Marc Bartra ist wieder beim Mannschaftstraining – 29 Tage nachdem er beim Anschlag auf die BVB-Mannschaft eine Verletzung an der Hand erlitten hat und operiert worden ist. Fast wirkt alles wie immer. Journalisten, Fotografen und TV-Teams beobachten, wie die Mannschaft das übliche Programm nach einer Trainingspause abspult. Eine Laufrunde, Kreisspiel mit Ball, Passübungen und Spielformen auf kleine und große Tore, irgendwo dreht der angeschlagene Nuri Sahin ein paar Runden. Alles geschieht unter dem wachsamen Blick von Trainer Thomas Tuchel und dessen Assistenten Arno Michels und Rainer Schrey, die mal Lob, mal Kritik hineinrufen.
Alles wie immer: Auch das ist in diesen Tagen schon eine Nachricht in Dortmund. Denn am Wochenende hatte es reichlich Wirbel gegeben, nachdem BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke in dieser Zeitung einen Dissens mit seinem Trainer über den Umgang mit dem Anschlag bestätigte und Tuchel vor mehreren TV-Kameras wenig begeistert reagierte.
Nun gibt man sich überrascht über die Wucht der Debatte: „Dass die Bestätigung einer längst publik gewordenen Meinungsverschiedenheit zeitweise die Kraft haben würde, die Präsidenten-Wahl in Frankreich von den Titelseiten zu verdrängen, war niemandem bewusst“, beteuert Sportdirektor Michael Zorc.
Wie alle Beteiligten müht er sich nun um Normalität: Schon unmittelbar nach dem 2:1-Bundesligasieg gegen die TSG Hoffenheim trafen sich Tuchel, Watzke, Zorc und Präsident Reinhard Rauball in der Stadionkabine des Trainers zum Krisengipfel.
Tuchel-Interview in Holland
Die Verabredung: Die verbleibenden Wochen bis zum Saisonende mit dem Pokalfinale am 27. Mai sollen ohne größere Störfeuer über die Bühne gebracht werden. Zorc: „Wir arbeiten alle professionell und intensiv zusammen, gerade in der wichtigen Endphase der Saison.“ Erst danach will man entscheiden, wie und vor allem: ob es mit- einander weitergeht.
Leicht wird das nicht, das ist auch am Dienstag zu erkennen: Tuchel hält im niederländischen Zeist einen Vortrag vor Trainerkollegen. Endlich einmal rein sportliche Themen. Der Trainer ganz in seinem Element: Er philosophiert über Pässe und Laufwege. Dann aber fragt ein Reporter des Fernsehsenders Fox Sports NL auf Englisch, ob es einen „Fight“ zwischen Trainer und Geschäftsführer gebe, was sich wahlweise als Streit oder Kampf übersetzen lässt.
Nein, nein, antwortet Tuchel – „nur Gerüchte“. Er versäumt aber nicht den Hinweis darauf, dass die Diskussionen mit jenem Watzke-Interview an einem wichtigen Tag angefangen hätten. Aber, so Tuchel: „Er ist der Chef – er darf das.“
Es war Tuchel, wie man ihn oft erlebt hat und woran man sich im Verein durchaus stößt. Eloquent, vordergründig beschwichtigend – und doch mit versteckten Andeutungen. Und eben nicht direkt und unverblümt, wie es die Menschen im Revier schätzen.
Vom Abschied im Sommer mag beim BVB niemand offen sprechen: „Wir werden uns nach der Saison zusammensetzen“, kündigt Zorc an. „Man müsste doch keine Saison-Analysen anberaumen, wenn das Ergebnis schon vorher feststünde.“
Mehrere Spieler beschwerten sich
Die Differenz bleibt groß wie die Distanz zur Mannschaft. Schon im Winter beschwerten sich nach Informationen dieser Zeitung Spieler über den Umgangston. Vor allem Athletiktrainer Schrey ist als Schleifer verschrien. Der Optimismus aber ist ungebrochen. Den Spielern sind interne Spannungen ja nicht neu. Zorc: „Weil jemand in der Zeitung ,So ist es, ja’ sagt und ein anderer das vor mehreren TV-Kameras ganz offensichtlich nicht gut findet, spielt kein Team der Welt schlechteren Fußball.“




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