Anfang November hat er sich in einer sehr kritischen Situation für die SG Wattenscheid 09 zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates wählen lassen, jetzt hat Oguzhan Can, Immobilienkaufmann und Multiunternehmer, sein erstes großes Interview gegeben. Die WAZ hat genau hingehört, was Can vier Monate nach seinem Start zu sagen hatte.
Herr Can, Sie sehen sehr zufrieden aus. Gibt es gute Nachrichten aus Wattenscheid?
Sozusagen. Wir haben die notwendigen Unterlagen für die kommende Regionalliga-Lizenz eingereicht und auch die geforderte Kaution – in diesem Fall 35.000 Euro – hinterlegt.
Rückblickend auf die ersten Monate: War es schwieriger als erwartet?
Ich habe mich auf etwas Schlimmes vorbereitet. Und ich habe das gespürt, was ich erwartet habe. Es gab also keine Überraschungen.
Es sieht danach aus, als dürften Sie bald mit der Planung für die kommende Regionalliga-Saison planen. Stimmen Sie zu?
Ja, da sind wir im Verein sehr optimistisch. Sicher kann man natürlich nie sein. Es müsste allerdings eine Menge passieren und schief laufen, damit die Mannschaft doch noch absteigt.
Außerdem sind wir ein Traditionsverein, der weit über die Grenzen des Ruhrgebiets und Deutschlands hinaus bekannt ist.
Oguzhan Can
Muss man diesen sportlichen Erfolg nicht umso höher gewichten, wenn man die finanziellen Schwierigkeiten bedenkt? Das könnte die Spieler schließlich demotivieren.
Wir haben einen guten Trainer, der die Spieler sehr gut einstellen kann. Außerdem sind wir ein Traditionsverein, der weit über die Grenzen des Ruhrgebiets und Deutschlands hinaus bekannt ist. Allein mit diesem Namen kann man die Spieler schon bei der Ehre packen.
In der Regionalliga kickt aber kein Spieler nur für einen Vereins-Namen. Wie haben Sie es geschafft, dass die Spieler wieder regelmäßig ihre Gehälter bekommen?
Darüber haben wir uns schon Gedanken gemacht, bevor wir mit der eigentlichen Arbeit begonnen haben. Als klar war, wie viel Geld für die Saison benötigt wird, haben wir alles dafür getan, dass es organisiert wird. Diese Spielzeit ist durchfinanziert.
Wie lange können Sie diese Regelmäßigkeit garantieren?
Auch für die nächste Saison sind wir optimistisch. Denn wir haben gute Sponsoren-Verträge, die allerdings noch in der Entwurf-Phase sind. Ich bin mir jedoch sicher, dass wir die nötigen Unterschriften bekommen werden. So lange das aber nicht der Fall ist, werde ich darüber nicht sprechen.
Thema Verbindlichkeiten: Es war die Rede von 570.000 Euro, als Sie hier angefangen haben. Sind die alle beglichen?
Die Forderungen, die sofort fällig waren, sind alle erledigt. Wir sprechen von rund 70 Prozent der von Ihnen genannten Summe. Es gibt darüber hinaus noch einen Rest, der zum Ende der Saison bedient werden muss. Aber auch das ist organisiert.
Zum Ende der Saison werden sich einige Sponsoren verabschieden, zum Beispiel Stölting und Mokanski.
Wir sind, was das betrifft, sehr entspannt. Wenn die Sponsoren sich zurückziehen, ist das ihre Entscheidung. Wichtig ist, dass Ersatz da ist, was der Fall ist. Und diese Sponsoren haben uns höhere Zahlungen zugesichert.
Zuletzt waren bei zwei Spielen in Folge weniger als 400 Zuschauer in der Lohrheide. Ab wann fragt man sich, wofür man den ganzen Aufwand überhaupt betreibt?
Natürlich ist es schöner, wenn 5.000 Zuschauer da sind. Das ist allerdings derzeit nicht so. Wir können mit diesen Einnahmen also auch nicht kalkulieren. Das gilt auch für das Catering. Wenn mir vorgeschlagen wird, dass ich dafür 100.000 Euro ansetzen soll, korrigiere ich diesen Wert herunter auf 20.000 Euro. Das betrachte ich dann aber als zusätzliche Einnahmen. Die könnte man zum Beispiel für ein Trainingslager ausgeben. Unabhängig davon wäre es aber sicher für die Atmosphäre toll, wenn wir deutlich mehr Zuschauer hätten.
Das finden sicher auch die meisten Spieler, für die eine große Kulisse auch Motivation bedeutet.
