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Leipzig
Darum ist RB das Feindbild der Traditionalisten

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Mateschitz, Mateschitz
Foto: Getty Images

Einmal mehr hat das Wochenende bewiesen, wie unbeliebt, in Dortmund schon verhasst, RB Leipzig ist. Wir erklären, warum das so ist.

Die Premiere war kein Erfolg. In jeglicher Hinsicht. Rasenballsport Leipzig trat damals im Jahre 2009 bei der zweiten Mannschaft von Carl Zeiss Jena an. Fünfte Liga, ein Nebenplatz, 800 Zuschauer. Viele von denen standen zu nah dran am Geschehen, als dass sich noch hätte verhindern lassen, was passierte. Leipzigs Spieler wurden bespuckt, zum Teil tätlich angegriffen. Sie flüchteten nach dem Schlusspfiff ungeduscht in den Mannschaftsbus und verschwanden.

Zwischen dem ersten und dem jüngsten Eintrag in der Vereinshistorie liegen nun fast acht Jahre. In Dortmund, beim Bundesligaspiel des BVB gegen Leipzig, waren Fans übel attackiert worden, waren Vereinsverantwortliche persönlich beleidigt und Spieler beschimpft worden. Das Trikot mit dem Bullen genügt offenbar, um Feindbild zu sein. Aber warum? Woher kommt der Hass so vieler Menschen? Was macht Leipzig für so manchen abscheulicher als Bayern, Berlin oder Hamburg?

Der wohl wichtigste Grund trägt gern Hemd und Dreitagebart: Dietrich Mateschitz, 72 Jahre alt, Österreicher. Nicht irgendeiner, sondern der reichste. Auf mehr als zehn Milliarden Euro wird sein Vermögen geschätzt. Das hat er mit einem Energydrink erwirtschaftet, der angeblich Flügel verleiht: Red Bull. Zielgruppe: junge, dynamische Vielleister. Das Unternehmen engagierte sich lange nur in Extremsportarten. Bis Mateschitz den Fußball als Vehikel für seine Weltmarke entdeckte.


Chronologie der Angriffe auf RB Leipzig
Juli 2009: Im Stadion in Markranstädt, also dem Klub, dessen Startberechtigung RB Leipzig aufkaufte, zerstört ein Unkrautvernichtungsmittel Teile des Rasenplatzes, um die Präsentation des neuen Fünftligisten zu stören.
März 2013: Fans des Halleschen FC bewerfen den Mannschaftsbus von RB Leipzig mit Flaschen. 500 Polizisten müssen die beiden Fangruppen nach Spielschluss trennen.
März 2015: Karlsruher Ultras stürmen ins Leipziger Teamhotel. Polizei muss anrücken, um Ruhe herzustellen.
März 2015: RB sagt ein Jugend-Trainingscamp in Halle/Saale aus Angst, es könnte gestürmt werden, ab.
August 2016: Ultras von Dynamo Dresden werfen beim DFB-Pokalspiel einen abgetrennten Bullenkopf in den Stadion-Innenraum.
September 2016: Fans des 1. FC Köln halten den Leipziger Mannschaftsbus mit einer Sitzblockade auf. Das Spiel beginnt deswegen erst mit Verspätung.
November 2016: Der Leipziger Bus wird beim Auswärtsspiel in Leverkusen mit Farbbeuteln beworfen.
Februar 2017: Chaoten des BVB greifen friedliche Fans an und beleidigen mit Plakaten Spieler und Funktionäre

