Hähnchen-Avocado. Heiko Begiebing ist ganz sicher, dass es Hähnchen-Avocado-Sandwiches waren, die Domenico Tedesco ihm und sieben anderen Fans nach dem wohl verrücktesten Derby aller Zeiten reichte. Ein Tag, den der Schalker niemals vergessen wird.
Der Reihe nach: Das 4:4 der Schalker verfolgte der Recklinghäuser am 25. November 2017 auf seinem Sofa im Wohnzimmer im Stadtteil Röllinghausen. Zumindest die erste Halbzeit, nach der es schon 4:0 für den Rivalen in den schwarz-gelben Trikots stand. Während der zweiten Halbzeit, als Schalke erst das 1:4 (Guido Burgstaller), dann das 2:4 (Amine Harit), dann das 3:4 (Daniel Caligiuri) und in der Nachspielzeit auch noch das 4:4 (Naldo) erzielte, stand er dicht vor dem XXL-Flachbild-Fernseher und schrie sich vor Begeisterung fast die Seele aus dem Leib. „Nach der ersten Halbzeit stand ich unter Schock. Aber den Fernseher auszuschalten, kam nicht in Frage. Die zweite Halbzeit hat dann für alles, was vorher war, entschädigt“, sagt der 30-Jährige.
Nach dem Abpfiff wollte er nicht alleine sein und rief zwei Kumpels an. Sie verabredeten, zum Vereinsgelände nach Gelsenkirchen zu fahren, um die Derby-Helden in Empfang zu nehmen. Gegen 20 Uhr rollte der Mannschaftsbus aufs Vereinsgelände. „Die Spieler waren noch elektrisiert und super freundlich. Wir haben Fotos ohne Ende gemacht“, erzählt Heiko Begiebing. Nur einen bekam er nicht vor die Linse seines Handys: Trainer Domenico Tedesco.
Fan-Gesänge vor Fenster des Trainers
Als die Spieler schon längst vom Vereinsgelände gefahren waren, sah Heiko Begiebing, dass in einem Zimmer des neuen Lizenzspielertraktes noch das Licht brannte. „Da habe ich einfach mal ‘Wir wollen den Trainer sehen’ angestimmt“, erzählt er. Einmal, zweimal, dreimal. Erst laut, dann richtig laut. Plötzlich, sagt Heiko Begiebing, wurde das Fenster des Cheftrainer-Büros geöffnet und da stand er dann: Domenico Tedesco. Der Mann, der wenige Stunden zuvor mit Schalke Fußballgeschichte geschrieben hatte. Tedesco hatte beim Stand von 0:4 schon nach 33 Minuten zweimal gewechselt. Amine Harit und Leon Goretzka kamen für Weston McKennie und Franco Di Santo. Zwei Wechsel, die sich lohnen sollten. Vor allem Amine Harit trumpfte groß auf.
„Meine Kumpels haben mir später gesagt, dass ich vor Domenico Tedesco wohl eine total emotionale Rede gehalten hätte. Dass dieser Tag für uns Schalker unvergessen bleiben wird. Davon weiß ich allerdings nichts mehr. Mein Adrenalinspiegel war wohl zu hoch“, sagt Heiko Begiebing und lacht.
"Dann hat er uns gefragt, ob wir Hunger haben"
Domenico Tedesco habe wohl gespannt zugehört, dann das Fenster geschlossen. Wenig später stand er im dicken Rollkragenpullover draußen vor den acht wartenden Fans. „Wir haben uns unterhalten, er war total locker und super drauf und hat uns dann gefragt, ob wir Hunger haben.“ Anschließend holte Tedesco zwei Tabletts aus dem Kabinentrakt, auf denen Obst und Sandwiches lagen. Es waren die Reste des Essens, das den Spielern auf der Rückfahrt vom Derby aus Dortmund serviert worden war. Viel Appetit können sie nicht gehabt haben. „Es war noch so viel übrig, dass ich die Sandwiches bis Mittwoch auf der Arbeit gegessen habe“, sagt Heiko Begiebing. Erst, als er sein Foto, Arm in Arm mit Domenico Tedesco, als Erinnerung an diesen besonderen Tag geschossen hatte, fuhren die Fans nach Hause und Tedesco ging zurück ins Büro.

Dieses Foto, das Domenico Tedesco (links) und Heiko Begiebing vor dem Lizenzspielertrakt zeigt, entstand am Abend nach dem legendären 4:4.
Es habe noch eine ganze Weile gedauert, bis Heiko Begiebing an diesem Abend in den Schlaf kam. „Es war einfach unglaublich. Ich denke noch sehr oft an diesen Moment zurück“, sagt er. Der S04-Fan ist sicher, dass Schalke sich im Rückspiel am Sonntag in anderer Verfassung als am Samstag bei der 2:3-Niederlage gegen den Hamburger SV präsentieren wird.
Natürlich hofft er auf einen Sieg seiner Königsblauen, ist bei seiner Prognose aber zurückhaltend. „Es wird auf jeden Fall eine knappe Angelegenheit“, sagt er. Auf die Frage, ob es am Sonntag wieder Hähnchen-Avocado-Sandwiches geben wird, quasi aus Aberglaube, antwortet Heiko Begiebing: „Nein, Bratwurst und Bier schmecken dann doch besser.“



















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