Aus Spiegel-Online:
"Vielleicht wollte er sich profilieren"
Von Mike Glindmeier
Das Topspiel der Regionalliga-Nord zwischen Rot-Weiß Essen und dem VfL Osnabrück sorgt weiterhin für Aufregung. Der VfL fordert ein Wiederholungsspiel aufgrund einiger umstrittener Entscheidungen des Unparteiischen, der mittlerweile Rückendeckung von höchster Stelle erhielt.
Im Mittelpunkt der Diskussionen steht Schiedsrichter Thomas Metzen, der beim Stande von 1:0 für den VfL drei Gelb-Rote und eine Rote Karte gegen die Osnabrücker verhängte. Essen hatte das Spiel gegen acht Gegner durch zwei späte Treffer noch gedreht und mit 2:1 gewonnen. Bereits am Sonntag legten die Niedersachsen Protest gegen die Wertung ein. "Das Spiel ist ganz klar manipuliert worden", behauptet der Osnabrücker Vereinspräsident Dirk Rasch.
DDP
Torschütze Löbe (M. im Trikot von Paderborn): Rätselhafter Besuch in der Schiedsrichterkabine
"Wir fordern ein Wiederholungsspiel", sagte der Frankfurter Fachanwalt für Sportrecht, Horst Kletke, zu SPIEGEL ONLINE. Der VfL hat den Juristen, der bereits im Hoyzer-Skandal eine Wiederholung der Partie LR Ahlen gegen Wacker Burghausen erstritt, mit dem Fall betraut. Die Osnabrücker stützen ihren Einspruch auf die Aussage des VfL-Akteurs Björn Joppe, zu dem der aus Nordrhein-Westfalen stammende Metzen während des Spiels gesagt haben soll: "Ihr gewinnt hier sowieso nicht." Eine entsprechende schriftliche Erklärung hat Joppe abgegeben.
Metzen bestreitet die Äußerung. "Alle Platzverweise waren regelkonform. Wenn ich mit Manipulationsvorwürfen konfrontiert werde, behalte ich mir auch rechtliche Schritte vor. Das lasse ich nicht auf mir sitzen", sagte der Referee.
Osnabrücks Manager Lothar Gans wirft dem Schiedsrichter mehr als nur die zahlreichen Platzverweise vor. Als er nach dem Abpfiff zum Unterschreiben des Spielberichtsbogens in die Kabine des Unparteiischen wollte, habe dieser ihm über den Schiedsrichterbetreuer ausrichten lassen, dass er gerade beschäftigt sei. "Als ich nach über einer Stunde einen neuen Versuch unternahm, kam mir Essens Spieler Alexander Löbe aus der Kabine des Schiedsrichters entgegen", so Gans zu SPIEGEL ONLINE. Der Stürmer hatte in der 80. und 85. Minute die entscheidenden Treffer erzielt.
"Ich frage mich, wie Herr Metzen in so einer Situation ausgerechnet diesen Spieler in die Kabine lassen kann", wundert sich Gans. Rasch wies darauf hin, dass Löbe im vergangenen Jahr noch in Paderborn gespielt habe. Die Pokalpartie dieses Clubs gegen den Hamburger SV stand im Mittelpunkt des Hoyzer-Skandals. "Der Spieler hatte weder eine Karte bekommen noch ist er Mannschaftskapitän. Da überlegt man schon, was er so lange beim Schiedsrichter wollte", sagte Gans.
Parallelen zum Fall Robert Hoyzer will der 53-Jährige dennoch nicht ziehen. Er vermutet ein anderes Motiv hinter dem Verhalten des 24-jährigen Unparteiischen: "Vielleicht wollte er sich profilieren." Dabei verwies Gans auf ein Interview im "Kölner Stadtanzeiger" vom 23. Juli 2005, in dem Metzen wie folgt zitiert wird: "Wichtig ist, dass man möglichst viele Spiele erwischt, in denen auch etwas passiert."
Ermittlungen gegen VfL-Verantwortliche möglich
Dass der Versicherungsangestellte absichtlich für Aufregung gesorgt habe, um sich in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit zu pfeifen, hält einer seiner Ausbilder für zu weit hergeholt. Michael Beitzel, Schiedsrichterlehrwart beim Fußball-Verband Mittelrhein, für den auch Metzen seine Einsätze bestreitet, interpretiert die Aussage seines einstigen Zöglings anders: "Wir Schiedsrichter werden von Beobachtern mithilfe eines Punktsystems benotet. Je schwieriger das Spiel ist, desto mehr Punkte kann man holen. Aber es würde dem Beobachter sofort auffallen, wenn der Schiedsrichter absichtlich den Schwierigkeitsgrad erhöht", so Beitzel, der Metzen als "eines der größten Schiedsrichter-Talente" bezeichnet. "Sicher ist er noch nicht so gefestigt wie erfahrene Unparteiische, aber er hat bislang souverän und eher unauffällig gepfiffen.
Mittlerweile hat Metzen eine Stellungnahme beim Sportgericht abgegeben. Volker Roth, Schiedsrichter-Obmann des Deutschen Fußball-Bundes, liegt "ein Bericht des Schiedsrichterbeobachters vor, der vollkommen in Ordnung ist". Konsequenzen hat Metzen vorerst nicht zu befürchten. "Es gibt keinen Grund, ihn aus den Ansetzungen zu nehmen", so Roth auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE.
Ungemütlich könnte es allerdings für Osnabrücks Trainer Claus-Dieter Wollitz ("Hier ist mit Hochdruck daran gearbeitet worden, dass wir nicht siegen"

und den Spieler Joppe werden. Laut Roth ist es durchaus möglich, dass das Sportgericht Ermittlungen gegen die Niedersachsen aufnimmt: "Die Vorwürfe sind schließlich ganz schön happig", so Roth.