Es gibt Spiele, da fragen sich hinterher alle gleichermaßen, wie das so ausgehen konnte. Da dominiert eine Mannschaft eigentlich das ganze Spiel, drängt den Gegner über weite Strecken in dessen Hälfte, verlagert ständig das Spiel gekonnt von einer auf die andere Seite, dringt immer wieder bis in den Sechzehner ein, hat zahlreiche Einschussgelegenheiten - und am Ende heißt es 3:4.
Letzten Endes waren es diverse Faktoren, die zu dieser völlig unnötigen, wenn nicht gar völlig unverdienten Niederlage des Tabellenvierten gegen den (jetzt) Tabellendreizehnten führten. Einer davon war, dass der Gast vom Föhrenweg nicht in der Lage war, aus der deutlichen Überlegenheit der ersten Halbzeit auch eine deutliche Führung herauszuspielen. Entweder vergab man beste Einschussgelegenheiten, weil der Ball nicht richtig getroffen wurde, weil man sich statt einfach aus guter Position aufs Tor zu schießen für ein weiteres kompliziertes Zusammenspiel entschied, weil der Gegner beim letzten Pass noch irgendwie ein Fuß dazwischen bekam oder weil der Torschuss noch von einem Spieler oder dem gut aufgelegten Torwart der Gastgeber - teilweise erst auf der Torlinie - entschärft wurde.
Und so geschah es wie so oft in diesem Sport, dass in der 43. Spielminute der erste bis zum Abschluss vorgetragene Angriff der Bottroper zum 1:0 für den Gastgeber führte, als Halil Memisoglu auf Links völlig ungestört zum Flanken kam und der hoch aufgeschossene Julian Mali vor dem Tor genauso ungestört zum Kopfball gelassen wurde. Schon jetzt war der Spielverlauf auf den Kopf gestellt.
Die Marschroute für Halbzeit zwei war aus Sicht der Haarzopfer klar: weiter konzentriert und geduldig spielen und in den sich bietenden Gelegenheiten mehr Entschlossenheit an den Tag legen.
Die Bottroper verschanzten sich nun noch mehr in ihrer Hälfte und nutzten jeden noch so harmlos geführten Zweikampf dazu, sich theatralisch und aufschreiend zu Boden gehen zu lassen. Der oft viel zu weit vom Geschehen stehende Schiedsrichter bedankte sich für diese klaren Hinweise jeweils mit einem Pfiff. Diese wagen Entscheidungen waren jedoch leider nicht der einzige Grund, mit seiner Leistung nicht wirklich zufrieden gewesen sein zu können. Denn das 2:0 der Bottroper fiel nach einem Zuspiel ins überdeutliche Abseits, wodurch Julian Mali völlig unbedrängt aufs haarzopfer Tor zugehen konnte, Torwart Philip Hoffmann umspielte und ins nun leere Tor einschob. Die Frage muss hier erlaubt sein, wie weit ein Spieler im Abseits stehen muss, damit es von einem Bezirksliga-Schiedsrichter erkannt wird?!?
Die Antwort gab Schiedsrichter Okan Uyma wenige Augenblicke später: nur wenige Millimeter (oder auch gar nicht), denn als der SuS kurz nach Wiederanpfiff einen Pass in die Tiefe der dicht gestaffelten bottroper Abwehr spielte, erkannte er sicher und unbeirrbar auf eben dieses Abseits.
Die Männer vom SuS ließen sich trotzdem nicht beirren und versuchten weiter alles, um zum Torerfolg zu kommen. Und die Bemühungen wurden in der 66. Minute auch das erste Mal belohnt. Eine scharfe Hereingabe von der linken Seite nutzte Heiko Maek zum Anschlusstreffer, wobei er den Ball nur wenige Zentimeter über dem Boden per Flugkopfball in die Maschen setzte - akrobatisch! Jetzt dachte wohl jeder, dass dies die verdiente Wende in dieses Spiel bringen würde. Aber denkste!
Nur eine Zeigerumdrehung später lag der SuS wieder mit 2 Toren zurück, als ein zentral aufs Tor gebrachter Schuss mit der Pike unter Torwart Philip Hoffmann durchrutschte. Aber auch dieser Rückschlag ließ die Gäste nicht in ihren Anstrengungen nachlassen, hier alles zu versuchen, die drohende Niederlage noch abzuwenden. Viel Zeit ging dabei immer wieder durch die zahlreichen kleinlichen Pfiffe des Schiedsrichters verloren, die den Gastgebern in die Karten spielten und deshalb auch weiter von ihnen provoziert wurden.
Es begann die dramatische Schlussviertelstunde. Mit zwei frischen Spielern und einigen Umstellungen versuchten die Gäste, noch mehr Druck aufs bottroper Gehäuse aufzubauen. Mit Erfolg! In der 78. Minute gelang Marc Enger mit seinem 29. Saisontreffer der sehenswerte Anschlusstreffer zum 2:3. Jetzt war zumindest der Ausgleich wieder zum Greifen nah!
Und der SuS versuchte weiter alles. Das ständige Anrennen und die fortlaufenden Bemühungen wurden schließlich auch (vorerst) belohnt. Der Schiedsrichter hatte schon die zweiminütige Nachspielzeit angezeigt, da hielt es auch Innenverteidiger David Strahler nicht mehr hinten. Er bekam den Ball halbhoch in den Strafraum der Gastgeber gespielt, wo ihm Torwart Dominik Wrobel entgegenkam, den er aber gekonnt überlupfte und so den Ball zum laut umjubelten 3:3 Ausgleich einnetzte.
Noch einmal wurde das Spiel angepfiffen, noch einmal gab es einen Freistoß-Pfiff für den Gastgeber. Gefühlte 47 Meter vom Tor entfernt, schlug Dominik Wenderdel den Ball Richtung haarzopfer Tor. Alle zuckten irgendwie zum Ball hin, aber niemand berührte ihn mehr, sodass er zur Entzückung der Bottroper und zum Entsetzen der Essener zum 4:3 ins Tor tropfte.
Dann war Schluss!
Auch wenn der Sieg der Bottroper nicht mehr ihren Abstieg verhindern wird, auch wenn die Niederlage den SuS keinen Tabellenplatz kostet; das Spiel wurde von beiden Seiten mit viel Kampf und Leidenschaft geführt sowie mit dem immer erkennbaren Willen, hier als Sieger vom Platz zu gehen - mit einem glücklichen Sieger aus Bottrop.

















