Startseite

Revier: Umfrage im Amateur-Lager zum Umgang mit dem Schiedsrichter
"Physische Gewalt hat deutlich zugenommen"

Ob Claudio Pizzaro, Jens Lehmann, Nico Kovac oder Borussen-Coach Jürgen Klopp, alle hatten sie am vorletzten Spieltag der Bundesliga einen Schuldigen für das mehr oder weniger schlechte Abschneiden ihrer Teams gefunden. Der Mann in Schwarz (mittlerweile auch in gelb, blau oder wahlweise rot) soll für den unbefriedigenden Ausgang des eigenen Matches verantwortlich gewesen sein.

Ein nicht gegebener Elfmeter hier (Bremen in Bochum), eine unverschämt kurze Nachspielzeit dort (Dortmund in Hamburg). Das Maß war voll. Und so mussten sich die so arg benachteiligten Protagonisten vielerorts verbal erleichtern. Was folgte war eine Woche voller Aufregung, einer Geldstrafe und viele gegenseitige Schuldzuweisungen. Ohne „Fingerspitzengefühl“ und „dünnhäutig“ die Einen, aggressiv und ohne jeden Respekt die Anderen. Gestern dann der Friedensgipfel, der, „da ja schon lange geplant“, gar keiner war (Zitat DFB-Vize Dr. Rainer Koch).

Und überhaupt: Ist doch alles gar nicht so schlimm. So zumindest sah es Uli Hoeneß. Vielmehr machte der Bayern-Manager die Medien als wahren Verursacher einer eigentlich überhaupt nicht vorhandenen Zwietracht zwischen Unparteiischen und Akteuren aus.

RevierSport online fragte im Amateurbereich, also da, wo nachweislich zumeist nur wenige Kameras und allenfalls eine handvoll interessierter Presse-Vertreter zu finden sind, nach, wie es dort mit dem Umgang zwischen Schiedsrichtern und Kickern bestellt ist.

Dieter Henkelüdecke („Urgestein“ der Duisburger- und Mülheimer Amateur-Fußball-Szene und derzeit Trainer beim A-Ligisten Duisburg 08):

„Ich bin nun seit einigen Jahrzehnten in diesem Geschäft tätig. Das

Klima hat sich im Amateur-Fußball mit Sicherheit verändert. Nicht nur zwischen den Aktiven, sondern auch zwischen Akteuren und Schiedsrichtern geht es heute anders zur Sache, als das früher der Fall war. Der Respekt der Kicker, sowie der meisten Beteiligten vor dem Referee hat deutlich abgenommen, der Ton ist merklich rauer geworden. Leider musste ich feststellen, dass gerade viele Spieler mit ausländischem Hintergrund dazu neigen, den Spielleiter nicht gebührend zu respektieren.

Zudem ist absolut negativ, dass im Profi-Bereich schon seit Jahren ein unschöner Trend diesbezüglich zu erkennen ist. Dabei sind gerade die Stars der Bundesliga Vorbilder für unsere Jugendlichen. Die kopieren mittlerweile die schlechten Angewohnheiten ihrer Idole. Mein Verhalten als Aktiver dem Unparteiischen gegenüber war jedenfalls von deutlich mehr Achtung geprägt, als das der meisten Kicker heute.“

Gerd Henning (früherer Bundesliga- und FIFA-Schiedsrichter, heute als Schiedsrichter Obmann im Kreis 9 tätig):

„Die Respektlosigkeit gegenüber den Spielleitern ist derzeit enorm hoch. Ganz egal, ob im Profifußball oder in den unteren Spielklassen. Jeder glaubt dauernd er sei im Recht und der Referee müsse das jetzt genau so beurteilen wie er selbst. Dazu kommt, dass es speziell im Amateurbereich immer öfter nicht bei verbalen Anfeindungen bleibt. Die physische Gewalt gegenüber den Offiziellen hat deutlich zugenommen, und das sowohl quantitativ als auch qualitativ.

Wir haben da bislang keine konkrete Ursachenforschung betrieben. Wahrscheinlich ist der Fußball auch hier ein Spiegelbild der Gesellschaft. Schlimm ist vor allem, dass uns vor dem Hintergrund dieser Entwicklung der Nachwuchs ausgeht. Oftmals höre ich von meinen aktiven Schiedsrichtern, dass es Ihnen keinen Spaß mehr macht.“

Andy Lausberg (Spieler DSV 1900/Landesliga 2)

„Was sich die Jungs in der Bundesliga erlauben, das trauen wir uns

gar nicht. Wenn du bei uns den Mund aufmachst, hast du direkt eine Karte vor der Nase. Es gibt wirklich Referees, die kommen mir geradezu arrogant vor. Dennoch denke ich, dass unter dem Strich der Respekt voreinander da ist. Die Fälle, in denen es gar zu Tumulten mit dem Schiedsrichter kommt, sind eher die Ausnahme.“

Hasan Yildirim (spielte lange Jahre für Galatasary Istanbul und ist heute Trainer beim TSV Bruckhausen/Kreisliga A):

„Wir erleben im Profifußball seit einigen Jahren eine enorme

Ökonomisierung. Der Druck auf die Spieler wird deshalb immer größer und das Gemotze nimmt immer mehr zu. Das ist ein ganz schlechter Zustand, da unsere „Kids“ das sehen und sich diese schlechten Verhaltenseigenschaften selbst aneignen. Es sollten also alle Fußball-Millionäre da draußen mal den Ball flach halten und wieder etwas mehr Respekt und Sportsgeist zeigen.

Was den Amateur-Fußball angeht, so gab es in den letzten Jahren tatsächlich relativ viele unschöne Szenen zwischen Schiedsrichtern und Aktiven. Die Spieler müssen endlich einmal begreifen, dass auch der Schiedsrichter nur ein Mensch ist. Auch er darf Fehler machen. In diesem Punkt gibt es selbstverständlich Akteure, die diesbezüglich Nachholbedarf haben.“

Faruk Özdemir (Schiedsrichter im Kreis 9)

„Ich bin mittlerweile seit dreißig Jahren regelmäßig auf dem Fußballplatz. Früher als Spieler und seit einigen Jahren als Referee. Der Respekt der Beteiligten untereinander hat dramatisch abgenommen. Es gibt Akteure, die kommen nur noch um ihren Frust abzulassen. Da ist es dann auch egal ob ein Gegenspieler den Blitzableiter geben muss oder eben der Unparteiische. Wer behauptet, auf den Amateur-Plätzen sei alles in Ordnung und das Verhältnis zwischen den Schiedsrichtern und Spielern sei gut, der war schon lange nicht mehr auf dem Platz.“

RevierSport Fussballbörse

Verein sucht Spieler
Testspielgegner gesucht
Testspielgegner gesucht
Testspielgegner gesucht
Verein sucht Spieler
Testspielgegner gesucht
Testspielgegner gesucht
Testspielgegner gesucht
Testspielgegner gesucht
Testspielgegner gesucht

Kurz Notiert / Amateurfußballnews

RevierSport Digital

Im günstigen Abo oder als Einzelheft

Jeden Montag und Donnerstag Fußball ehrlich und echt von der Bundesliga bis zur Bezirksliga. Im günstigen Abo oder als Einzelheft auf ihrem PC, Mac oder mobilem Endgerät.