Ungeachtet der Proteste und Kritik, die seit der Vergabe des Turniers laut wurden, verspricht auch diese WM ein weiteres Spektakel zu werden. Bis zum Anstoß im Eröffnungsspiel, das der Gastgeber gleich selbst gegen Saudi-Arabien austrägt (14. Juni, 17.00 Uhr MESZ), bleibt dennoch ausreichend Zeit, sich mit den Austragungsorten, Stadien, Teilnehmern und sonstigen Fakten rund um die FIFA WM 2018 auseinanderzusetzen.
Fußball-WM im größten Land der Erde
Zum ersten Mal in der Geschichte der Fußballweltmeisterschaft ist Russland der Ausrichter dieses Turniers. Eine solche Veranstaltung im größten Land der Erde (Russland verfügt immerhin über eine fast doppelt so große Fläche wie das auf Platz liegende Kanada) ist für manchen Fußballfan eine logistische Herausforderung. Immerhin hat man sich im Gastgeberland dazu entschlossen, die ansonsten sehr strenge Visumspflicht für die Zeit der WM-Austragung zu lockern: Wer den Weg nach Russland auf sich nehmen will, kann durch die Gesetzesänderungen mehr als einen Monat im Land aufhalten.
Das entsprechende Gesetz umfasst nämlich den gesamten Zeitraum des Turniers sowie jeweils zehn Tage vor und nach den Spielen. Die Fan-ID, das Ministerium für Kommunikation und Massenmedien zusammen mit den Tickets vergibt, ersetzt gewissermaßen das sonst notwendige Visum. Anders als das Visum hat die Fan-ID allerdings den Vorteil, dass sie zur kostenfreien Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs in den Spielorten und deren Umgebung berechtigt. Zumindest vor Ort sollten sich daher keine logistischen Probleme ergeben.
Auch diesmal wird die FIFA in Kooperation mit dem Getränkehersteller Coca-Cola den WM-Pokal wieder auf eine FIFA World Cup Trophy Tour (die erstmals anlässlich des deutschen WM-Sommermärchens 2006 eingeführt wurde) quer durch das Gastgeberland schicken. Seit dem 9. September 2017 ist die Trophäe bereits unterwegs und kommt auf ihrem Weg zum Finale durch über 50 Länder und insgesamt 24 russische Städte. 123 Tage sind für die Trophy Tour vorgesehen, in denen es mehr als 26.000 Kilometer zurückzulegen gilt – damit ist die diesjährige Tour die bislang längste.
Die teuerste WM aller Zeiten?
Es ist kein Geheimnis, dass die Ausgaben für internationale Turniere gerne in ungeahnte und vor allem ungewollte Höhen schießen. In Russland scheint die Rekordjagd bei den Kosten vor sportliche Großveranstaltungen aber ein fester Bestandteil der Vorbereitungen zu sein: Die Olympischen Winterspiele in Sotschi kosteten am Ende über 51 Milliarden US-Dollar und machten sie zu den teuersten Olympischen Spielen aller Zeiten.

Ähnliches dürfte wohl unterm Strich auch für die Fußball-WM zu erwarten sein. Dabei klang es noch im Jahr 2013 so, als wollte man sich im Gastgeberland mit dem Wesentlichen bescheiden und auf ein großartiges Drumherum verzichten. Allerdings lag das Budget, selbst mit einem ausschließlichen Fokus auf die Ausrichtung der WM, schon damals bei 21 Milliarden US-Dollar. Wobei es sich wohlgemerkt um die minimal zu erwartenden Kosten handelte, was nach oben noch einiges an Spielraum ließ. Und der wurde auch gebraucht, wirft man nur einen Blick auf die Kostenentwicklung für den Bau oder die Erneuerung der einzelnen Stadien (Stand 2014):
- Von den insgesamt 12 Spielstätten der FIFA WM in Russland lag keine einzige innerhalb des vorgesehenen Budgetrahmens.
- Die geringste Abweichung konnte das neu erbaute Otkrytie-Stadion in Moskau vorweisen, das bei seiner Eröffnung im Jahr 2014 „lediglich“ 58 Prozent mehr gekostet hatte, als veranschlagt.
- Der Spitzenreiter der Kostenexplosion liegt, was in gewisser Weise nicht überraschen mag, in Sotschi. Der Neubau des Fischt-Stadion lag bei seiner Eröffnung mit einer Gesamtsumme von 780 Millionen US-Dollar satte 247 Prozent über der geplanten Summe. Ein Sitzplatz in dem für die 300.000-Einwohner-Stadt errichteten Stadion kostet damit rund 18.000 US-Dollar.
- Die zehn Neubauten und zwei Umbauten brachten es 2014 auf Gesamtkosten von fast sieben Milliarden US-Dollar – die ursprünglichen Planungen von 2010 hatten eine Summe von rund 2,8 Milliarden vorgesehen. Im Durchschnitt waren die Stadien schon damals etwa anderthalb Mal so teuer geworden, wie im Budget veranschlagt.
Dass es bis zum Abschluss des Turniers also nicht bei den 21 Milliarden US-Dollar bleiben wird, hat sich schon vor ein paar Jahren abgezeichnet. Aber selbst ohne die Mehrkosten wäre die russische WM immer noch doppelt so teuer wie das Turnier in Brasilien – das seinerzeit ebenfalls wegen überhöhter Ausgaben in der Kritik gestanden hatte.