Die Tradition stand ihm schon damals im Weg. In Düsseldorf hätte er sich einen Einstieg vorstellen können, doch dort gingen die Traditionalisten auf die Barrikaden. Daher kaufte er 2009 dem SSV Markranstädt, einem kleinen unbekannten Klub aus Sachsen, das Startrecht für die Oberliga ab. Der sportliche Siegeszug begann. Mit den Mateschitz-Millionen und der Expertise von Sportdirektor Ralf Rangnick stürmte der Klub im vergangenen Sommer in die Bundesliga, thront nun an Position zwei der Tabelle. Und die Kritiker, allesamt Anhänger von Klubs, die an der Börse notiert sind oder durch Sponsoren zum Teil fragwürdigster Art überleben, zetern: Ein Verein ohne Vergangenheit, ein Verein ohne Tradition, ein Verein, der zuerst ein Marketinginstrument ist. Pfui, sagen die militanten Traditionalisten, weil sie fürchten oder schon wissen, dass ihr vermeintlich schöner, reiner, wunderbarer Fußball dem Kommerz zum Opfer fallen wird. Für sie ist RB Leipzig die Verdichtung all ihrer Sorgen, all ihrer Abneigung.

England taugt ihnen als warnendes Beispiel. Im Mutterland des Fußballs regieren mittlerweile die Investoren: Scheichs, Oligarchen, Unternehmer. Für die Romantik des Spiels haben sie nichts übrig, aber für Rendite. Der dortige kommerzielle Irrsinn ist es, den vor allem die Ultras, also Mitglieder der aktiven Fan­szene, so sehr verachten, ja hassen.

In Leipzig geschieht ähnliches wie in England. Der Verein höhlt die Regeln, die die Deutsche Fußball-Liga an Bundesligisten stellt, aus. In Deutschland darf ein Profi-Fußball-Klub nicht von einem Geldgeber gesteuert oder nach ihm benannt werden. Das etwas dümmliche Rasenballsport bietet als Kürzel aber zumindest die Verbindung zu Red Bull. Nur 17 Mitglieder hat der Klub. Wenn der BVB für eine Mitgliederversammlung die Westfalenhalle anmietet, reichte in Leipzig ein üppig geratenes Wohnzimmer. Durch die überschaubare Anzahl und die Nähe der Mitglieder zum Unternehmen bleibt sichergestellt, dass auch die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Entscheidungen im Sinne von Red Bull und dessen Chef.

„Da wird Fußball gespielt, um eine Getränkedose zu performen“, ätzte Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer des Vereins, dessen Anhänger gerade die Leipziger so übel attackierten. Die Kritik am Konstrukt RB Leipzig hat er mehrfach vorgetragen und seinen Klub als Gegenentwurf positioniert. Das beschert ihm nun Gegenwind. Kern des Vorwurfs: Er sei geistiger Brandstifter. Es ist eine etwas polemische Debatte, weil der BVB-Boss auch stets die Arbeit der handelnden Personen lobte und seine Freude darüber ausdrückte, dass der Standort Leipzig Bundesliga-Fußball erlebe. Kritik zu äußern und Rivalität zu pflegen ist das eine, Steine und Flaschen auf Familien zu werfen das andere.

Sensibilität in Sachen Formulierung und Frequenz scheint aber spätestens nach den jüngsten Geschehnissen angebracht. Uli Hoeneß, Präsident des FC Bayern München, sprach bei seiner Inthronisierung im November in Bezug auf RB Leipzig vom neuen „Feind“. Einen Tag später zog er die Formulierung zurück. Dennoch zeigt das Beispiel, dass es noch ein weiter Weg ist für RB Leipzig zu flächendeckender Akzeptanz. Das allerdings wäre dann ein wahrer Erfolg.

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  • lapofgods 06.02.2017 23:22 Uhr
    Morgen kommt die Erklärung warum Wasser nass ist ... für den Fall, dass das auch einer noch nicht weiß.
  • M9211 06.02.2017 23:43 Uhr
    Das ist ja nicht alles, was Rasenballsport verachtenswert macht.
    Es ist die Dreistigkeit mit der Salzburg und Leipzig gemeinsam Transfers über die Bühne bringen, die gegen jede Kaufmannsehre Verträge aushöhlen indem sie Vertragsklauseln aufgrund ihrer Filialstruktur umgehen, was keinem anderen Verein in dieser Weise möglich ist. Damit wird der sportliche Wettbewerb verzerrt und Fairness mit Füßen getreten.

