Die Zebras müssen einen 0:2-Rückstand wettmachen. Dass das alles andere als einfach wird, hat bereits das erste Spiel in Unterfranken bewiesen. Wir sprachen vor dem Endspiel für den MSV mit Tomasz Hajto. Der 43-jährige Pole ist aktuell Kommentator für Eurosport sowie Polsat und wird die Europameisterschaft für die polnischen Sender kommentieren. Bevor es für den populären "Gianni", der zwischen 1997 und 2000 das MSV-Trikot trug, nach Frankreich geht, wird er am Fernsehen mit dem MSV zittern.
Tomasz Hajto, wie haben Sie das Hinspiel in Würzburg erlebt?
Das Spiel wurde im polnischen Eurosport-Kanal übertragen und ich habe das natürlich verfolgt. Zuvor habe ich schon meinen Ex-Klub Nürnberg in Frankfurt kommentiert. Während mich das Ergebnis des Clubs erfreute und positiv stimmt, muss ich sagen, dass Duisburg mir große Sorgen macht.
Warum?
Der MSV hat in Würzburg einfach schlecht ausgesehen. Ich habe nicht erkennen können, dass sich die Spieler für den Meidericher Spielverein und für die Stadt Duisburg zerreißen. Hier geht es doch nicht um einzelne Schicksale, sondern um den MSV! Ich glaube, dass das noch nicht alle Spieler erkannt haben. Am Ende kann sich der MSV glücklich schätzen, dass das Spiel nur 0:2 verloren ging.
Dabei haben die vergangenen Spiele so viel Hoffnung gemacht. Wie das gegen RB Leipzig...
Man muss solche Spiele auch richtig einordnen: Gegen Leipzig hatte der MSV auch ein wenig Glück. Zudem war RB schon durch. Da spielte Duisburg vieles in die Karten. Dagegen offenbarte das erste Endspiel in Würzburg die Schwächen der Mannschaft. Das sind dann aber auch Konsequenzen einer ganzen Saison. Das ist kein Zufall, dass der MSV 16. geworden ist. Ilia Gruev hat wirklich gute Arbeit geleistet, weil er den totgesagten MSV wieder zum Leben verholfen hat. Aber zaubern kann auch er nicht. Die Qualität der Mannschaft ist bescheiden.
Ich habe nicht erkennen können, dass sich die Spieler für den Meidericher Spielverein, für die Stadt Duisburg zerreißen. Hier geht es doch nicht um einzelne Schicksale sondern um den MSV! Ich glaube, dass das noch nicht alle Spieler erkannt haben
Tomasz Hajto
Wo sehen Sie die großen Schwächen im Kader?
Ich sehe keine echte Ausrichtung in der Arbeit von Ivica Grlic. Nach den Lizenzproblemen konnte der MSV wieder aufsteigen. Diese große Chance muss man dann meiner Meinung nach ganz anders angehen. Die Euphorie hätte anders genutzt werden müssen. Man hat aus den Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt. Es sind zu viele Mitläufer im Kader, die weder Qualität noch den Kampfgeist haben. Als mich Duisburg nach Deutschland geholt hat, war ich auch nicht hoch talentiert. Ich war aber ein Malocher-Typ, ein ehrlicher Arbeiter, der sich mit Herz und Seele für den Verein den Arsch aufriss. Deshalb standen wir auch 1998 im DFB-Pokalfinale und haben später am Intertoto-Cup teilgenommen. Dabei hatten wir, qualitativ gesehen, keine überragende Mannschaft. Wir waren aber eine verschworene Mannschaft mit Herz. Das fehlt mir heute. Und das ist meiner Meinung nach auch keine Budget-Frage. Der MSV ist vom Potential her ein Erstligist. Das Stadion, die Fans, die Stadt, das sind tolle Voraussetzungen. Da gibt es viele Spieler, die ihr letztes Hemd für den Verein geben würden. Davon bin ich überzeugt.
Wie hoch schätzen Sie die Chancen im Rückspiel ein?
Es muss schon alles passen. Mich hat der Fußball aber gelehrt immer an alles zu glauben. Ich habe mit Schalke ein paar Minuten die Meisterschaft gefeiert bis Patrick Andersson in der Nachspielzeit das Tor für die Bayern geschossen hat. Ich habe das Spiel der Bayern in Barcelona gegen Manchester in Erinnerung und viele andere enge Duelle. Es ist alles möglich. Der MSV kann mit seinen geilen Fans Würzburg auch aus dem Stadion schießen. Das wünsche ich dem Klub von ganzem Herzen.
Was passiert, wenn der MSV wirklich absteigen sollte?
Das wäre ein großer, großer Rückschlag für Duisburg. Ich glaube nicht, dass man dann wieder so schnell aus der 3. Liga rauskommen würde. Ich kann aber auch wirklich einige Entscheidungen nicht nachvollziehen. Wie kann man schon vor Wochen sagen, dass der Trainer auch bei einem Abstieg weitermachen darf? Im Fußball geht es um Erfolg und Siege. Die Fans sollen glücklich gemacht werden. Wenn es nicht klappt, dann muss man auch die Konsequenzen ziehen und neue Leute ranlassen. Ivica Grlic hat meiner Meinung nach auch zu lange an Gino Lettieri festgehalten. Da sollte es keinen Aufstiegsbonus oder so etwas geben. Einen Bonus gibt es in diesem Geschäft nicht. Vielleicht wäre der MSV nicht in dieser Situation, wenn der Trainerwechsel früher erfolgt wäre. Worauf ich hinaus will ist, dass bei einem Abstieg alles überdacht werden muss - auch die Personalie Grlic. Er ist für die Trainer und den Kader verantwortlich. Höchstwahrscheinlich einen Abstiegskader. Sollte das am Ende wirklich eintreffen, dann muss Grlic gehen. Der Neustart in der 3. Liga geht dann nur mit einem neuen Mann.
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