Die 40-Jährige gewann die Meisterschaft im Frauenfußball alleine sechsmal, mit dem KBC Duisburg, dem TSV Siegen und dem FCR Duisburg (früher FC Rumeln-Kaldenhausen und 2001-Vorgänger). Dazu kam fünf Mal der Cup. Die dreimalige Fußballerin des Jahres, vierfache Europameisterin, Vizeweltmeisterin (1995) und 125-fache Nationalspielerin weiß also, wie das schmeckt.
Deshalb hat die Mutter einer Tochter und ehemalige Verbandssportlehrerin des Niederrheins auch keine Berührungsprobleme, zu verkünden: "Wir wollen in der kommenden Spielzeit Deutscher Meister werden." Spielerisches Einstimmen läuft am Freitag ab. Um 17 Uhr tritt der FCR im Stadion an der Erftstraße gegen eine Auswahl des Kreises Euskirchen an. RS unterhielt sich mit Voss, die am vergangenen Montag mit der Vorbereitung startete und noch auf einen stürmischen Neuzugang hofft.
Martina Voss, wie ist das Programm angelaufen?
Die ersten Tage waren von den Mädels, die da waren, richtig gut. Alle sind motiviert und engagiert. Sie kamen auch sehr gut vorbereitet. Ich habe nicht den Eindruck, irgendeine hat vier Wochen nur faul auf der Haut gelegen. Bei allen war auch eine Vorfreude nach der Pause zu bemerken. Beim freiwilligen Zusatztraining waren am Dienstag zum Beispiel zehn Spielerinnen vor Ort. Das ist ein guter Spiegel.
Was macht Ihre olympische A-Nationalmannschafts-Fraktion Annike Krahn, Simone Laudehr, Linda Bresonik, Lira Bajramaj?
Das Quartett ist von montags bis freitags nicht da. Nur am Samstag und am Sonntag sind sie nicht bei der Nationalmannschaftsvorbereitung. Am letzten Sonntag-Morgen waren sie dabei. Wir haben das Programm so ausgerichtet, dass sie prima präpariert zum Sprinttest gehen konnten. Sie dürften im Hinblick auf Olympia ungefähr bei 95 Prozent sein. Am Sonntag waren sie in ein sehr intensives Beweglichkeits-, Kräftigungs- und Stabilisierungsprogramm integriert.
Sonja Fuß wurde aus dem Olympiakader aussortiert, wie präsentiert sie sich nach dieser Frustration?
Sie hat es mehrfach beantwortet. Sie ist natürlich ungemein enttäuscht, sie sagt offen, in der letzten Spielzeit keines ihrer Ziele erreicht zu haben. Die Meisterschaft nicht, den Pokal auch nicht, in Peking ist sie auch nicht dabei. Sie möchte nach den Spielen natürlich auch eine Stellungnahme haben, wo sie in der Rangliste der Nationalspielerinnen steht. Wenn sie eine positive Aussage bekommt, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass sie mit Blick auf die WM 2011 in Deutschland angreift.
Was auch für den FCR gut wäre, oder?
Darüber würde ich mich freuen, ich habe den Eindruck, sie fühlt sich in Duisburg sehr wohl, so dass wir dann mit ihr darüber hinaus auch planen könnten. Ich merke, von ihr kommen eine Menge Ideen und Tipps. Das fordere ich auch von den Führungsspielerinnen. Für mich erleichtert das die Einschätzung.
Kann es ein Problem mit der Zusatzbelastung UEFA-Cup geben?
Ich denke, dass wird in dieser Saison eher weniger eine Schwierigkeit. Die Spielzeit wird etwas länger sein, dazu kommt die Bundesligapause im November durch die U20-WM. Das kann man gerade für die Nationalspielerinnen nutzen, dosierter zu arbeiten.
Nach der letzten WM stellte man auch fest, irgendwann kam das Leistungsloch bei den Nationalspielerinnen.
Das war nicht nur eine körperliche Belastung, sondern viel mehr eine mentale Geschichte, dieses ständige Herumreichen mit etlichen Highlights. Danach mussten die Mädels wieder zurück in diesen Bundesliga-Alltag, in das Normale. Man musste sich damit auseinandersetzen, vielleicht mal wieder nicht optimale Bedingungen vorzufinden, vielleicht sogar einmal wieder auf Asche zu trainieren. Das ist eine riesige Kopfsache. Deshalb wird der November, der ein wenig Luft lässt, ein Segen. Die Nationalspielerinnen haben die Chance, auch nachzufassen.