    Man sehe sich an unter welchen Bedingungen die Damenmannschaft von Rasenballsport antreten darf ([url]https?://www.zeit.de/sport/2016-08/r b-leipzig-frauenfussball-saechsischer-fu ssballverband)[/url]

    Täuschung und Wettbewerbsverzerrung sind da noch nett formuliert!

    Auch diese Sachen machen Rasenballsport verachtenswert.
    Und natürlich rechtfertig auch das keine körperlichen Übergriffe. Die Verbalangriffe und Plakate hingegen sind als Ausdruck des Protests in Ordnung. Fußball ist ja kein Frauenskispringen. Nur das Plakat, dass auf RR Depression anspielt ist geschmacklos.
  • dirk-preu 07.02.2017 00:19 Uhr
    Schön Reviersport!!!! Seit 24 Stunden kriecht ihr RB so tief in die Köttelröhre das is unglaublich.
  • Alles für Schalke 07.02.2017 00:25 Uhr
    Völlig lächerlich, dass sich sogenannte Fans der Aktiengesellschaft Borussia Dortmund über den Kommerz von RB Leipzig aufregen! Da sieht man mal, welch Geistes Kind diese schwarz gelben Deppen sind! Mehr Kommerz als eine AG geht ja wohl gar nicht!

    Schalke hingegen ist einer der wenigen eingetragenen Vereine in der Bundesliga. Aber da gilt, leben und leben lassen. Sowas asoziales wie bei den Lüdenscheidern gibt es auf Schalke nicht! Warum auch? RB Leipzig ist eine spannende Geschichte. Endlich mal ein Verein, der den Bayern Paroli bieten kann.

    Und wenn man sich die hervorragende Jugendarbeit bei Leipzig anschaut sieht man, dass da nicht nur Geld reingebuttert wird, sondern da wird mit Verstand vorgegangen.

    Ich hoffe, dass Leipzig Meister wird und dass Lüdenscheid einen Zuschauerausschluss bekommt. Da haben sich die Lüdenscheider einen Bärendienst erwiesen. Eine hässlichere Fratze als sog. Fans, die Gewalt gegen Frauen und Kinder ausüben, kann man nicht zeigen. Da ist der BXB nun tatsächlich die traurige Nummer Eins....

    Glückauf!
  • willis'ente 07.02.2017 04:45 Uhr
    alles nur relativ
    irgendwann bekommen die blauen, was sie brauchen,
    und wenn sie wollen, die aus hörde,
    dann auch.
    der wahre Deutsche Meister kommt aus Vogelheim!
    Im Intellekt, sozialpolitisch und der wahren Liebe zum Fußballsport!
  • ExilWuppertaler 07.02.2017 07:45 Uhr
    willis'ente

    ...RWE als sozialpolitisches und intellektuelles Vorbild? In welchem Universum bitte? Bei Euch tingeln genau so viele schwarze Schafe und Idioten rum, wie bei jedem anderen Verein hier in Deutschland auch...
  • Unholt 07.02.2017 08:01 Uhr
    @Alles für Schalke
    Bei euch gibt es so etwas nicht? Na ja... Da habe ich in eurem Familienblock mal was tolles erlebt. Ich war mit meinem Patenkind das damals 7 Jahre alt war gegen Bayern bei euch. Dort saßen wir im Familienblock. Mein Patenkind ist Bayern Fan und hatte ein Trikot von denen an. Wir wurden die ganze Zeit beschimpft, beleidigt und sogar bespuckt. Das war ganz großer Sport von nicht gerade wenigen Deppen. Da schien auch nicht viel im Hirn zu sein. Mein Patenkind war danach sehr verstört.
    Ich mag RB Leipzig auch nicht, aber es geht mittlerweile einfach zu weit. Was viele nicht begreifen, dass bei solchen Aktionen der Fußball verliert. Es gibt nur einen Gewinner und der heißt RedBull, weil das reine Werbung für diese Marke ist, wenn der Name fällt.

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