Es gibt Stimmen im Internet, die sogar jetzt noch Bundestrainer Joachim Löw eine Zaghaftigkeit bei der Verurteilung der Rechtsradikalen und sonstigen Krawallmacher im deutschen Fanblock vorwerfen. Das ist natürlich Unsinn. Löw hat am Sonntag in einer niemals erwarteten Deutlichkeit gesagt, was er und die Nationalspieler vom Gedankengut der betrunkenen und benebelten, der verrannten und beschämenden Horde halten: Das Verhalten im Fanblock sei eine Schande fürs Land.
Der Eklat passierte ausgerechnet am Jahrestag des Einmarschs der Wehrmacht in Polen 1939. An einem solchen Tag „Sieg“ und „Heil“ zu rufen, zeugt entweder von Dreistigkeit oder größter Dummheit.
Löw ließ bei seinem Auftritt in der Pressekonferenz zwei Tage danach keinen Zweifel daran, wie sehr ihn der Vorgang persönlich trifft. Mit der modernen Spielweise seines Teams hat Deutschland in den elf Jahren seit der WM 2006 im eigenen Land Sympathien unter den Fußballfans in aller Welt erworben. Und nicht nur aus sportlichen Gründen: Das Löw-Team lebt Multikulti in allen Mannschaftsteilen. Hautfarbe und Religion spielen keine Rolle, wenn Müller und Özil, Boateng, Khedira und Hummels miteinander spielen.
Und wenn alternde AfD-Ereiferer wie Gauland einen Abwehrmann wie Boateng als schlechten Nachbarn diskriminierten, standen DFB und Fans Seite an Seite, um Rassismus in jeder Form zu stoppen. Darum wiegt der Vorfall von Prag doppelt so schwer. Alle Bemühungen des Weltmeisters um Toleranz wurden von der eigenen Klientel im Stadion ad absurdum geführt. Der DFB hatte keine andere Wahl, als entschieden zu sagen: Das sind nicht unsere Fans der Nationalmannschaft.
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Sind sie leider doch. Denn auch das gehört zur Wahrheit: Chaoten sind auch im Fußball Ausdruck einer Rechtsradikalität, wie man sie zum Beispiel in Dortmund unter dem Sammelbegriff „0231 Riot“ oder in Dresden in Militärkleidung antraf.
Verharmlosen hilft da nicht weiter. In anderen Ligen sind immer noch Affengeräusche gegen dunkelhäutige Spieler zu hören wie in deutschen Stadien der Sieg-Schlachtruf bei einem überlegenen Spielstand. Nach den Angriffen von Hooligans und einigen Ultras droht auch hier die nächste Eskalationsstufe. Löw, normalerweise ein guter Diplomat, hat dafür ein feines Gespür. Sein Appell war doch eindeutig: Wehret den Anfängen!



















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