Bei anfangs winterlichen und im weiteren Verlauf des Spieles immer angenehmeren Temperaturen war unser wunderschöner Kunstrasen („Teppich“) glatt wie die Torlatte. Man hätte annehmen können, dass der heimische VfL damit wohl besser umgehen könnte, aber hüben wie drüben unterliefen viele dem Boden geschuldete Fehlpässe. Aber es trog wohl der Eindruck nicht, dass die Gäste aus Hattingen das Geläuf besser unter Kontrolle hatten.
Vier Minuten waren erst vorbei, als Niederwenigern zur ersten Ecke des Spiels antrat. Der Schütze tritt den Ball hart in die Mitte des Sechzehners, von wo aus er den Weg zu einem Spieler findet, der etwas außerhalb des Strafraums postiert ist, etwa 19 Meter vom Tor entfernt. Er fackelt nicht lange und drischt die Kugel direkt auf dem nassen Boden in die Maschen. Wir wehrten uns nach Kräften und wurden beinahe belohnt. Nur vier Minuten nach dem Rückstand Ecke für uns, die Gio erreicht. Sein Kopfball küsst die Latte, Nachschuss Ole, Unterkante der Latte. Es sah sehr extrem nach Tor aus, manch einer jubelte auch schon. Der Schiedsrichter entscheidet darauf, dass der Ball die Linie nicht überschritten hat, was nach dem Spiel auch ein Kupferdreher zu bestätigen meint. Im Aufbauspiel bleibt danach vieles Stückwerk. Mal ein gelungener Pass, mal ein gutes Dribbling, mal ein Abschluss. Aber nichts, was den Gästen richtig Angst einjagen würde. Die spielten ihren Stiefel herunter und kamen mehr zu Ballbesitz als zu richtigen Torchancen.
Genauer gesagt, war auch der zweite Torschuss wieder drin. Nach einem katastrophalen Fehlpass im Mittelfeld unsererseits erobert ein Gelber den Ball, nutzt den sich ihm bietenden Raum, geht bis zur Grundlinie, bringt den Ball in die Mitte und bejubelt seinen Kollegen, der nur den Fuß hinhalten muss (21.). Ein weiterer Konter ist es, der das dritte Tor für die die Gäste besorgt. Ein Einwurf für die Roten, zwanzig Meter vor dem Tor der Sportfreunde, kommt postwendend zurück. Drei gelbe Stationen nach unserem Einwurf darf Thomas den Ball wieder aus dem Netz holen (28.). Wieder zwei Minuten später: Einwurf von der linken Angriffsseite der Niederweniger, Kopfballverlängerung an die Strafraumkante. Der daraus resultierende Schuss ist der erste (!!!), der nicht den Weg ins Tor findet – zum Vergleich: Wir hatten zu dem Zeitpunkt allein zweimal die Latte getroffen – Thomas hält stark. Er lässt den Ball auch mustergültig zur Seite abklatschen, wo aber dummerweise ein Gelber steht und weit und breit kein Roter. Egal, ob der Spieler nun im Abseits stand oder nicht: So viel Platz darf man einem Gegenspieler nicht lassen. Dass er gegen den geschlagenen Thomas einschiebt, ist nur Formsache.
Der VfL stellt nun das Spielen größtenteils ein, man möchte sich zur Halbzeit mausern und SFN das Spiel überlassen. Das klappt nur semigut. Freistoß von halbrechts für die Hattinger, Thomas lässt unglücklich abklatschen, der Nachschuss lässt das Netz zittern (35.). Man mag es gar nicht sagen: Zwischen dem 4:0 und dem 5:0 schoss der Gast nicht auf's Tor. Ergo: Fünfte Chance, fünftes Tor. Der Freistoß war der sechste, der Nachschuss der siebte Schuss auf's Gehäuse unseres Schlussmanns. Selbstredend ist Niederwenigern über sehr weite Strecken die bessere Mannschaft, zweifellos. Aber so eine gnadenlose Ausbeute verfälscht das Ergebnis schon extrem. 0:5 zur Pause klingt nach vollkommen überforderter Selbstaufgabe, aber so lässt sich bei reinem Gewissen die erste Hälfte nicht beschreiben. Die Geschwindigkeit der Gäste war gut, die individuelle Klasse höher, wir kamen häufig nicht in die Zweikämpfe, aber von Selbstaufgabe konnte nie und nimmer die Rede sein, vor allem die Sechser und Gio liefen den Bällen unermüdlich hinterher und versuchten, die Räume für die Gelben eng zu machen. Darüber hinaus fehlte uns vorne das Glück, das den Sportfreunden hold blieb.
In der Halbzeit stellten wir um, Dennis stärkte die Defensive noch mehr, Gerrit fand sich im Sturm wieder. Aber was war das dann für ein Horrorstart für den Neuzugang? Mit dem Anstoß zur zweiten Halbzeit hat er seinen ersten Ballkontakt für die neuen Farben. Die Mannschaftskollegen vertendeln den Ball und handgestoppte 16 Sekunden nach seinem Anstoß kann er sich schon ein Kreisliga-A-Gegentor in die Vita schreiben. Dann stößt Gerrit ein zweites Mal an und es beginnt eine von ihm kämpferisch-läuferisch gute Leistung und eine Druckphase des VfL. Hinten stellt Dennis seine Verteidigerkollegen gut, das Mittelfeld ackert und die vorderen Reihen kommen zu Möglichkeiten. Erst noch über Fernschüsse, aber im weiteren Verlauf der zweiten Hälfte auch immer mal wieder über schön herausgespielte Aktionen.
Für das Tor, den verdienten Lohn und Ergebniskosmetik, muss dann aber ein Standard herhalten. Pumba schlägt die Ecke flach in die Mitte, wo Käpt'n Ole zur Stelle ist und auf 1:6 verkürzt (76.). Danach ist es kein besonders gutes Spiel mehr, auch wenn beide Mannschaften zu Möglichkeiten kommen (ja, Niederwenigern hat tatsächlich nicht jede Chance genutzt). Den Schlusspunkt setzen aber trotzdem die Gäste, die tief in der Nachspielzeit einen Distanzschuss verwandeln und so doch beide Halbzeiten gewinnen.
Wir haben wieder eine gute Viertelstunde gehabt, in der wir auch das Tor gemacht haben. Das reicht aber natürlich nicht. Dafür haben wir uns defensiv zu viele Fehler geleistet, die heute mehr als irgendwann zuvor mit einer solchen Eiseskälte genutzt wurden, dass es uns eine ganz gehörige Lehre sein sollte. Wir befinden uns gerade nicht in der Lage, dass wir die Fehler von anderen ausbügeln können und so stehen wir nun einmal bei 69 Gegentoren und dem Titel „Schießbude der Liga“. Das ist nicht schön, aber Realität. Wir spielen immerhin mittlerweile gute zweite Hälften, was uns bei fünf Gegentoren in der ersten Hälfte herzlich wenig bringt, aber für eine gute Moral spricht. Zwar hat auch Niederwenigern scheinbar nicht auf Zweistelligkeit oder Ähnliches gespielt, aber dass wir nach dem 0:6 16 Sekunden nach dem Seitenwechsel nicht zusammengebrochen sind, ist zumindest eine erfreuliche Fußnote.
