„Hömma, hat schomma ne Mannschaft drei Stück von denen gekricht?“
30.03.2017
ESG I – VfL Kupferdreh I 5:3 (2:1), 24. Spieltag, Donnerstag, 30.03.2017, 19:00 Uhr
Hammerjungs: Plohmann – Hainold, Kohlmann (C), Gallego, Marcow (81. Schmitz) – Hitpass, Renell (75. Karim) – Lampey (62. Ramus), Barrotta, Gajewski – S. Strub (Bank: Arlt)
Tore: 1:0 (13.), 1:1 S. Strub (15.), 2:1 (40.), 2:2 Renell (53.), 3:2 (63.), 4:2 Gallego (ET, 78.), 4:3 Barrotta (89.), 5:3 (90.)
Wenn die gegnerische Bank nach dem Spiel trotz Sieges vollkommen entrüstet über das eigene Ergebnis ist, kann man nicht so viel falsch gemacht haben. Tatsächlich war es ein bärenstarkes Spiel der Mannschaft vom Eisenhammer, die neben Kudel heute auch den Ausfall von Fußballphilosoph André Wölting verkraften musste, was interessante personelle Aufstellungen an der Fahne nach sich zog. Trotz des Chaos vor dem Spiel riss sich der VfL in den neunzig Minuten auf dem Platz den Allerwertesten auf und machte es dem Favoriten sehr schwer.
Spiele unter der Woche sind organisatorisch immer ein schweres Pflaster, auswärts ganz besonders. Während die ersten Mannen in blau und gelb schon zum Aufwärmen den Platz betraten, wartete der VfL noch auf Nachzügler, die um zwei Minuten nach sieben (man beachte die Anstoßzeit...) erst komplett waren. Ganz bitter neben den Ausfällen, die sich schon zwischen Dienstag und Donnerstag Mittag anbahnten, war die (viel zu späte) Erkenntnis, dass Gerrit, der in letzter Zeit eine echte Größe in der VfL-Aufstellung geworden war, wegen seiner fünften Gelben gesperrt war. Das erleichterte hingegen die Berufung eines „Nichtneutralen Schiedsrichterassistenten“, bei dem Gerrit nun debütierte – widerwillig, aber dafür auch gar nicht mal so gerne.
Personell klaffte mal wieder die obligatorische Lücke im Kader. Doch dass Neuzugang Dennis Ramus seinem Pflichtspieldebüt entgegenfieberte, war immerhin ein Lichtblick. Taktisch versuchten wir es mal mit einem 4-2-3-1, was auch dank der großen Laufbereitschaft ganz passabel funktionierte.
Das Spiel begann (überraschend direkt zu Anpfiff sogar mit 11 gegen 11 und vier rot-goldenen Auswechselspielern) mit einem druckvollen Angriffspressing von den Huttroper Gastgebern. Das allerdings wurde messerscharf vor dem Spiel vom Trainerstab analysiert und vorhergesagt, weshalb seine Schützlinge perfekt der Situation gewachsen waren. Zehn Minuten lang ging es für die Heimelf, die zwar zwischen 85 und 90 Prozent Ballbesitz hatten, nur über Fernschüsse. Das wiederum war nicht besonders schlimm, da Schlussmann Thomas so langsam warmgeschossen wurde und auf Betriebstemperatur kam. Beim VfL blieben Gegenangriffe Stückwerk, wenn auch manch ein Konter im Torabschluss mündete. Doch trotz des neuen Spielsystems stand der Gast hinten drin ziemlich souverän und kompakt. Natürlich kam auch mal was dem Tor gefährlich nahe, aber mit Torwart und etwas Glück auf unserer Seite spielten wir heute ausnahmsweise mal (und nicht wie sonst der Gegner) mit mindestens elfeinhalb Spielern. Bis zur 13. Minute aber hatte 99/06 noch keinen Abschluss im Kupferdreher Sechzehner. Das ändert sich schlagartig nach einer fantastischen Flanke von der rechten Seite, die perfekt auf den Kopf des Stürmers kommt, der mustergültig aus zehn Metern einköpft und Thomas nicht den Hauch einer Chance lässt.
Die Führung kommt etwas überraschend, wenn auch nicht unverdient. Die Antwort, eben so überraschend, des Tabellen-Schlusslichtes ließ nicht lange auf sich warten. Zwei Minuten nach dem Rückstand spielt sich Gio an fünf bis sechs Gegenspielern vorbei über den halben Platz. Angefangen zwanzig Meter vor dem eigenen Tor gewinnt er jedes Eins-gegen-Eins-Duell und tankt sich durch bis etwa 35 Meter vor das Gehäuse des Gastgebers. Dort spielt er, umringt von drei Gegenspielern, einen etwas steilen Pass auf Steffan, der sich aber durchwuselt den Ball knapp an dem herauskommenden Torwart vorbeispitzelt, von wo aus er langsam ins Tor trudelt.