Stellen Sie sich vor, zurück kommt ein Olympia-Siegerinnen-Quartett.
Genau so sieht es aus, dann ist der Hype wieder unheimlich groß. Andererseits wird es natürlich auch für uns eine positive Rolle spielen. Der Unterschied ist, die Bundesliga beginnt danach, ein anderer Spannungsbogen baut sich auf.
Welche Ziele peilen Sie ab dem 7. September an?
Die Mannschaft, das Trainerteam und das gesamte Umfeld sagt, wir wollen Deutscher Meister werden. Wenn man mit einem Zähler Rückstand Vize-Champion wird, ist das auch richtig so. Das Pokalfinale ist natürlich etwas unwägbarer, man muss abwarten, wie die eigene Situation gerade ist. Im UEFA-Cup wollen wir die Gruppenphase überstehen und am liebsten Gruppenerster werden. Das ist ein hoher Anspruch, weil wir nicht wissen, was auf uns zu kommt. Wir haben unser Ziel, das heißt Viertelfinale.
Wird es dreimal das Duell Duisburg gegen Meister, Pokalsieger und UEFA-Cup-Gewinner 1.FFC Frankfurt geben?
Wir hoffen natürlich, dass es ein dreifacher Konkurrenzkampf sein wird. Zu beachten ist die Entwicklung beim FC Bayern, vor allen Dingen nach der Verpflichtung von Melanie Behringer. München hat gezeigt, dass man in der Lage ist, mitzuhalten. Dort fehlt noch die Konstanz. Ich glaube auch, dass sich Turbine Potsdam besser darstellt. Bad Neuenahr ist für mich eine Wundertüte, ich weiß nicht, wie sich dort der Trainerwechsel auswirkt. Alles andere ist Mittelfeld, die beiden Aufsteiger werden es schwer haben.
Wie beobachten Sie die Entwicklung, dass die großen Clubs im Zuge der WM 2011 in Deutschland den Frauenfußball entdecken. Bayern stockt auf, Bremen ist aktiv, Schalke unterstützt Recklinghausen, Bochum den TuS Harpen, Leverkusen hat sich TuS Köln einverleibt.
Das muss gut beobachtet werden, dort liegt natürlich viel Potenzial. Der Vorteil für jeden, der sich bei einem großen Verein ansiedelt, ist die strukturelle Komponente. Wenn ich zum Beispiel die Trainingsbedingungen in Wolfsburg sehe, ist das ideal. Niemand muss darüber nachdenken, ob man einen Kraftraum hat oder einen vernünftigen Platz mit Flutlicht. Wolfsburg hat zum Beispiel über die Schiene VW gute Möglichkeiten, Spielerinnen beruflich zu binden oder ihnen gute Angebote zu machen. Da wächst Konkurrenz, das ist überhaupt keine Frage. Ich weiß nicht, wie lange es dauert, dass man als kleiner Frauenfußballclub Probleme bekommt.
Der FCR ist im Vergleich zu einigen anderen schon einen Schritt weiter, beispielsweise auch dadurch dokumentiert, dass Sie als Trainerin und Sportliche Leiterin hauptberuflich wirken. Inwieweit ist der FCR vorbereitet, erfolgreich mitzuschwimmen?
Nicht nur wir als Verein sind gefordert, auch die Stadt und das Umfeld müssen sich zeigen. Man muss betonen, wir haben in Duisburg 30 Traditionsjahre Frauenfußball, das ist auch von großen Vereinen nicht plötzlich aufzuholen. Identifikation und Tradition spielen auf jeden Fall auch eine Rolle. Wir planen eine längerfristige Bindung von Spielerinnen mit Perspektiven, das muss auch mit der Jobplanung einher gehen. Aber auch das kann der FCR nicht alleine leisten.
Themawechsel zum Abschluss, welche Antwort gibt es auf die Frage nach der Spielführerin?
Das werden wir zügig nach außen tragen, ein Gespräch fehlt mit noch.
