Eine Stunde später als angekündigt macht der teuerste Neuzugang der Klubgeschichte seine ersten Schritte im Camp Nou. Die rund 20 000 Fans sehen darin das nächste Versagen einer umstrittenen Klubführung, schwenken weiße Taschentücher und fordern lautstark „Bartomeu, dimisión“ – den Rücktritt des Präsidenten Bartomeu. Falls es Dembéle noch nicht wusste: er kommt in einen aufgewühlten Verein.
Ein „bürokratisches Problem“ sei für die Verzögerung verantwortlich, entschuldigt sich dieser schließlich, offenbar musste Dembélé mit dem BVB noch Details an seinem Auflösungsvertrag klären. Aber dann ist er endlich da, um kurz vor drei am Nachmittag, zunächst im feinen Anzug auf der Ehrentribüne, dann auch im Trikot auf dem Platz. Ein paar Kunststücke mit dem Ball, ein Trainingsspielchen im Kreis mit Kindern, die ersten Worte: „Ich bin glücklich, im größten Klub der Welt zu sein.“ Der Satz wird hier gern genommen gegen Ende einer lange deprimierenden Transferperiode.
Dembéle allerdings ist mehr als nur Frustshopping nach dem Verlust von Neymar. Schon vorigen Sommer galt er als Wunschspieler, aber da konnte man ihm noch keine offene Planstelle garantieren. Jetzt zahlt Barcelona mit 105 Millionen Euro und bis zu weiteren 40 Millionen an Bonusprämien den sieben- bis zehnfachen Preis wie 2016 der BVB. Die 222 Millionen Euro für Neymar machen es möglich.
„Ich bin nicht hier, um ihn zu ersetzen“, erklärt Dembélé zwar später auf der Pressekonferenz, „er ist einer der Besten der Welt und ich stehe noch am Anfang“. Bei Barça allerdings sind sie überzeugt, den Spieler gefunden zu haben, der Neymar am nächsten kommt. „Er geht in die Tiefe, und diese Qualität fehlte im Kader“, freut sich Trainer Ernesto Valverde. „Dembélé gibt uns viele Möglichkeiten.“
Links wie Neymar, rechts wie Messi, und auch in der Mitte – alle Halbstürmerpositionen hat Dembélé beim BVB gespielt. Seine Furchtlosigkeit im Dribbling soll das zuletzt depressive Camp Nou mitreißen, und für das bisweilen etwas akademische Spiel Barças erscheint die Anarchie des beidfüßigen Franzosen in der Tat als richtige Medizin. Umgekehrt kann eine so klar strukturierte Mannschaft den taktischen Nachholbedarf des 20-jährigen zumindest in den einfacheren Spielen sicher kompensieren. An Valverde wird es liegen, ihn für Schlüsselmatches wie schon in zwei Wochen in der Champions League gegen Juventus Turin auch in das Abwehrsystem einzubinden.
Denn das Privileg zu machen, was er will – das gebührt in Barcelona nur einem. Seine „Adaption an das Regime von Messi“ nennt „La Vanguardia“ denn auch als wesentliche Sollbruchstelle. Dembélé weiß zumindest schon, was sich zu sagen gehört: „Er ist der Beste der Welt und der beste der Geschichte, ich will von ihm lernen.“ Für die weitere Wertevermittlung bekam er in der Umkleidekabine den Spind zwischen den Klubveteranen Andrés Iniesta und Gerard Piqué. Im Sinne der Erneuerung hoffen sie in Barcelona allerdings auch, dass er nicht gleich allzu unterwürfig wird.
Dass diese Gefahr eher gering ist, kann der BVB berichten. Immerhin, rückblickend sucht Dembélé gar nicht erst nach anderen Verantwortlichen für seinen Trainingsstreik: „Mit der Borussia ist alles immer gut gelaufen, außer am Ende, und das war meine Schuld“, sagte er gestern und räumte ungeniert sein Erpressungsmanöver ein: „Ich wollte es so, denn sonst wäre es mit dem Wechsel schwierig geworden.“




















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