punkt, warum die Final-Bilanz scheinbar so schlecht aussieht. Wenn du gegen die Bayern spielst, hast du als Bundesligamannschaft in der Regel eh keine Chance. Borussia Dortmund hat immer eine Chance, aber sie ist natürlich nie über 50 Prozent, sondern relativ sicher darunter, weil Bayern einfach so stark ist. Aber wir haben die Chance, und irgendwann werden wir sie auch sicher wieder nutzen. Mein Gefühl ist, dass wir in diesem Jahr dran sind.
Sie waren dieses Jahr wieder auf Schlagdistanz. Macht das Mut?
Wir haben ja immer ein Problem: Je näher wir rankommen, desto größer werden wieder die Versuche, uns irgendwelche Spieler zu entlocken. Das ist auch normal. Ich habe mich früher, als ich das Ganze noch emotionaler gesehen habe, mehr darüber aufgeregt als heute. Heute ist es einfach so.
Im Fall Mats Hummels verlieren Sie einen Top-Sportler – und Anführer.
Das ist kein Problem. Ich glaube, dass Mats, so wie er als Kapitän aufgetreten ist, immer von einem Kollektiv umgeben war. Er war nicht der Spieler, der das so dominant geprägt hat, dass alle anderen keine Luft mehr bekommen haben. Marco Reus
Marco Reus» zum Profil ist sein Stellvertreter, aber speziell auch Sven Bender
Sven Bender» zum Profil und Marcel Schmelzer
Marcel Schmelzer» zum Profil haben in den vergangenen Monaten schon Kapitänsaufgaben mit übernommen.
Und wenn es schlecht läuft und die Mannschaft jemanden braucht, an dem sie sich aufrichten kann? Hummels hat diese Haltung.
Die hat er, absolut. Und jetzt müssen andere in diese Rolle schlüpfen. Aber ich sehe da schon Spieler, die das können. Julian Weigl
Julian Weigl» zum Profil ist gerade völlig zu Recht zur Nationalmannschaft gestoßen. Das ist ein Spieler, dem ich in den kommenden Jahren genau so eine Rolle zutraue. Auch Marcel Schmelzer hat einen unheimlich großen Stellenwert bei uns. Ich glaube nicht, dass es uns an Persönlichkeiten mangelt. Außerdem werden wir in diese Richtung auch noch transfertechnisch ein bisschen etwas tun.




Hinweis:
Um Kommentare schreiben zu können, musst du eingeloggt sein. Falls du noch nicht angemeldet bist, kannst du dich hier kostenlos anmelden.
Login via Facebook
Der Login via Facebook erleichtert Ihnen die Anmeldung