ETB SW Essen

"Sensationelle Saison schürt Erwartungen"

Mit dem Sieg im direkten Duell ist es den Lackschuhen jetzt gelungen, Platz sieben zu erklimmen. Ein Rang, den nach dem Chaos und der Fast-Insolvenz aus dem Vorjahr, den Schwarz-Weißen kaum jemand zugetraut hat. Doch Trainer Stefan Janßen hat es geschafft, mit bescheidenen finanziellen Mitteln, seinen Kindergarten zu etablieren.

„Loss mer fiere“, wie der Kölner zu sagen pflegt. Oder wie der Essener sagt: „Lasst uns feiern!“ Unter dem Motto steht nun auch das Freundschaftsspiel zwischen dem ETB und Aufsteiger 1. FC Köln am Donnerstag, 22. Mai, um 19 Uhr, am Uhlenkrug. Das gleiche Motto gilt dann auch für das Saisonfinale im Stadtderby gegen RWE II.

Zwei Highlights, die Janßen und Co. genießen wollen. Warum der ETB plötzlich wieder im alten Glanz erstrahlt und weshalb sich der Coach keinen Träumereien hergibt, verrät er im RS-Interview.

Stefan Janßen, hätten Sie damit gerechnet, dass Ihre Mannschaft sofort derart einschlagen würde?
Vorab: Ich freue mich für meinen alten Freund Georg Mewes und den SV Hö.-Nie. Der Acker wird ein Farbtupfer in der Regionalliga sein. Wer nach 37 Spieltagen als Meister feststeht, hat es einfach verdient, aufzusteigen. Hut ab vor dieser tollen Leistung. Nun zu uns: Nein, das konnte niemand. Was die Jungs im Laufe der Saison geleistet haben, ist sensationell. Als ich vor einem Jahr vom ETB kontaktiert wurde, habe ich mich über alles informiert und jeder hat mir gesagt, dass die Schwarz-Weißen nach dem ganzen Theater und dem Neuanfang der Absteiger Nummer eins sind. Das hat mich schon nachdenklich gestimmt, gleichzeitig aber auch angestachelt. Als ich dann die Jungs sowie unseren Manager Matthias Herget kennengelernt habe, habe ich gesagt: „Mit denen schaffe ich es.“ Dass es aber so gut laufen würde und wir nicht einmal auf einem Abstiegsplatz gestanden haben, das hätte ich nicht gedacht.

Herget und Sie, das funktioniert, oder?
Ja, wir sprechen eine Sprache und verfolgen die gleiche Philosophie. Wir haben auf die richtigen Pferde gesetzt, wobei ich betone, dass wir einen tollen Mitarbeiterstab haben. Denn Trainer sind nicht diejenigen, die alles können oder richtig machen. Wir sind auf Glück und Pech angewiesen. Deshalb steht meine Leistung auch nicht im Vordergrund. Ich arbeite einfach mit Herz und Leidenschaft.

Dennoch haben sie die Messelatte hoch gehangen. Ist das für die neue Saison ein Eigentor?
Nein, denn ich kann mich nur daran messen lassen, welche Spieler mir zur Verfügung stehen. Es ist auch eine Frage des Etats, denn in dieser Liga kann Qualität gekauft und damit das Niveau manipuliert werden. Wir müssen erneut auf junge Spieler setzen, denn leider ist noch kein Dukatenesel zu uns gekommen. Die Liga wird durch Ab- und Aufsteiger sicherlich stärker. Wenn wir diesen Platz erneut erreichen wollen, benötigen wir auch den nötigen Background. Wir befinden uns immer noch im Neuaufbau und sind noch weit davon entfernt, dort zu sein, wo wir vor zehn Jahren waren.

Das hört sich pessimistisch an.
Nein, im Gegenteil: Ich bin nur zu sehr Realist und lasse mich von Träumen nicht beeinflussen. Wenn ich die Augen öffne, sehe ich, was möglich ist. Ich war mal im KaufhausDesWestens in Berlin und hatte Hunger, aber mein Portemonnaie vergessen. Als ich an der Feinkostabteilung vorbei kam, hätte ich dort gerne etwas gegessen, konnte es mir aber nicht leisten. Also habe ich mir etwas zu Essen in einer anderen Abteilung gekauft und bin trotzdem satt geworden. Soll heißen: Es gibt gute Jungs, die am Ende nicht oben unterkommen, dann aber die Chance beim ETB sehen. In der jetzigen Wechselphase, in der alle von der Regionalliga und vom Geld träumen, sind wir falsch am Platz. Aber die Leute, die hinten rüber fallen, können wir auffangen. Das heißt nicht, dass wir nicht wieder einen Schritt nach vorne gehen können. Aber wir gehen kleine Schritte und machen keine Sprünge. Unseren Weg verfolgen wir konsequent.

Am Donnerstag gastiert der 1. FC Köln am Uhlenkrug...
... grandios, denn wir sind nach Lukas Podolskis Heimatverein FC Bergheim der zweite Gegner des Aufsteigers, darauf sind wir stolz. Ich freue mich für unsere Jungs, denn das ist ein Highlight. Sie dürfen gegen Bundesligastars spielen, die sie sonst im Fernsehen sehen. Deshalb nehme ich auch 22 Spieler mit in den Kader, damit alle mal zum Einsatz kommen, auch die A-Jugendlichen.

Zudem steht ein besonders Comeback an.
Richtig, denn Som EssoméSom Essomé» zum Profil ist nach sieben Monaten in den USA wieder dabei. Er studiert ja an der Lindenwood University in St. Charles, Missouri und hat dort ein Fußballstipendium erhalten. Ich hoffe nicht, dass er sich zu sehr auf Basketball versteift hat. Er ist natürlich auch für das Derby am Sonntag gegen RWE II eine Alternative.

Apropos Derby: Ist das der perfekte Saisonausklang gegen Ihren Vorgänger Dirk Helmig?
Wenn ETB gegen RWE spielt, geht es immer um etwas. Es gab mal Zeiten, in denen wir Konkurrenten waren, aber jetzt sehe ich RWE als großen Bruder an. Es ist ein Nostalgie-Spiel, denn diese Mannschaft der Roten verschwindet ja von der Bildfläche. Wir können den siebten Platz nur mit Sieg verteidigen, deshalb gibt es keinen lockeren Ausklang. Mit „Putsche“ habe ich freundschaftlichen Kontakt und wir reden viel miteinander. Ich habe mich mit ihm auch über seine Jungs unterhalten, die für uns interessant sein könnten, aber leider hat sich nichts ergeben. Doch wie schon gesagt: Unsere Zeit kommt noch.