Der Supercup ist ein erstes Kräftemessen vor dem Ligastart. Ein erstes Abtasten der besten Mannschaften der Liga. Ein Gradmesser. Wenn Borussia Dortmund am Samstag (20.30 Uhr/ZDF) auf Bayern München trifft, kann es mehr sein als das. Es kann eine Krise verstärken. Es kann aber auch ein Befreiungsschlag werden.
In München gibt es nach der 0:3-Niederlage im Audi-Cup gegen den FC Liverpool und der 0:2-Pleite gegen den SSC Neapel Zweifel. Uli Hoeneß trug eine kurze Hose. Dazu Sneakers und ein graues Poloshirt. Als der sonst so wortgewaltige Münchener Patron aus der Kabine kam, sagte er: nichts. Hasan Salihamidzic, Bayerns neuer Sportdirektor, trug eine helle Sommerhose, dazu Sneakers und ein beiges Poloshirt. Als er aus der Kabine kam, sagte er: nichts.
Vielleicht war es auch schlau, dass Hoeneß und Salihamidzic schwiegen. Die Bayern stecken in der Krise. 0:3 beim Audi-Cup gegen den FC Liverpool. Zuvor auf der Asien-Reise drei Pleiten in vier Partien – „da müssen jetzt die Alarmglocken angehen“, formulierte es Bayerns Torwart Sven Ullreich.
Franck Ribéry sagte es so: „Wir sind alle traurig. Wir müssen wieder mehr wie ein Team spielen! Wir müssen den Kopf oben behalten. Auch wenn du mal nicht gut spielst, dann musst du mehr Präsenz zeigen, mehr Charakter. Wir müssen unsere Einstellung ändern.“
Fehlender Charakter, keine Einstellung – das ist kein gutes Arbeitszeugnis für Trainer Carlo Ancelotti. Der Italiener gab zu: „Wir sind besorgt. Wenn man weiß, dass man nicht in der besten Verfassung ist, muss man aber eine andere Einstellung und Kampfgeist zeigen, was wir nicht gemacht haben.“
Sorgen um seinen Job muss sich Ancelotti noch nicht machen. Aber der Druck steigt gewaltig. Eine Niederlage am Samstag gegen den BVB könnte die Lage verschärfen und eine Trainerdebatte auslösen. Karl-Heinz Rummenigge, Bayerns Vorstandsvorsitzender, sagte: „Wir müssen schnell die Kurve kriegen. Ich hoffe, dass der Trainer die richtigen Rezepte findet.“
Und wenn Ancelotti die falschen Zutaten wählt?
BVB noch im Lernprozess
In Dortmund ist die Lage weniger aufgeregt. Schließlich haben die Macher gewusst und öffentlich kommuniziert, dass zwischen dem neuen Trainer Peter Bosz und der Mannschaft ein Lernprozess im Gange ist, der über den Saisonstart am 19. August hinaus andauern wird. Darauf deuten auch die bisherigen Testspiele hin. Sechs waren es, drei gingen verloren, eines endete unentschieden, nie blieb der BVB ohne Gegentor, meistens fehlte es an offensiver Durchschlagskraft. Die Leistungen boten ein breites Spektrum von sehr ansprechend bis sehr mäßig.
Eine aus der letzteren Kategorie gab es zum Abschluss des Trainingslagers in Bad Ragaz beim 0:1 gegen Atalanta Bergamo zu sehen. Allerdings schickte Bosz aus Gründen der Trainingsplanung auch nur eine verstärkte B-Elf auf den Platz. „Wir sind mitten in der Vorbereitung“, sagt Sportdirektor Michael Zorc trotz des bevorstehenden ersten Pflichtspiels.
Ein gutes Spiel und/oder Ergebnis gegen die Bayern wäre trotzdem wichtig, weil es das allgemeine Vertrauen in den Trainer und seine Herangehensweise vergrößern würde. Er ist neu, er folgt auf Thomas Tuchel, der unter den Augen der Öffentlichkeit im Streit schied, aber noch den DFB-Pokalsieg zurückließ. „Das ist ein Prestigeduell“, sagt Zorc und fügt an: „Bei den Bayern ist bislang auch nicht alles glatt gelaufen. Von daher wird es ein interessantes Spiel.“ Interessant. Und irgendwie auch superwichtig. Mindestens für die Bayern.
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