Der kleine Kerl war am nächsten Morgen noch ganz ergriffen. „Was für eine Unterstützung“, schrieb Amine Harit am Sonntag auf seiner Facebook-Seite und fügte ein staunendes Smiley ein: „Danke für diesen unwahrscheinlichen Support.“ Von einem solchen Einstand in der Arena kann man nur träumen: Ein 2:0-Sieg gegen Vize-Meister RB Leipzig, und Amine Harit war gleich mittendrin: Mit einem tollen Pass leitete er das entscheidende zweite Tor durch Yevhen Konoplyanka ein und strahlte nach dem Abpfiff übers ganze Gesicht. Wie ein kleiner Lausejunge, dem ein schöner Streich gelungen war.
Nach der Vorbereitung wusste man noch nicht so recht, wie weit der 20 Jahre alte Neuzugang vom FC Nantes schon ist. Doch gegen Leipzig brauchte er nur etwas mehr als halbe Stunde, bis er sich an das hohe Tempo und die rustikale Gangart in der Bundesliga gewöhnt hatte. Da entwischte er seinem Gegenspieler Marcel Halstenberg, so dass dieser ihn nur mit einem Trikotzupfer halten konnte und dafür Gelb sah. Man spürte förmlich, dass Harit diese Aktion Auftrieb gegeben hatte, nachdem er am Anfang einige Male hängen geblieben war. „Es kann sicher sein, dass ein junger Spieler in seinem ersten Spiel erstmal geflasht ist von der Atmosphäre in der Arena“, sagte Trainer Domenico Tedesco und fügte hinzu: „Ich war es ehrlich gesagt auch.“
Das Debütanten-Fieber in der Arena: Man muss das Stadion erleben um zu spüren, wie gewaltig dieser Kessel auf Schalke ist, wenn er auf Betriebstemperatur kommt.
Tedesco wollte eigentlich keinen Spieler herausheben („Das Kollektiv hat das Spiel gewonnen“), aber Harit hatte sich für sein erstes Mal dann doch eine besondere Erwähnung verdient: „Es ist schön, dass er direkt im ersten Spiel ein paar Sachen hat aufblitzen lassen.“
In der vergangenen Saison war er in der französischen Liga der am zweitmeisten gefoulte Spieler
Das nur 1,79 Meter große Leichtgewicht (67 Kilo) ist unglaublich wendig und von daher für die Gegenspieler schwer zu fassen: In der vergangenen Saison war er in der französischen Liga der am zweitmeisten gefoulte Spieler, gegen Leipzig holte sich auch Naby Keita noch eine gelbe Karte nach einem Foul an Harit ab. „Der Junge ist immer dran“, lobte Manager Christian Heidel: „Er hatte einen Gegenspieler, der doppelt so groß und doppelt so breit war. Aber er stochert rum und stört immer wieder.“ Was dem Flügelflitzer noch ein bisschen fehlt, ist der Zug zum Tor, aber mit dem Pass zum 2:0 auf Konoplyanka verdiente er sich ja einen Scorerpunkt. Das 1:0 hatte Nabil Bentaleb mit einem verwandelten Elfmeter erzielt.
Acht Millionen Euro hatte der französische U20-Nationalspieler gekostet, damit ist er der teuerste Schalker Einkauf in dieser Saison, aber auf dem durchgedrehten Transfermarkt eher ein preisgünstiger Profi. Die einen erinnert er mit seinem Tempo ein bisschen an Leroy Sané; wer schon länger dabei ist, findet vielleicht auch Ähnlichkeiten zu Emile Mpenza (2000 - 2003 auf Schalke), der aber noch mehr Dynamik hatte. Eine Kostprobe seines Könnens hat Harit auf jeden Fall abgegeben, er war Schalkes auffälligster Neuzugang auf dem Platz. Während Pablo Insua es nicht in den Kader schaffte und Weston McKennie eingewechselt wurde, machte Bastian Oczipka ein ordentliches Spiel. Doch auch der frühere Frankfurter spürte das Debütanten-Fieber in der Arena und strahlte: „Davon habe ich in der vergangenen Nacht geträumt."
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