Dann begann Teil Eins der großen Thomas-Plohmann-Show. ESG, durch den Ausgleich aufgestachelt, erspielte sich mit guten Kombinationen Chance um Chance, scheiterte aber immer wieder am Kupferdreher Rückhalt. Besonders beeindruckend parierte er eine Doppelchance in der 36. Minute, wobei er sich bei dem zweiten Versuch besonders lang machte und die Kugel irgendwie aus dem Tor kratzte. Wenige Sekunden nach dem Ausgleich allerdings hatte er noch das Glück des Tüchtigen, als ein Gegner nach guter Körpertäuschung die gesamte VfL-Defensive auseinander nahm und gefühlte drei Minuten allein vor dem Tor stehend aus fünf Metern nur den Innenpfosten traf. Sonst aber hielt Thomas alles, von Flanken über Fernschüsse bis hin zu Eins-gegen-Eins-Duellen. (Bei wem er sich das abgeguckt hat, wird an dieser Stelle aus persönlicher Befangenheit und einem ungewohnten Anflug von Bescheidenheit offen gelassen.)
Kurz vor der Pause musste es dann doch geschehen. Ole gewinnt einen ungeheuer wichtigen Zweikampf zwei Meter vor dem Sechzehner, kann den Ball aber nicht kontrolliert klären. So landet er vor den Füßen eines Blau/Gelben, der in der Hinsicht keine Verwandten zu kennen scheint und die Kugel ohne Annahme mit vollem Risiko in einer Wahnsinnsgeschwindigkeit derart in den Giebel nagelt, dass Thomas gar nicht erst Anstalten macht, hinterherzuspringen (40.).
Noch kürzer vor der Pause ist es fast wieder der erneute Ausgleich. Nach doppeltem Doppelpass zwischen Pumba und Gio kommt der Steckpass zu Steffan, der in den Strafraum eindringt und die ESG-Abwehr umkurvt. Als er abzieht, reißt er schon beinahe beide Fäuste hoch, die Bank erhebt sich leicht, doch der Schuss verpasst denkbar knapp den Winkel.
So ging es mit 1:2 in die Pause. Man kann nicht sagen, dass es unverdient war, doch leicht unglücklich war es dennoch aus Kupferdreher Sicht, das schon nach dieser guten Halbzeit einen Punkt verdient hatte. Die Vorstellung aber, dass dem Gastgeber gerade in der Kabine wohl die Hölle heiß gemacht wurde, sorgte schon für Genugtuung und stärkte die kesse Hoffnung, aus der Hubertusburg vielleicht doch noch ein Pünktchen zu entführen.
Erst einmal wurde in der Pause aber gewechselt – der Schiedsrichterassistent. Nachdem Gerrit vom Schiedsrichter ermahnt wurde, seine Aufgabe nicht seinem würdigen Ersatz (der spielfeldbegrenzenden Metallstange) zu überlassen, sondern bitte selbst an der Seitenlinie anwesend zu sein, gab er bereitwillig die Fahne an den aufopferungsvollen Norman ab, der fortan einen super Job an der Fahne machte.
Nach dem Seitenwechsel startete ESG wieder mit gnadenlosem Angriffspressing, das in den letzten zwanzig Minuten der ersten Hälfte kräftemäßig etwas vernachlässigt worden war. Die VfL-Abwehr wankte zwar und ein richtig erfolgreiches Aufbauspiel wollte auch nicht gelingen, doch sie hielt. Schon fünf Minuten nach der Pause wurde das Spiel etwas offener, mit Möglichkeiten auf beiden Seiten. Die Waage schlug etwas zugunsten der Hubertusburger aus, aber der VfL war im Spiel. Nach 53 Spielminuten bekommt Gaga dann einen Freistoß zugesprochen. Kevin tritt an, der Ball ruht etwa sieben Meter in der Hälfte der Gastgeber. Mit links bringt er ihn herein und trifft Kopfballungeheuer Gaga, der aus fünf Metern auf Steffan ablegen will, den Ball aber dafür nicht optimal trifft. Stattdessen senkt sich der Ball am verdatterten Torwart vorbei in die lange Ecke, wo er neben dem Pfosten einschlägt! 2:2, alles wieder offen!
