Carsten Cramer hat viel zu tun dieser Tage: Der Marketingdirektor von Borussia Dortmund muss einiges planen. Am Mittwochabend nämlich geht es für den BVB erneut nach Asien. Nach Japan, Malaysia und Singapur im Jahr 2015 ist nun China das Ziel. Ein paar Minuten Zeit zum Interview aber nimmt sich Cramer, erklärt, warum der BVB die Tour auf sich nimmt – und spricht über die schwierige Gratwanderung zwischen Shanghai und Erkenschwick.
Herr Cramer, am Donnerstag herrschen in Shanghai 36 Grad und 66 Prozent Luftfeuchtigkeit. Klingt nicht nach dem idealen Ort für einen Fußballverein.
Wenn man die Frage so beginnt, stimmt das. Da wir aber im vergangenen Jahr in Singapur und Malaysia schon mit diesen Rahmenbedingungen konfrontiert wurden, haben wir eine gewisse Erfahrung und wissen, wie wir uns diesen klimatischen Herausforderungen stellen können. Wir sind gut vorbereitet.
Warum reisen Sie denn überhaupt nach Asien?
Die Reise ist Bestandteil einer langfristigen Internationalisierungsstrategie. Wir haben Asien als einen großen Zielmarkt für uns erkannt. Und dann geht es natürlich nicht nur um die Übertragung von Bundesligaspielen und Champions-League-Spielen. Man muss auch regelmäßig vor Ort sein. Das Wissen um die Begeisterung der Chinesen für den europäischen Fußball und die sicherlich außergewöhnliche Chance, nicht übers Land ziehen zu müssen, sondern in zwei Metropolen gegen zwei europäische Spitzenvereine spielen zu können, hat am Ende dazu geführt, dass wir die Einladung zu diesem Turnier gerne angenommen haben.
"Wir möchten einen nachhaltigen Fußabdruck in China hinterlassen"
Carsten Cramer
Welche konkreten Hoffnungen verknüpfen Sie mit einer solchen Reise? Gewinnen Sie neue Sponsoren, steigern Sie die Erlöse im Merchandising?
Eines unsere Kernschlagworte ist Nachhaltigkeit. Wir zielen nicht, wie viele Engländer, auf kurzfristige Erlöse ab, frei nach dem Motto: reinrauschen, ein hohes Antrittsgeld kassieren und dann schnell weg aus dem Markt. Wir wollen dort langfristig Fuß fassen. Wir sind als Borussia Dortmund in diesem Bereich sicherlich noch nicht auf dem Niveau von Real Madrid oder auch Manchester United. Aber wenn wir jetzt vor Ort gegen Manchester United spielen können, profitieren wir sicherlich auch übermäßig davon und mehr, als wenn wir gegen einen chinesischen Zweitligisten spielen würden.
Also geht es um langfristige Ziele?
Genau. Wir wollen Bekanntheit aufbauen, ob im Sponsoring oder mit unserer Fußballschule. Unser Ausrüster Puma und unser Hauptsponsor Evonik haben ein sehr großes Interesse daran. Evonik beispielsweise hat seine China-Zentrale in Shanghai und bringt sich bei dieser Reise sehr stark ein. Wir möchten mit dieser Reise einen nachhaltigen Fußabdruck in China hinterlassen.
Leidet darunter nicht der Heimatmarkt?
Wenn wir uns jetzt nur noch um Asien kümmern würden und nicht mehr in Deutschland vertreten wären, wäre das der falsche Weg. Man muss das sensibel ausbalancieren. Es darf nie die Frage sein: Shanghai oder Freundschaftsspiel in Erkenschwick. Es muss immer heißen: Shanghai und Erkenschwick, weil man die Heimat niemals vernachlässigen darf.
Wer aber den BVB in diesem Sommer öffentlich trainieren sehen wollte, musste in die Kitzbühler Alpen fahren – oder nach China.
Das finde ich überspitzt formuliert. Ich kann die Sorge nachvollziehen, und es ist unsere Aufgabe, dass man Borussia Dortmund auch weiterhin hier in der Region anfassen kann. Wir haben den Vorteil, dass wir hier ohnehin zwischen 20 und 25 Heimspiele austragen, die hat der Fan im Ausland nicht. Der konsumiert Borussia Dortmund nur über die digitale Welt und das Fernsehen. Wenn es so wäre, dass wir nicht mehr zu Hause wären, nicht mehr in Erkenschwick oder Wuppertal spielen, keine Autogramme mehr schreiben und stattdessen zu einer geschlossenen Gesellschaft verkommen würden, könnte ich die Kritik verstehen. Aber: Die Sorge ist unbegründet.
Auch der Trainer macht keine Freudensprünge über eine neuntägige Reise nach China.
Wir alle wissen, dass das eine Herausforderung ist und Anstrengung erfordert. Aber wir wollen als Verein weiter wachsen und das Wachstum fällt nicht vom Himmel. Dafür muss man ein paar Anstrengungen unternehmen. Ich bin zuversichtlich, dass wir einen Kompromiss gefunden haben, der für uns alle mehr als zufriedenstellend ist.




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