Der Sommer 2017 war mal wieder eine Jahreszeit, in der Ilkay Gündogan Fußball nur am Fernseher verfolgt hat anstatt selbst zu spielen. Dabei hätte er den Erfolg der deutschen Nationalmannschaft beim Confed-Cup in Russland miterleben sollen, schließlich gehört der ehemaliger Star von Borussia Dortmund mit zum Besten, was der deutsche Fußball im Mittelfeld zu bieten hat.
Aber Gündogan, der auch als Spieler von Manchester City schon wieder viele Spiele verpasst hat, hat gelernt, mit seiner Verletzungsgeschichte umzugehen. „Einerseits ist das natürlich traurig, andererseits kann ich mir nichts vorwerfen“, sagt der 26-Jährige in einem sehr offen geführten Gespräch mit der Sportbild. „Ich habe immer professionell gelebt, und dementsprechend muss man es einfach akzeptieren. Das Leben stellt einen manchmal vor gewisse Aufgaben.“
Ich glaube, dass wir längst noch nicht alles von ihm gesehen haben und er bei City und bei Pep genau am richtigen Fleck ist, um sich weiterzuentwickeln
Ilkay Gündogan über Leroy Sane
Annähernd die Hälfte aller möglichen Spieler in seiner Karriere hat Gündogan verpasst, weil er verletzt war. Mehrere große Turniere wie die WM 2014 gehörten dazu, zuletzt sorgte ein Kreuzbandriss dafür, dass er seit Dezember 2016 nicht mehr auflaufen konnte. Gündogan: „Gerade in den ersten Wochen nach einem Kreuzbandriss denkt man oft: Warum schon wieder ich? Was habe ich falsch gemacht? Aber das bringt einen nicht weiter. Offenbar will es das Schicksal so, dass ich ein paar Rückschläge mehr wegstecken muss als andere, aber ich habe mir auch nicht das Genick gebrochen. Man muss hart arbeiten, aber ich bin mir sicher, dass ich genauso stark wie vorher zurückkomme.“
Mittlerweile kenne er seinen Körper so genau, „dass ich sicher nicht den Fehler machen werde, etwas zu überstürzen oder auf Teufel komm raus zu früh zu viel zu wollen.“ Bei 70 Prozent Leistungsfähigkeit sei er, alle Übungen mit seiner Mannschaft kann Gündogan jedoch noch nicht absolvieren. Nach fünf Monaten Reha habe er es genossen, zuletzt mal Urlaub gemacht und natürlich auch dort – therapeutisch betreut – am Comeback gearbeitet zu haben: „Das war wichtig. Ich habe außerdem ein paar Jungs vom DFB getroffen wie Mesut Özil oder Leroy Sané. Jetzt kann es wieder losgehen.“
Als ehemaliger Dortmunder hat er gewissermaßen sogar den Pokalsieg des BVB mitgefeiert bei der Fahrt um den Borsigplatz: „Assistenz-Trainer Benny Weber hat mich per Facetime zugeschaltet, ich war total überrascht. Plötzlich sah ich Shinji Kagawa und Roman Weidenfeller auf dem Truck – das war wirklich eine coole Geste. Ich hab es den Jungs und auch dem Trainer echt gegönnt.“
Beim Confed-Cup-Sieg der Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw ist Gündogan nicht entgangen, wie sich eine junge Generation neuer Spieler ins Rampenlicht hervorgetan hat. Ob er sich mit 26 Lenzen daher schon Sorgen um die eigene DFB-Karriere machen müsse? „Natürlich denkt man darüber nach“, sagt der Mittelfeld-Lenker. „Es gehört nun mal zum Leistungssport dazu, dass man sich gegen Konkurrenten behaupten muss. Ich versuche einfach, mein Bestes abzurufen – und da ich ja in der Zentrale spiele, muss ich vor allem gedanklich schnell sein.“
Bei selbstgesteckten Zielen ist Gündogan allerdings vorsichtig: „Klar weiß ich, dass eine WM ansteht, und es ist logisch, dass ich da endlich dabei sein will. Aber ich habe gelernt, mich mit gewissen Dingen abzufinden und damit umzugehen.“ Wenn er wieder das hellblaue Trikot der Citizens überstreifen darf, freut sich Ilkay Gündogan vor allem auf einen Mitspieler: Leroy Sané. Dem ehemaligen Schalker traut er in dessen zweiten Jahr in Manchester sogar den Durchbruch zur Weltklasse zu: „Das Potenzial hat er definitiv. Ich glaube, dass wir längst noch nicht alles von ihm gesehen haben und er bei City und bei Pep genau am richtigen Fleck ist, um sich weiterzuentwickeln. Ich bin ja sein größter Kritiker und weiß, zu was er fähig ist. Er hat noch viel Zeit.“



Hinweis:
Um Kommentare schreiben zu können, musst du eingeloggt sein. Falls du noch nicht angemeldet bist, kannst du dich hier kostenlos anmelden.
Login via Facebook
Der Login via Facebook erleichtert Ihnen die Anmeldung