Mehr Mannschaften, mehr Spiele
Hinsichtlich der beteiligten Mannschaften stellt die WM in Russland keinen neuen Rekord dar. Die Anzahl von 32 Teilnehmern ist seit 20 Jahren gültig, erstmals wurde im Jahr 1998 in Frankreich mit einer ebenso großen Zahl an Mannschaften ein WM-Turnier ausgetragen. Davor waren 24 Teams üblich, was dem heutigen Umfang einer Europameisterschaft entspricht.
Allerdings ist die Weltmeisterschaft 2018 die vorletzte Etappe des Abschieds von dem bekannten Modus mit acht Gruppen à vier Mannschaften. Die Aufstockung auf 48 Nationalteams anlässlich der WM 2026 ist bereits beschlossene Sache, womit sich der Trend zu einer Erweiterung der Teilnehmerzahl bei großen internationalen Turnieren fortsetzt, auch wenn die Meinungen zu dieser Entwicklung auseinandergehen. Fakt ist allerdings, dass die bei der FIFA gemeldeten Nationen noch nie so zahlreich waren.
Insgesamt 209 Nationalmannschaften aus sechs Konföderationen spielten um die 32 WM-Plätze. Die Qualifikation umfasste daher ganze 868 Spiele mit einer Gesamtzahl von 2.454 erzielten Toren. Ein Quantensprung, blickt man rund 40 Jahre zurück: Das Teilnehmerfeld der WM von 1966 in England bestand aus 16 Mannschaften, von denen die Teams des Gastgebers und des Titelverteidigers (Brasilien) bereits qualifiziert waren. Die übrigen Plätze wurden unter den 69 anderen Nationen ausgespielt – die insgesamt 71 gemeldeten Nationen waren damals ein Rekord. Nach dem aktuellen Turniermodus hätte also seinerzeit fast die Hälfte aller Nationalmannschaften an der WM-Endrunde teilnehmen dürfen.
WM der sportlichen Rekorde?
Entscheidend ist und bleibt aber auf‘m Platz, an dieser von Alfred Preißler aufgestellten Weisheit ändern auch veränderte Turniermodi und Teilnehmerzahlen nichts. Insofern bleibt das Wichtigste weiterhin das Geschehen auf dem Rasen und das kann bei der WM 2018 den einen oder anderen Rekord hervorbringen.
- Die Krone des erfolgreichsten europäischen Länderspieltorschützen wird im Verlauf des Turniers womöglich neu vergeben. Cristiano Ronaldo kratzt mit seinen 79 Treffern aus 147 Länderspielen nämlich allmählich an der Bestmarke, die seit 64 Jahren der Ungar Ferenc Puskas hält. Ganz leicht wird das allerdings nicht, denn dazu wären sechs Treffer notwendig. Völlig unmöglich ist das – zumindest in der Theorie nicht – allerdings wäre schon eine Leistung im Stile eine Just Fontaine (13 Tore bei der WM 1958 in Schweden) eines Sándor Kocsis (11 Tore bei der WM 1954 in der Schweiz) oder eines Gerd Müller (10 Tore bei der WM 1970 in Mexiko) notwendig. Als amtierende Europameister dürften die Portugiesen immerhin mit entsprechendem Selbstbewusstsein nach Russland fahren.
Um an den besten internationalen Länderspieltorschützen heranzureichen, wird für Ronaldo übrigens noch eine Weile brauchen: Unangefochten an der Spitze steht nach wie vor der Iraner Ali Daei mit insgesamt 109 Treffern.
- Den Altersrekord wird der amtierende kolumbianische Torhüter Faryd Mondragon wohl spätestens beim Anpfiff der Partie Uruguay gegen Ägypten abtreten müssen und zwar an seinen Kollegen Essam El-Hadary. Der war 2013 eigentlich von seinem Amt zugetreten, steht aber seit vergangenem Jahr wieder für die Ägypter zwischen den Pfosten – und wird zum Zeitpunkt der WM in Russland stolze 45 Jahre und fünf Monate alt sein und Faryd Mondragon damit um fast zweieinhalb Jahre übertreffen.
Ein weiterer Torwartrekord wird sich bei der WM 2018 hingegen nicht erfüllen: Nach dem Playoff-Aus gegen Schweden wird die italienische Torwartlegende Gianluigi „Gigi“ Buffon nicht an seiner sechsten WM-Endrunde teilnehmen. Mit seinen aktuell 40 Jahren ist er allerdings noch recht jung, müsste allerdings ganz nach El-Hadarys Vorbild seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft rückgängig machen.
- Aus deutscher Sicht ist die Leistungsfähigkeit von Thomas Müller von besonderem Interesse. Nicht allein deswegen, weil der oft unkonventionell agierende Bayern-Profi so wichtig für das Spiel „der Mannschaft“ ist, sondern weil er zum alleinigen Rekordhalter avancieren könnte: Als erstem Nationalspieler überhaupt könnte es ihm gelingen, drei WM-Turniere mit jeweils fünf Treffern abzuschließen. Damit würde er zugleich Teofilo Cubillas (1970 und 1978) und den ehemaligen Mannschaftskollegen Miroslav Klose (2002 und 2006) hinter sich lassen.
