Manch einer wird den Schalke-Boss im Messezentrum seiner ostwestfälischen Heimatstadt Rheda-Wiedenbrück auch nach seiner Zukunft fragen. Sie entscheidet sich in den nächsten Wochen: Am 26. Juni stellt sich der Aufsichtsratschef auf der Jahreshauptversammlung der Königsblauen zur Wiederwahl, währenddessen läuft die Schlichtung im Familienstreit um sein Fleisch-Imperium.
Dennoch will Tönnies unbeschwert feiern. "Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun", betont er im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID). Ob der Milliardär auch künftig die Geschicke von Schalke 04 lenken darf, ist aber längst nicht so sicher wie in den vergangenen Jahren. Die Kritik der Fans, vor allem aus der Nordkurve, war zuletzt laut und unmissverständlich - mit Pfiffen und Transparenten. Der Chef persönlich wurde für die ständige Unruhe beim Traditionsverein verantwortlich gemacht.
"Wenn es nicht lief, habe ich mich immer eingebracht und Verantwortung übernommen. Daraus einen Vorwurf zu konstruieren, kann ich nicht nachvollziehen", sagt Tönnies: "Ich habe im vergangenen Jahr angekündigt, mich öffentlich zurückzunehmen, ich habe Wort gehalten." Seine Kritiker habe er "lokalisiert" und hätte sich "gerne mit ihnen an einen Tisch gesetzt. Ich habe mich intensiv darum bemüht, aber meine Gesprächsangebote sind ausgeschlagen worden."
Es sei "nicht angenehm, von 2000 Fans verbal angegangen zu werden - aber es sind nur 2000 von 60.000". Auf der anderen Seite erhalte er "ungeheuren Zuspruch in Zuschriften, Briefen und E-Mails, die mich unterstützen".
Um auf der JHV wiedergewählt zu werden, muss er erst zur Wahl zugelassen werden. In den vergangenen Jahren waren mehrere Aufsichtsräte auf diesem Weg schon vor dem Votum der Mitglieder gescheitert. "Ich bin Demokrat und kenne unsere Satzung. Der Wahlausschuss wird es einschätzen können, was ich für Schalke geleistet habe, und eine vernünftige Entscheidung treffen."
Seit 1994 ist Tönnies im Schalker Aufsichtsrat, seit 2001 dessen Vorsitzender. Der siebenmalige deutsche Meister hat sich in dieser Zeit als Europapokal-Stammgast etabliert, die Schale aber mehrmals knapp verpasst.
Wirtschaftlich sind die Königsblauen zum Schwergewicht geworden. "Es ist uns gelungen, den Wert von Schalke 04 auf über 600 Millionen Euro zu bringen, davon hätte vor zehn Jahren niemand geträumt", so Tönnies. Die 2010 auf 245 Millionen angestiegenen Verbindlichkeiten seien "halbiert" worden.
Kontinuität im sportlichen Bereich ist allerdings nie eingekehrt. Der designierte Trainer Markus Weinzierl wird - inklusive aller Interimscoaches - der 20. seit 2001 sein. Mit Christian Heidel, den Tönnies für "einen der besten Manager" hält, soll beim x-ten Neubeginn endlich Ruhe einkehren.
Im Machtkampf mit seinem Neffen Robert um das Familienunternehmen mit sieben Milliarden Euro Jahresumsatz, in der "Schlacht der Schlachter", setzt Tönnies auf eine außergerichtliche Einigung. Ein früherer Oberlandesrichter soll schlichten. "Ich bin guter Hoffnung, dass wir dank der Mediation endlich eine vernünftige Lösung finden."



