Die Analyse des Vereinschefs wenige Minuten vor Schluss fiel kurz aus. „Läuft nicht rund“, konstatierte Ernst Schneider, während er zuschaute, wie die Landesliga-Kicker von Hamborn 07 im Spiel gegen den VfL Rhede den Abpfiff herbeisehnten. Was man da jetzt tun könne? Der frühere Torjäger der Löwen antwortete in Beckenbauer-Manier: „Schau’n wir mal.“
0:1 gegen den FSV Duisburg, 1:4 beim 1. FC Kleve, 0:5 gegen den VfL Rhede – es ist ein Saisonstart wie im Albtraum für den so souveränen Meister der Bezirksliga. Mehr noch als der reine Umstand, noch ohne einen Punkt dazustehen, verwundert das Auftreten der Mannschaft, die scheinbar jegliches Selbstbewusstsein verloren hat. Verstehen kann das im Holtkamp niemand. Die Saisonvorbereitung war ordentlich, die Generalprobe fiel mit dem 1:0 im Niederrheinpokal beim Oberliga-Absteiger TSV Meerbusch sogar ermutigend aus.
Strippenzieher Neul fehlt
Wenn es auf die Suche nach den Gründen geht, weicht Trainer Dietmar Schacht sogar von seiner üblichen Praxis ab, nicht über die Spieler zu sprechen, die momentan nicht zur Verfügung stehen. „Ein Kai Neul fehlt uns an allen Ecken und Enden, das kann man nicht wegdiskutieren“, stellt er fest. Der Strippenzieher im defensiven Mittelfeld muss mit seiner Schambeinentzündung noch mindestens vier Wochen pausieren, eher länger. Routinier Patrick Schneider, der ihn ersetzen könnte, braucht mit seiner Kreuzbandverletzung noch mehr Zeit bis zur Rückkehr.
Alles, was das Trainergespann versucht hat, um auf dieser neuralgischen Position für Abhilfe zu sorgen, schlug fehl. Vor allem die Formschwäche von Kapitän Jan Stuber ist augenfällig. Nach zwei schwachen Auftritten saß er am Sonntag zunächst auf der Bank; als er nach knapp einer Stunde ins Spiel kam, gelang ihm nichts.
Was nicht weiter überraschte, da zu diesem Zeitpunkt schon alle Kinnladen der Hamborner Spieler ohnehin im Bereich ihrer Schuhe angekommen waren. Die Moral ist im Keller; wie sie wieder aufgerichtet werden kann, ist fraglich. „Wir müssen in dieser Woche gut trainieren“, sagt Co-Trainer Armin Dimmel mit Blick auf das Lokalderby bei Viktoria Buchholz am kommenden Sonntag.
Unter welchen Umständen das passieren wird, blieb allerdings offen, nachdem Dietmar Schacht erklärt hatte, er wolle „jetzt erst einmal zwei Nächte darüber schlafen“. Der frühere Profi ist spürbar frustriert, einerseits über die Auftritte der Mannschaft, andererseits über den Umstand, dass es nicht möglich sein wird, an der alarmierenden Personalsituation etwas zu ändern. Verpflichten könnte Hamborn entweder nur noch Spieler, die seit dem Sommer vereinslos sind, oder solche, die als Vertragsamateure an den Verein gebunden werden. Die erstere Option wäre sportlich kaum eine Hilfe, die letztere kommt aus finanziellen Gründen nicht infrage.
Dies ist dem Trainer nach zwei vollen Spielzeiten an der Westerwaldstraße auch bewusst; trotzdem muss er darauf hinweisen, dass er unbedingt Verstärkungen bräuchte. Dringend nötig wäre es beispielsweise auch, einen weiteren Torhüter zu verpflichten. Nachdem Dominik Langenberg wegen des verlorenen Zweikampfs um den Platz zwischen den Pfosten ohne Zögern den Abflug gemacht hatte, sitzt aktuell Torwarttrainer Sascha Wiesner – bis zur vergangenen Saison selbst bekanntlich Feldspieler – als potenzieller Ersatz für Dominik Schäfer auf der Bank. Dort soll ihn demnächst der A-Jugendliche Max Chmilewski ablösen – im Notfall aber auch ein womöglich zu großes Risiko.
Hopp und Güzel sahen zu
Wie der Verein reagieren würde, falls Dietmar Schacht nach zwei durchgeschlafenen Nächten zu dem Entschluss gelangt, eine Trennung sei für ihn und die Mannschaft das Sinnvollste, lässt sich derweil nur erahnen. Der durchdachte Plan B für diesen vor zwei Wochen noch völlig abwegig erscheinenden Fall (und jenen, dass nicht Co-Trainer Armin Dimmel aufrückt) wird jedenfalls kaum in der Schublade liegen.
Am Sonntag schauten sich die beiden Ex-Trainer Ali Güzel – derzeit auch Vorstandsmitglied – und Joachim Hopp das Spiel gemeinsam an, wobei ihre beiden Amtszeiten am Holtkamp nicht unbedingt so glücklich verliefen, dass eine Rückkehr sich aufdrängen würde. Ob darüber trotzdem nachgedacht werden muss, dürfte sich heute entscheiden.
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