Die Busfahrt zum Flughafen, der Gang zum Check-In vorbei an Fans und Journalisten, der Einstieg in den Mannschaftsflieger, wo die ersten Reihen für die Offiziellen, die letzten Reihen für Journalisten und Fans und die dazwischen für die Spieler von Borussia Dortmund reserviert sind. Dass Felix Passlack auf einem dieser Sitze Platz nimmt, wenn sich der BVB-Tross am Donnerstag auf den Weg ins Trainingslager im spanischen Marbella macht, überrascht niemanden mehr – es ist schlicht Normalität.
Vor einem Jahr war das noch anders. Da fuhr Passlack auch schon mit ins Trainingslager der Profis nach Dubai – und der damals 17-Jährige kehrte als festes Mitglied des Profikaders zurück. Trainer Thomas Tuchel und Sportdirektor Michael Zorc hatten entschieden: Der Allrounder, der im Mittelfeld alle Positionen bekleiden kann und auch als Außenverteidiger zurechtkommt, wird aus der U19 befördert.
Es war der weitere Schritt einer Entwicklung, die bis dahin nur eine Richtung kannte: steil bergauf. Passlack, der Bottroper Junge, der beim SV Fortuna das Fußballspielen lernte, der mit zwölf zu Rot-Weiß Oberhausen wechselte und zwei Jahre später zu Borussia Dortmund. Und das als Fan des großen BVB-Rivalen Schalke 04, der in königsblauer Bettwäsche schlief, der regelmäßig Spiele in der Arena besuchte und der auch ein Angebot der Knappenschmiede vorliegen hatte. „Aber in Dortmund hat es eben direkt gepasst“, erinnert er sich später, als er noch einmal zurückkehrt zu seinen Wurzeln an der Bottroper Rheinbabenstraße. „Ich habe mich dort schon beim Probetraining wohlgefühlt.“
Die Entscheidung entpuppt sich als goldrichtig: Zweimal, 2014 und 2015, wird er Deutscher Meister mit der B-Jugend, im Juni 2016 mit der A-Jugend. Obwohl er noch Jung-Jahrgang ist, führt er die Mannschaft als Kapitän ins Finale, erzielt im Schnitt ein Tor pro Spiel – und ist beim 5:3-Sieg über die TSG-Hoffenheim im Finale an allen Treffern beteiligt.
Der Hype um das 1,70 Meter kleine Kraftpaket ist schon vorher riesig. Als er die deutsche U17-Nationalmannschaft im Sommer 2015 ins Europameisterschaftsfinale führt, wird Passlack als neuer Mario Götze gefeiert. Er schießt drei Tore, holt zudem die Fritz-Walter-Medaille in Gold als bester deutscher Nachwuchsspieler seines Jahrgangs.
Anfang 2016 dann die Beförderung zu den Profis, gemeinsam mit dem ebenfalls erst 17 Jahre alten Christian Pulisic. „Wir sind von Anfang an sehr gute Freunde gewesen“, erinnert der sich. „Dass wir zusammen zu den Profis gewechselt sind, dass ich nicht alleine als Jüngster dazu kam, hat mir sehr geholfen.“
Doch während Pulisic auch bei den Profis durchstartet, stockt Passlacks Entwicklung – erstmals. Nur drei Pflichtspiele macht er, zwei davon von Beginn an. „Das erste halbe Jahr war so mittelmäßig“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung über jene Zeit, die er inzwischen als „Eingewöhnungsphase“ bezeichnet.
Die ist spätestens an einem Abend im November vorbei. Passlack, inzwischen 18 Jahre alt, hat gerade sein zweites Champions-League-Spiel bestritten, beim wilden 8:4-Heimsieg gegen Legia Warschau. Und er hat seinen ersten Treffer in der Königsklasse erzielt, hat Julian Draxler als bislang jüngsten deutschen Torschützen abgelöst. Den Triumph hat er ausgekostet, erst vor der Südtribüne, dann in der Kabine. Erst nach Mitternacht erscheint er in einem der zugigen Gänge im Bauch des Stadions. Er grinst breit, natürlich. „Das ist einfach überragend“, sagt er über seinen Treffer. „Das Spiel wird natürlich auf ewig im Kopf bleiben.“ Überhaupt: „Seit dem Sommer sieht es ganz gut aus.“
Lukasz Piszczek nämlich steigt wegen der EM spät ins Training ein, fehlt zunächst. Matthias Ginter ist bei den Olympischen Spielen. Und so spielt sich Passlack als Rechtsverteidiger fest. Nicht immer fehlerfrei, nicht immer souverän. Aber immer couragiert, immer mit vollem Einsatz. So bringt man das leidenschaftliche Dortmunder Publikum auf seine Seite. Als Piszczek zurückkehrt, werden die Einsätze weniger – aber immerhin stehen bis Winter 13 Pflichtspiele und insgesamt 978 Minuten zu Buche.
Darunter jene 90 gegen Warschau – wenn es nach Passlack geht, eher Start- als Höhepunkt der Karriere. „Ich hoffe einfach nur, dass es so weitergeht“, wünscht sich der 18-Jährige vom Jahr 2017. „Dass ich verletzungsfrei bleibe und meine beste Leistung auf dem Platz zeigen kann.“
In Marbella will er ab Donnerstag den Grundstein dafür legen.




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