Viktorias Trainer Claus-Dieter Wollitz äußert sich im Interview mit RHEINFUSSBALL über die Causa Albert Streit, das letzte Spiel gegen Siegen, seinen neuen Stürmer und die Entwicklung der Mannschaft.
Herr Wollitz, hinter der Viktoria liegen turbulente Wochen. Können Sie verstehen, dass die Freistellung von Albert Streit aus sportlichen Gründen in der Öffentlichkeit für Verwirrung gesorgt hat? Vor Beginn der Saison zeigten Sie sich noch sehr begeistert von ihm.
Dass das für Unverständnis gesorgt hat, habe ich nicht so wahrgenommen. Damals habe ich gesagt, dass ich mir Alberts Entwicklung acht Wochen lang anschauen werde. Ich habe alles versucht, ihn in die Mannschaft zu integrieren. Aber welche Position soll er in unserem System spielen? Ich habe ihn links offensiv, in der Sturmspitze und als halbe Neun, also als leicht hängender Stürmer, aufgestellt und nicht die Leistung gesehen, die ich erwartet habe. Soll ich Albert Streit dem Konkurrenzkampf mit dem 27-jährigen Kapitän Mike Wunderlich auf der Spielmacherposition aussetzen? Ich möchte ihn nicht auf die Bank setzen. Das wäre nicht fair gegenüber Albert, auch in Bezug auf sein Alter und seine Perspektive. Es ist aber klar, dass bei so einer Entscheidung nach den Gründen gefragt wird.
Albert Streit hat selbst gesagt, dass er die Entscheidung nicht nachvollziehen kann.
Das ist sein gutes Recht. Da gibt es eben zwei Meinungen und dass die andere Seite da anders denkt, ist ja logisch.
Hat die ganze Unruhe die Vorbereitung auf das Spiel gegen die Sportfreunde Siegen (Ergebnis 1:1) gestört?
Nein, ich finde, man hat gesehen, dass sich die Spieler nicht davon haben beeinflussen lassen. Ich habe die Entscheidung getroffen und habe das auch der Mannschaft gegenüber klar begründen können. Deshalb gab es bei uns im Team gar keine Unruhe.
Waren Sie mit der Leistung der Mannschaft in Siegen zufrieden? Nach dem 2:1-Sieg gegen Bochum war das ja eher nicht der Fall, oder?
Ich war nicht unzufrieden, habe aber die Punkte, die mir aufgefallen sind, deutlich angesprochen. Gegen Siegen waren wir in der ersten Halbzeit sehr dominant und fokussiert. Wir haben uns nicht auskontern lassen, was ja eigentlich die Stärke von Siegen ist. Überhaupt haben wir keine Chancen zugelassen, haben unsere Möglichkeiten aber nicht ausreichend genutzt. Dann in der zweiten Halbzeit haben wir es mit der Passivität ein bisschen übertrieben. Ähnlich eigentlich wie beim Bundesligaspiel Bayern gegen Freiburg (nach Führung und langer Überlegenheit der Bayern kam Freiburg doch noch zum 1:1-Ausgleich, d. Red.). Der Elfmeter in der Nachspielzeit war unglücklich, aber berechtigt. Doch ich bin zufrieden mit der Entwicklung, denn ich sehe, dass die Mannschaft arbeitet. Den Spielern muss nur bewusst werden, dass sie es nicht nötig haben, einen Vorsprung zu verwalten. Dann muss mehr Druck auf das zweite Tor gemacht werden.
Auf welchem Entwicklungsstand sehen Sie das Team nun nach fünf Spieltagen, vor allem was Automatismen und Eingespieltheit angeht?
Das braucht immer noch seine Zeit. Mitte Oktober denke ich, dass wir in der Hinsicht gut dabei sind. nächsten Spiele gegen Oberhausen (8. September, d. Red.) und Wiedenbrück (14. September, d. Red.) werden sehr schwer. Aber wir sind voll im Plan, bis heute bin ich absolut zufrieden. Wir haben nur vier Gegentore kassiert, von denen zwei Elfmeter waren. Das beweist: wir lassen kaum Torchancen zu, spielen defensiv sehr organisiert. Was noch nicht passt, ist die Chancenverwertung und manchmal der Ablauf beim Herausspielen von Chancen. Hinzu kommt natürlich, dass die Gegner gegen uns extrem motiviert sind und anders spielen, als in den Partien, wo wir sie beobachtet haben.
Seit Dienstag haben Sie mit Sebastian Glasner einen neuen Stürmer. Wie ist ihr Eindruck von ihm bisher?
Wir waren auf der Position auch durch die Verletzung von Aziz Bouhaddouz unterbesetzt. Sebastian ist ein Stürmer, der viel Erfahrung mitbringt und uns in der vierten Liga helfen wird.
Als was für einen Stürmertyp würden Sie ihn beschreiben, zum Beispiel im Vergleich zu Marcus Steegmann?
Marcus Steegmann arbeitet sehr viel gegen den Ball, was auch sehr wichtig ist. Dafür ist er aber keiner, der unzählig viele Tore in einer Saison macht. Das ist bei Glasner anders, er ist mehr Torjäger als Steegmann.
Die Viktoria hat am Wochenende spielfrei. Am Montag (19 Uhr) testen Sie deshalb in Rosport/Luxemburg gegen die Nationalmannschaft Luxemburgs. Kann Aziz Bouhaddouz da zum Einsatz kommen?
Nein, das ist zu früh.
Dennoch, wenn er zurückkehrt, wird es eng in der Sturmspitze. Ist da auch ein Wechsel zu einem System mit zwei Stürmern möglich?
Ja, das 4-4-2-System ist immer eine Möglichkeit. Das funktioniert aber nur, wenn zwei Stürmertypen auf dem Platz stehen, die sich ergänzen, so dass der eine Räume für den anderen schaffen kann.
Ein weiteres Gerücht der letzten Woche besagte, dass Sie interessiert an Innenverteidiger Christopher Schorch sind, der bei der U21 des 1. FC Köln keine Berücksichtigung mehr findet und schon unter ihnen in Cottbus gespielt hat. Was ist da dran?
Da ist überhaupt nichts dran. Ich habe nur gesagt, dass ich mich wundere, dass ein kopfballstarker Innenverteidiger wie Schorch nicht in der 2. Liga spielt. Von seiner Qualität bin ich überzeugt, aber wir brauchen seinen Spielertyp im Moment nicht. Wir wollen weiter auf Daniel Reiche und Jannik Löhden setzen.



