Warum meine Zweifel am Erfolg in der Relegation?
Viktorias absolute Stärke insbesondere in der Rückrunde: bvb-ähnliches Pressing, eine hochstehende Defensive, druckvolles Angriffsspiel mit Unterstützung durch diese Defensive im Spielaufbau, insbesondere über die taktisch und technisch hochversierten und torgefährlichen Außenverteidiger Koronkiewicz und Eichmeier, die im kaum zu verteidigenden Wechselspiel mit ihren Pendants im Angriff, Golley/Holzweiler und Gottschling/Candan, die gegnerische Abwehr auseinanderziehen und aushebeln. Mit Ausfall von Eichmeier fehlt die Absicherung und torgefährliche Varianz der linken Hälfte dieser bissigen Flügelzange, und zudem ein weiterer Standardspezialist neben Wunderlich. Das druckvolle Flügelspiel könnte nunmehr rechtslastig und für den Gegner leicht vorhersehbar werden.
Eine beidseitig funktionierende Flügelzange macht es für die gegnerische Defensive nahezu unmöglich auch die Mitte fehlerfrei zu verteidigen. Mit Ausfall eines Flügels könnte es somit einfacher sein die Schaltzentrale Wunderlich aus dem Spiel zu nehmen.
Eine hochstehende Defensive erfordert eine Innenverteidigung, die erfahren, eingespielt, antizipationsfähig, in Top-Form und schnell auf den Füßen ist. Mit dem zusätzlichen Ausfall von Reiche wird dieser Innenverteidigung die Erfahrung, Eingespieltheit und Top-Form genommen und die Antizipationsfähigkeit der Verteidigung insgesamt halbiert. Mit dem derzeit verletzten Brzenska als Ersatz (falls er einsatzbereit wäre) käme stattdessen zwar Erfahrung, aber auch fehlende Spielpraxis, Durchschnittsform und Langsamkeit hinzu. Die Innenverteidigung hätte somit den Leistungsstand von Spieltag 2, als es bis dahin 7 Gegentore in Wuppertal und gegen die Fohlen gegeben hatte.
Würde Schwarz Reiche ersetzen, so fehlte es an Form und Spielpraxis, so wie an einem gelernten Innenverteidiger. Wäre Isecke der Ersatz, so hätten wir eine Innenverteidigung mit Durchschnittsalter von 19, also keine Erfahrung und keine Spielpraxis in der RL für Isecke, 0 eingespielt mit Lanius. Außerdem reflektiert seine Denke und Erfahrung den fortwährenden Abstiegskampf in der Junioren-Bundesliga, keinen Kampf um Meisterschaft in Schlüsselspielen. Über Form und Schnelligkeit kann ich nicht urteilen.
Die gesamte Mannschaft müsste sich ihrer Stärke berauben und vollständig defensiv ausrichten. Eine solche Umkehr der Spielausrichtung haben schon prominentere Mannschaften nicht hinbekommen.
Dann fehlt noch der zuletzt gesetzte Mittelstürmer Kreyer. Jansen kommt irgendwie nicht heran. Er kämpft, bringt sich in das Angriffsspiel ein, bleibt aber ohne Sahne, ohne Torgefahr. Auch Candan käme als Ersatz im Zentrum in Frage, seine Form reicht aber immer noch nicht an die unmittelbar vor seinem Karabükspor-Intermezzo heran.
Mit dem psychologischen Aspekt des Selbstvertrauens sprichst du einen weiteren entscheidenden Faktor an, Hotte: Welche Lösung Trainer Antwerpen auch immer vorschwebt und in den verbleibenden (von Jenaer Spionen begutachteten) Spielen der Saison austestet, ein Misserfolg wie in Sprockhövel wirft sein Spielsystem, seine Spielidee, den Lösungsversuch, die gesamte Mannschaft weiter zurück, lässt den Erfolg in der Relegation in weite Ferne rücken. Die Ausfälle auf 3 entscheidenden Positionen können somit durch sinkendes Selbstvertrauen die gesamte Mannschaft erfassen, bzw. solche Teile, die sich davon erfassen lassen.
In dieser Situation kommt nun deutlich zum Tragen, was die Relegation als Modus für den Aufstieg in Liga 3 so ungerecht macht. Es wird nun in nur zwei Spielen entschieden, wer sich den Aufstieg verdient haben soll. Da entwickelt sich eine junge, auf zentralen Positionen neu formierte Mannschaft über eine gesamte Saison Schritt für Schritt zu einem Spitzenteam, das mehr als drittligatauglich ist, beherrscht seine Gegner gerade zum Ausklang der Saison nahezu nach Belieben, und wird zu einem Zeitpunkt durch Verletzungen auf für das Spielsystem unverzichtbaren Positionen zurückgeworfen, wo es gilt, die besten Leute aufzubieten, um dem mindestens gleichwertigen Gegner Stand halten zu können. Zwei Spiele stehen also repräsentativ für Leistung und Entwicklung einer ganzen Saison. Können in diesen beiden Showdowns nicht die besten Spieler eingesetzt werden und wird der Aufstieg dadurch verpasst, so kommt es dem gleich, als würden Schiedsrichter durch miserable Leistung diese beiden Spiele verpfeifen und verhindern, dass der wahre sportliche Sieger den Aufstieg erreichte.
Aus meiner Sicht sind meine Zweifel am Aufstiegserfolg berechtigt. Dennoch bleibt eine winzige Frage offen: Kann Trainer Antwerpen seine Mannschaft aus dieser misslichen Lage befreien, und wie wird er es tun, und wie wird Gegner Carl Zeiss Jena mit einer Lösung umgehen, die wahrscheinlich nicht beobachtet und möglicherweise auch nicht sicher vorhergesehen werden konnte resultierend in einer falschen Einstellung der eigenen Mannschaft?
Ein möglicher Weg zum Außenseitererfolg: 3 Wochen Trainingslager und unter Ausschluss der Öffentlichkeit Lösungen dort gegen Testgegner erarbeiten. Den dritten Anzug unterdessen gegen Wiedenbrück und Bonn mit Verneblungstaktik auflaufen lassen.
Und
Alternative Fakten aus dem Trainingslager an die Presse geben

Und es gibt immerhin
zwei Spiele: falls das erste vergeigt werden sollte, können Fehler im Rückspiel noch korrigiert und der Gegner vor schlecht lösbare Aufgaben gestellt werden.
Zuletzt modifiziert von neigefraiche am 07.05.2017 - 11:09:19