In der 62. Minute kam Dennis Ramus zu seinem Einstand im rot-goldenen Trikot, Pumba machte Platz. Ohne dass ihn große Schuld trifft, fällt anderthalb Minuten später über seine Seite das 2:3. Doch das macht ESG einfach wieder stark. Sie kombinieren sich rechts durch und setzen mit einem flachen, harten Pass ihren Stürmer in Szene, der aus kurzer Distanz, aber spitzem Winkel seine Qualität zeigt und den Gastgeber zum dritten Mal am heutigen Tage in Führung bringt.
Ein Muster zeichnete sich ab. Kaum fiel ein Tor, wurde es prompt auf der Gegenseite gefährlich. Nun waren nach 65 Minuten also wieder die Hammerjungs an der Reihe. Gio bedient mit einem langen, steilen Pass den frei stehenden Lars auf der rechten Seite, der sein Tempo spielen lässt und den Ball in den Strafraum treibt. Dort legt er ganz stark in den Lauf von Steffan, der aus sechs Metern die Kugel im Netz versenkt! Doch der sehr starke Schiedsrichter Müller sah in dieser kniffligen Situation eine Abseitsstellung unserer Nummer Neun. Schade. Sahnemäßig guter Angriff von allen drei Beteiligten. Kein Vorwurf an Müller, der äußerst souverän gepfiffen hat. Einen perfekten Schiedsrichter wird man auch in hundert Jahren, selbst mit Videobeweis und erst recht nicht in der Kreisliga, nicht finden. Doch die Art, das Spiel zu leiten und die Entscheidungen fanden auf beiden Seiten Anklang, sodass man aus VfL-Sicht (man kann fast sagen, endlich mal wieder) richtig zufrieden mit einem Unparteiischen sein konnte, ohne dass er uns bevorteiligt hätte. Steffan stand vielleicht auch tatsächlich im Abseits.
Unsere Sechser machten ein bärenstarkes Spiel, bei dem viel Laufarbeit gefordert war. So verwunderte es nicht, dass eine Viertelstunde vor Schluss Gaga die Segel streichen und Rahel das Feld überlassen musste. Während Thomas wieder zu Höchstform auflief, verpufften unserer Konter etwas zu oft im Nichts, nachdem einfache Fehler das Spielgerät wieder zu blau-gelbem Eigentum machten.
Schlussphase (man lese und staune: es war immer noch spannend): 78. Minute: Ecke ESG. Thomas kann wegfausten, zu kurz, Fernschuss, Carlos fälscht ab, Eigentor. Ende, Aus, Mickey Maus? Denkste! Heute war alles drin. Auch aus einem 2:4 vielleicht noch ein Unentschieden zu machen. Die Angriffsmaschine lief wieder. Die Partie erreichte eine unglaubliche Geschwindigkeit, es ging mit Kontern und Gegenkontern hoch und runter. Nach einer weiteren Rettungstat bleibt dann Thomas mit Kreuzbandbeschwerden liegen, Riesen-Schock für Kupferdreh! Er kann noch weiterspielen, rund sah das aber nicht aus. Kaum war der Schiedsrichter-Ball ausgeführt, ging es wieder zur Sache. Möglichkeiten hüben wie drüben. Steffan schießt – vorbei. Gegenangriff – Thomas ist da, langer Pass – zu ungenau. Mal eine Verschnaufpause durch ein Foul an einen Gast. Kevin tritt wieder an, wieder halblinke Position, diesmal nur gute dreißig Meter vor dem Tor. Gio bekommt den Ball, kann ihn irgendwie behaupten und zieht aus acht Metern ab – drin (89.)!!!
3:4 in Huttrop ist zwar ein gutes Ergebnis, aber wenn man schon einmal da ist, will man dann auch mehr. Wir machten auf, beorderten Rahel in den Sturm, den ebenfalls eingewechselten Tobi Schmitz ins Mittelfeldzentrum und ließen Dreierkette spielen. Alles oder nichts.
Am Ende war es dann nichts. ESG kam nach einem Konter sogar noch zum 5:3, an dem Thomas vielleicht etwas hätte machen können, wenn er nicht verletzt wäre (vielleicht auch nicht, keine Ahnung). Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass das ein richtig gutes Spiel war. Irgendwie fühlte es sich sogar ein bisschen an wie ein Sieg. Die Jungs haben gekämpft, drei Buden gemacht und den Gegner zur Verzweiflung gebracht. Sogar Schiedsrichter Müller beglückwünschte den Verlierer am Ende zu einem guten Spiel. Aus einem Spiel, das eigentlich vor dem Anstoß schon verloren war, haben wir eine ganze Menge gemacht und das ist schön.
Das Schlusswort verdient Thomas, der eines der besten Spiele eines Kreisliga-Torwarts gemacht hat, die ich jemals gesehen habe. Geil gespielt, Junge, werd' bitte, bitte bald wieder fit.
pp