Nicht nur die. Auch die Sponsoren legen Wert darauf. Eine Werbung, die nur 400 Leute sehen, können wir nicht zum gleichen Preis verkaufen, als würden 5.000 Menschen darauf schauen.
Wie könnte man für eine höhere Zahl sorgen?
Mit sportlichem Erfolg. Aber in der Zeit, in der ich jetzt in Wattenscheid bin, konnte ich noch keinen Zauber bewirken – das ist ja klar. Das kann sich über Jahre entwickeln. Allerdings muss ich eins dazu sagen: Die richtigen Fans sind auch aktuell – in weniger guten Zeiten – für die Mannschaft da. Vielleicht sollten wir uns deren Namen aufschreiben und sie belohnen, wenn wir es irgendwann mal nach oben schaffen
Hajo Sommers, Präsident von Rot-Weiß Oberhausen, sagte, dass die 3. Liga für seinen Klub derzeit nicht zu stemmen wäre.
Das habe ich auch gehört, ja.
Würden Sie so eine Aussage auch treffen?
Weder würde ich das noch das Gegenteil behaupten. Eine Sache können wir nicht beeinflussen: Selbst, wenn wir uns sehr viel Mühe geben – zu einem Aufstieg gehört auch ein bisschen Glück.
Vor einigen Tagen hat es eine Sitzung mit dem Aufsichtsrat gegeben. Sie wollten Zahlen präsentieren. Bisher ist es stumm geblieben. Warum?
Wir führen Verhandlungen mit großen, europaweit agierenden Firmen. So große Gesellschaften legen Wert darauf, dass wir vertraulich mit den Gesprächsinhalten umgehen.
In der Vergangenheit hat eine Firma, bei der wir noch Schulden hatten, einen Verzicht angeboten, wollte dafür aber einen Platz im Aufsichtsrat. Das haben wir sofort verneint.
Oguzhan Can
Fürchten Sie, dass ein größerer Sponsor Mitspracherecht einfordern könnte?
Nein. Wir legen Wert darauf, dass das nicht vorkommt. In der Vergangenheit hat eine Firma, bei der wir noch Schulden hatten, einen Verzicht angeboten, wollte dafür aber einen Platz im Aufsichtsrat. Das haben wir sofort verneint. Auf unmoralische Angebote gehen wir nicht ein.
Stichwort Angebote: Sie müssen Spieler halten und verpflichten.
Richtig. Bisher wurde immer behauptet, wir hätten nur zwei, drei Spieler über die Saison hinaus unter Vertrag. Fakt ist: Wir haben einige Verträge mit Spielern ausgehandelt. Wir vertrauen unseren Jungs, und sie vertrauen uns. Ich bin mir sicher, dass wir diese Verträge zum Abschluss bringen werden.
Sie halten sich aber noch zurück?
Ich könnte mich mit einer voreiligen Aussage sehr schnell unglaubwürdig machen. Stellen Sie sich vor, ich sage, dass ein Spieler unterschreibt, obwohl er sich gerade erst den Vertrag durchliest. Und dann unterschreibt er doch bei einem anderen Verein. Auf der anderen Seite kann ich einem Spieler nur Geld anbieten, das ich auch auf dem Konto habe und nicht mit Phantasie-Summen argumentieren.
Vermutlich wird es aber schwierig, einen Spieler wie Joseph Boyamba zu halten. Er wird von einigen Profi-Klubs umworben.
Das ist eine Sache, die der Spieler selbst entscheiden muss. Was bringt es uns, wenn wir ihn unbedingt halten, er aber gern bei einem anderen Verein spielen möchte?
Wie sieht es mit Trainer Farat Toku aus?
Er bleibt.
Das ist schon sicher?
Ja. Das ist das einzige, das ich spontan beantworten kann.
Was zeichnet ihn aus?
Sportlich und menschlich halte ich sehr viel von ihm. So wichtig das Sportliche auch ist: Wir wollen lange zusammenarbeiten – und da ist das Menschliche wichtig. Farat Toku und ich wissen, dass wir uns gegenseitig auf unsere Aussagen verlassen können. Das ist entscheidend.
Aber Farat Toku will sicher weiterkommen und mal einen Verein trainieren, der höher spielt als in der Regionalliga.
Auch daran wird gearbeitet.
Wird er künftig in seiner Arbeit entlastet?
Ja, das muss auch sein. Wir sprechen da ständig mit ihm. Er soll uns einen Vorschlag machen und sagen, mit wem er am besten klarkommt



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