Es sind Utensilien der Macht, denn sie verwandeln den Träger zum Herrn über Zeit und Qual. Als Thomas Tuchel aber am Montagmittag die Einheit seiner Profis von Borussia Dortmund abpfiff, da wirkte er trotz seines Halsschmucks nicht, als ginge irgendeine Gefahr von ihm aus. „Gute Einheit, Jungs“, sagte er, um sich dann sogar noch nach oben zu korrigieren: „Sehr gute Einheit.“ Einer seiner Adressaten: Marco Reus. Allein das machte diesen Tag im schwarz-gelben Fußball-Kosmos zu einem guten Tag.
Denn Reus war es, der im Trainingslager in Marbella kaum ein Mannschaftstraining mitgemacht hatte. Als er auch die Testpartie gegen Standard Lüttich (3:0) wegen muskulärer Probleme verpasste, sagte Tuchel, dass er sich „zwinge, mir deswegen keine Sorgen zu machen“. Zumal: Im Fall Reus ist es leicht, sich Sorgen zu machen. Zu umfangreich ist seine Krankenakte, zu anfällig sein Körper. Erst kurz vor der Winterpause gelang ihm nach erneut monatelanger Verletzungspause die mit Toren und Vorlagen versehene Rückkehr. Den Ausnahmekönner erneut länger ersetzen zu müssen, war eine fürchterliche Vorstellung für den Trainer, die sich nun als unbegründet entpuppt. Reus ist da.
Seine Leistungsfähigkeit dürfte beim Testspiel beim Drittligisten SC Paderborn am Dienstagabend (18.30 Uhr) erneut abgeprüft werden, und wenn nichts dazwischen kommt, dann ist der 27-Jährige auch dabei, wenn am Wochenende die Bundesliga wieder die Vorhänge öffnet. Der BVB tritt in Bremen an. Spiel 1 einer neuen Zeitrechnung für den Trainer. Er steht unter verschärfter Beobachtung. Tuchel selbst hat das Ziel ausgerufen, es lautet, „eine Aufholjagd in der Bundesliga zu starten“. Dazu braucht er einen seiner Schlüsselspieler, der Reus ist. Dessen Fehlen und die langfristigen Unpässlichkeiten der Herren Raphael Guerreiro, André Schürrle und Sven Bender – um nur drei zu nennen – machten die erste Saisonhälfte zu einem Auf und Ab der Gefühle zwischen schwerelos und lastschwer.
Die Neuzugänge? Brauchten Zeit, sich zu akklimatisieren, sich und die anderen zu finden. In der zweiten Saisonhälfte, wenn Tuchel wichtige Spieler wieder gesund zur Verfügung stehen und die Eingewöhnung der Neuzugänge fortgeschritten ist, wird es keine Alibis mehr geben, die dem Trainer mildernde Umstände verschaffen in der Frage, wie um Himmels Willen der hoch bezahlte Kader des BVB in der Tabelle hinter Mannschaften wie Eintracht Frankfurt und Hertha BSC stehen kann. Platz drei, der den Zugang zur prestige- und geldträchtigen Champions League sichert, ist der Anspruch. Weniger darf es nicht sein. Mehr dafür immer.
Doch ist das wahrscheinlich? Der Rückstand auf die Bayern und RB Leipzig wirkt bei der Qualität der Kontrahenten durchaus beeindruckend. Der Aufsteiger aus Sachsen fidelte jüngst im Test die Glasgow Rangers mit 4:0 vom Feld. Neben Frankfurt sowie Berlin steht auch 1899 Hoffenheim noch vor dem BVB, verlor keine Bundesligapartie, gewann alle Testspiele, muss aber damit leben, dass die erfolgreiche Mannschaft auseinanderbröckelt.
Der Abschied von Niklas Süle und Sebastian Rudy zu den Bayern ist beschlossen. Ob dies das Innenleben des Teams beeinflusst? Es ist zumindest – eine Gefahr.




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